18.12.2024, 14:45 Uhr
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Charlie Thomas, Fondsmanager des Jupiter Global Ecology Growth SICAV bei Jupiter Asset Management, analysiert die Marktentwicklungen von fossilen Brennstoffen und kommt zu dem Schluss, dass die Nachfrage angesichts neuer Technologien vorzeitig fallen wird.
Die weltweite Debatte um "Stranded Assets" ist zuletzt wieder verstärkt in den Fokus gerückt, nachdem bekannt wurde, dass einige namhafte Universitätsstiftungen und Pensionsfonds ihr Engagement in fossilen Energieträgern drastisch reduzieren wollen. Sogar der saudische Ölminister Ali Al-Naimi hat sich eingeschaltet und erklärt, dass Saudi-Arabien eventuell in Zukunft auch keinen Bedarf an Fossil-Strom haben könnte und sich stattdessen zunehmend auf eine Stromerzeugung durch Solarkraft konzentrieren wird (1). Die Debatte dreht sich im Wesentlichen um die Frage, ob Investitionen in fossile Brennstoffe stranden könnten - also aufgrund eines ungünstigeren Markt- und Regulierungsumfelds keinen wirtschaftlichen Ertrag mehr abwerfen. Sie wird begleitet von einer Veräusserungskampagne, die Anleger dazu bringen soll, ihre Fossil-Bestände zu verkaufen oder sich zumindest für eine richtige Einschätzung dieses Risikos intensiver mit den betreffenden Unternehmen zu befassen.
Abseits der Schlagzeilen halten sich tatsächliche Verkäufe bisher noch in Grenzen. Im Zuge der sich verstärkenden Debatte ist jedoch speziell ein fossiler Energieträger in Ungnade gefallen: Kohle. So wurde kürzlich bekannt, dass sich der 890 Milliarden US-Dollar schwere Pensionsfonds der norwegischen Regierung bis Mitte 2016 aus Unternehmen zurückziehen will, die mehr als 30 Prozent ihrer Umsätze mit dem Abbau von Kohle erwirtschaften. Der Versicherungsriese AXA folgt nun diesem Beispiel.
Längst wird die Debatte nicht mehr nur unter Fondsmanagern geführt. In Grossbritannien etwa soll die Bank of England der Regierung noch in diesem Jahr einen Bericht vorlegen, der sich mit den finanziellen Risiken einer Kohle-Blase befasst.
Potenzielles Risiko für Anleger?
Trotz aller Kritik und Skepsis dürfte ausser bei Kohle das Anlagerisiko fossiler Brennstoffe kurzfristig begrenzt sein, da sie für die Weltwirtschaft als Primärenergiequelle nach wie vor unentbehrlich sind. Dies belegt auch eine Untersuchung des Ölkonzerns BP, der zufolge im Jahr 2014 33 Prozent des globalen Energiebedarfs durch Erdöl, 30 Prozent durch Kohle und 24 Prozent durch Erdgas gedeckt wurden. Auf die Kernenergie und die erneuerbaren Energien hingegen entfielen lediglich die verbleibenden 4 Prozent beziehungsweise 9 Prozent, wovon ca. 6 Prozent Wasserkraft sind (2).
Auch deshalb, weil es bis heute keine koordinierte und wirksame Klimapolitik gibt, dürften diese Assets auf kurze Sicht kaum stranden. Die zwischen China und den USA vereinbarten CO2-Emissionsobergrenzen sowie das jüngste Versprechen der G7-Staatsführer, den CO2-Ausstoss bis 2050 um 40 bis 70 Prozent zu reduzieren, könnten allerdings längerfristig zu entsprechenden Rentabilitätseinbussen führen. Andererseits hat der fossile Brennstoffmarkt aufgrund der niedrigen Öl-, Kohle- und Gaspreise bereits eine Art von Extremstress kennengelernt. Das Überangebot, das an diesen Märkten derzeit herrscht, kann stellvertretend für eine Situation mit strengerer CO2-Regulierung betrachtet werden. Bisher gibt es nur begrenzte Hinweise auf ein Asset-Stranding, obwohl am Ölmarkt gerade ein spektakulärer Kampf um Marktanteile zu beobachten ist.
Kaufgelegenheit für fossile Brennstoffunternehmen?
Allen vorangegangenen Ölpreisrückgängen folgte eine deutliche Erholung der Ölnotierungen sowie der Aktienkurse von Öl- und Gasunternehmen. Zudem gibt es derzeit kaum Alternativen zu Erdöl als Treibstoff für Verkehrs- und Transportmittel, seine wichtigste Endbestimmung, sodass die Nachfrage noch eine Zeit lang robust bleiben dürfte.
Die Dinge können sich jedoch sehr schnell ändern. So erleben wir gerade einen sich möglicherweise verschärfenden Kampf um Marktanteile zwischen verschiedenen Energierohstoffen, der die Erträge im gesamten Sektor unter Druck setzen könnte. Die grösste Herausforderung stellt dabei die zunehmende Energieeffizienz dar, vor allem in China. Laut BP hat sich das Wachstum des globalen Energiebedarfs 2014 verlangsamt und betrug nur noch 0,9 Prozent, verglichen mit dem Durchschnitt von 2,1 Prozent der letzten zehn Jahre. Die schwache Nachfrage aus China erklärt 50 Prozent dieses Rückgangs (3).
Gleichzeitig wird die Stromgewinnung aus Sonnenenergie immer günstiger und dadurch zu einer deutlich rentableren Alternative zu Strom aus Kohle und Gas. In den letzten drei Jahren hat sich die weltweit installierte Photovoltaikleistung mehr als verdoppelt, während die Installationskosten um rund die Hälfte gesunken sind. 2014 entfielen auf die erneuerbaren Energien 48 Prozent der weltweit erzeugten Nettostrommenge (4).
Somit wird es kurzfristig bei fossilen Brennstoffen vermutlich nicht per se die Aussicht auf Klimawandel-Gesetze sein, die den Anlegern Sorgen bereitet, sondern die sich an diesen Märkten abzeichnende Angebots- und Nachfragedynamik. Alternative Energietechnologien dürften zunehmend disruptiv wirken. Sie sind aber nur Teil eines weit grösseren Ganzen, das einen sinkenden Energiebedarf Chinas, den Wiederaufstieg der OPEC und die mögliche Rückkehr des Iran an die Weltölmärkte mit einschliesst. Auch wenn die Stranded Assets-Debatte weitere hochkarätige Veräusserungen nach sich ziehen könnte, so halten wir es doch für wahrscheinlicher, dass sich die grosse Mehrheit der Anleger kurzfristig von diesen breiteren Themen leiten lassen wird.
Quellen:
(1) Reuters: http://www.reuters.com/article/2015/05/21/us-saudi-oil-climate-idUSKBN0O61Y520150521
(2) BP: Webcast "BP Statistical Review of World Energy 2015", Mittwoch, 10. Juni 2015
(3) BP: Webcast "BP Statistical Review of World Energy 2015", Mittwoch, 10. Juni 2015
(4) NEP/BNEF: "Global Trends in Renewable Energy Investment 2015"