18.12.2024, 14:45 Uhr
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Das Inflationsumfeld führt zu einem Umdenken in der Vermögensaufteilung. Laut Invesco reduzieren Anleger ihre Anleihenallokation zugunsten von Private-Market-Anlagen. Zudem bremst der Ukraine-Krieg das Interesse an europäischen Anlagen. Die USA und die Asien-Pazifik-Region profitieren davon.
Der starke Anstieg der Inflation veranlasst staatliche Investoren dazu, ihre Vermögensaufteilung auf den Prüfstand zu stellen. Von der Neuausrichtung ihrer Portfolios profitieren vor allem private Märkte, so das Ergebnis der neuesten Invesco Global Sovereign Asset Management Study. Die Studie, die in diesem Jahr zum zehnten Mal durchgeführt wurde, gibt einen Überblick über die Einschätzungen von 139 Chief Investment Officers, Anlageklassen-Verantwortlichen und Senior-Portfoliostrategen von 81 Staatsfonds und 58 Zentralbanken, die zusammen ein Vermögen von 23 Bio. USD verwalten.
Nach einer langen Phase niedriger Zinsen und Inflationsraten haben sich die staatlichen Investoren gezwungen gesehen, ihre makroökonomischen Annahmen zu überdenken und ihre Investitionen entsprechend anzupassen. Die Mehrheit der befragten Investoren (59%) hat ihre Portfolios in Erwartung weiterer Zinserhöhungen neu ausgerichtet. Angesichts der heftigen Kurskorrekturen an den Aktienmärkten und der fehlenden Kapitalschutzfunktion von Anleihen haben sich die Staatsinvestoren dabei aber vor schwierige Entscheidungen gestellt gesehen, wie die Studienautoren feststellen.
Die Anleihenallokationen der Staatsfonds sind seit mehreren Jahren rückläufig. Anders als zuvor fliessen die freien Mittel jedoch nicht mehr in Aktien. Stattdessen wird in alternative, ausserbörsliche Anlagen investiert, vor allem Immobilien, Private Equity und Infrastruktur. Die meisten Befragten (71%) betrachten diese Vermögenswerte als effektive Instrumente der Inflationsabsicherung. Gewisse Bedenken gibt es in Bezug auf die Bewertungen, die durch die Kapitalströme und angebotsseitige Faktoren in die Höhe getrieben werden. Trotzdem ist der Anteil ausserbörslicher Anlagen an den Portfolios von Staatsfonds mit durchschnittlich 22% so hoch wie nie zuvor. Bei den grösseren Fonds (AUM > 100 Mrd. USD) beträgt er sogar 27%. Insgesamt besitzen Staatsfonds aktuell Private-Markets-Anlagen im Wert von 719 Mrd. USD, verglichen mit 205 Mrd. USD im Jahr 2011.
Das Interesse an ausserbörslichen Anlagen scheint weiter zuzunehmen. Die Studienteilnehmer wurden gefragt, welche Anlageklassen sie in den kommenden zwölf Monaten höher, niedriger oder unverändert gewichten wollten. An erster Stelle steht hier Private Equity (unter dem Strich +29%), gefolgt von nicht börsennotierten Immobilien (+23%). Am schlechtesten schnitten Anleihen (-12%) und Barmittel (-4%) ab, während die Stimmung gegenüber Aktien weitgehend unverändert blieb (+1%).
"Der allgemein unsichere Ausblick ist das grosse Thema, das die Investoren in diesem Jahr umtreibt. Nach mehreren relativ vorhersehbaren Jahren herrscht kein Konsens mehr darüber, in welche Richtung sich die Weltwirtschaft bewegt. In Verbindung mit dem potenziellen Ende eines jahrzehntelangen Bullenmarktes für Anleihen stellt dies Staatsinvestoren vor neue Herausforderungen", sagt Rod Ringrow, Head of Official Institutions bei Invesco. Er fügt an: "Aktuell suchen viele Investoren im Private-Markets-Bereich nach möglichen Lösungen. Das Tempo dieser Neuausrichtung sollte jedoch nicht überschätzt werden. Als langfristige Anleger bewegen sich Staatsinvestoren sehr vorsichtig. Viele warten lieber ab und nehmen vorerst nur marginale Anpassungen an ihren Portfolios vor.»
Anfang 2022 hielten laut Invesco viele Staatsfonds die europäischen Märkte für interessant, vor allem im Vergleich zum US-Markt. Dies habe sich jedoch nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine geändert, da befürchtet wurde, dass dieser Konflikt zu einem höheren Inflationsdruck und einem schwächeren Wachstum führen und so das Risiko einer Stagflation erhöhen könnte. Am ehesten verringern wollen die Staatsfonds ihr Engagement in den europäischen Industrie- und Schwellenländern (19% bzw. 13%), was keine Überraschung sei. Dagegen sind Nordamerika (33%) und Asien-Pazifik (23%) die Regionen, die mit der grössten Wahrscheinlichkeit von höheren Allokationen profitieren werden.
Nachdem frühere Invesco-Studien hohe Investitionen von Staatsfonds in China festgestellt hatten, sind die Meinungen zu diesem Markt in diesem Jahr durchwachsener. Die Mehrheit (52%) der Staatsfonds bezeichnet das Investmentumfeld in China als schwieriger als im vergangenen Jahr. Einige der Befragten meinen dagegen, dass Chinas Einbindung in den Welthandel und die globalen Märkte – insbesondere die wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den USA und China – die geopolitischen Risiken durch den Russland-Ukraine-Krieg mindern könnte.
"Das Einfrieren der russischen Devisenreserven als Reaktion auf den Einmarsch in der Ukraine hat eine Debatte über die dominante Rolle des US-Dollars (USD) als globaler Reservewährung ausgelöst, zumal der Anteil der US-Währung an den weltweiten Zentralbankreserven seit Jahren stetig sinkt: Zwischen 2016 und 2021 ging er von 65,4% auf 58,8% zurück", so Invesco.
Wie die Studie weiter zeigt, sind sich die Studienteilnehmer weitgehend einig darüber, dass der Russland-Ukraine-Krieg nur begrenzte Auswirkungen auf den USD haben wird. Die befragten Zentralbanken glauben jedoch, dass der chinesische Renminbi (RMB) in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird, was Auswirkungen auf den Status des USD haben könnte. Nachdem 2019 erst 40% der Zentralbanken RMB-Bestände hielten, ist es inzwischen eine nennenswerte Mehrheit (63%). Zudem betrachten die meisten Zentralbanker ihre RMB-Position als untergewichtet und wollen ihre Allokation in den nächsten fünf Jahren erhöhen. Der Anteil des RMB an den Devisenreserven beträgt nach wie vor nur 2,8%. Wie ein europäischer Zentralbanker es jedoch ausdrückte, ist "die Position des US-Dollars derzeit stark, kann sich aber erheblich ändern, insbesondere mit dem Aufstieg Chinas zu einer wirtschaftlichen Supermacht im kommenden Jahrzehnt".
Obwohl allgemein erwartet wird, dass sich digitale Vermögenswerte in institutionellen Anlageportfolios etablieren werden, betrachten die Staatsfonds diese Anlageklasse noch nicht als investierbar. Aktuell haben nur 7% der Staatsfonds ein Exposure in digitalen Assets, das zudem grösstenteils durch Investitionen in Blockchain-Unternehmen abgebildet wird, also vor allem auf die zugrunde liegende Infrastruktur abstellt. Volatilität (68%) und Regulierungsdruck (55%) sind die in Bezug auf digitale Assets am häufigsten genannten Bedenken. Zudem sind nur 15% der Befragten der Meinung, dass digitale Vermögenswerte eine glaubwürdige Inflationsabsicherung darstellen können.
Allerdings beschäftigen sichdie Investoren laut der Studie immer intensiver mit dieser Anlageklasse. 2018 führten nur 12% der Staatsfonds Analysen zu digitalen Assets durch; jetzt sind es 41%. Die meisten Staatsfonds investieren bereitwillig in die zugrunde liegende Technologie, zum Beispiel über Private-Equity- und Risikokapitalprodukte. 55% gaben an, dass sie eine Investition in die Branche in Betracht ziehen würden, wenn sich die richtige Gelegenheit böte.
Im Jahr 2021 ist das verwaltete Vermögen der Staatsfonds auf 10,5 Bio. USD gestiegen, verglichen mit rund 8 Bio. USD im Jahr 2018. "Die zunehmenden Volumina in Verbindung mit einem vermehrten Engagement in wettbewerbsintensiven und esoterischen Privatmarkt-Segmenten haben die operative Komplexität erhöht und die Fonds dazu veranlasst, externe Manager zu suchen, die sie bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützen", sagen die Studienautoren.
Einige Fonds gaben an, dass sie Schwierigkeiten mit dem Management von Private-Market-Anlagen ausserhalb ihres Heimatmarktes hatten und daher von ihren Plänen für ein Insourcing ihres Investmentmanagements Abstand nahmen. Mehr als die Hälfte der Staatsfonds ist strategische Partnerschaften mit externen Asset Managern eingegangen. Unter den Regierungen sind es sogar neun von zehn.
"Die Regierungen sind sich darüber bewusst, dass grössere Anlagesummen und operative Strukturen ein Performance-Hindernis darstellen können", so Ringrow. "Bei Partnerschaften und Outsourcing geht es aber nicht nur um eine Senkung der operativen Kosten – die Nutzung externer Expertise ist der bei Weitem wichtigste Faktor bei der Übertragung des Investmentmanagements an einen externen Partner.
"Bei derartigen Grössenordnungen ist die Generierung von Alpha schwierig, vor allem in Märkten, die ein tiefgreifendes Marktverständnis und sehr aktives Management erfordern. Daher ist es auch keine Überraschung, dass die Staatsinvestoren Lösungen nutzen, mit denen sie diese Herausforderungen überwinden und auch auf 'unbekanntem Terrain‘ erfolgreich investieren können."