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Europa und Japan: Es geht nicht nur um QE

Archibald Ciganer
Archibald Ciganer

Die von den Zentralbanken in Japan und Europa eingeführte Quantitative Lockerung (QE) sorgte für rosige Zeiten bei Aktieninvestoren. Für Archibald Ciganer und Dean Tenerelli von T. Rowe Price war QE aber nicht der einzige Grund für das verbesserte Wachstum an den Märkten.

28.08.2015, 10:30 Uhr

Autor: jod/jog

Um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben und eine Deflation abzuwenden, waren einige Zentralbanken in Japan und Europa dazu gezwungen, Quantitative Lockerung (QE) einzuführen. Wie wirkte sich dies auf das Markgeschehen aus?

Das QE-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte positive Auswirkungen auf den Markt und sollte dabei helfen, die wirtschaftliche Aktivität anzutreiben. Aber auch vor der Erklärung im Januar waren die Voraussetzungen für ein erneutes Wachstum bereits gegeben.

Können Sie diese Voraussetzungen genauer erläutern?

Europäische Unternehmen vermieden oder verschoben weitestgehend Investitions- und Übernahmeentscheidungen. Mit wachsendem Vertrauen und einer unvermeidlichen Ansammlung von aufgeschobenen Investitionen zur Erneuerung alternder Anlagen können wir endlich einen Anstieg der M&A-Aktivität und der Kapitalausgaben verzeichnen, während die Konjunktur auf dem Weg nach oben ist. Dazu kommt, dass die Primärbilanz der Eurozone mittlerweile einen Überschuss ausweist und es so es in grossen Teilen Europas zu weniger kalter Progression kommt.

Wie wirkte sich die Quantitative Lockerung auf die Devisen- und Rohstoffpreise aus?

QE trug zu einer Schwächung des Euros bei. Darüber hinaus unterstützte diese Entwicklung auch die Erwartung, die EZB werde sich in den kommenden Jahren durch die Festlegung der Zinssätze um Null äusserst gemässigt verhalten. Es wird vermutet, dass das reale BIP durch die Abwertung des Euros im Verlauf der nächsten zwei Jahre um ca. 0,6 % steigen wird. Gemäss einer Schätzung des IWFs lassen die tieferen Ölpreise das BIP des Eurogebiets um 0,9 % ansteigen.

Wie ist die Situation in Japan?

Japanische Aktien erlebten einen phänomenalen Anstieg, nachdem die Quantitative Lockerung (die Ergebnisse der Finanzpolitik übertrafen stets alle Erwartungen), steigende Unternehmensgewinne und ein schwächerer Yen zu Kursanstiegen beitrugen. Wir glauben jedoch, dass die derzeitige Entwicklung am Aktienmarkt nur der Anfang einer Reihe von Auswirkungen ist.

Das heisst?

Aktien entwickelten sich dank des geschwächten Yen, aber auch dank einer sich im Aufschwung befindenden Konjunktur gut. Die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit japanischer Unternehmen spiegelt sich derzeit noch nicht am Markt wider. Dies liess sich in zahlreichen Bereichen des Marktes, vor allem aber im Technologiesektor beobachten, wo japanische Unternehmen Marktanteile von der südkoreanischen Konkurrenz zurückholten. Auch sollte erwähnt werden, dass japanische Unternehmen über viele Jahre unter der Aufwertung des Yen litten. Eine Erholung davon wird einige Zeit dauern. Wenn die Währung also über die nächsten zwei bis drei Jahre stabil bleibt, sollten japanische Unternehmen in der Lage sein, ihren Anteil am globalen Markt zu steigern, was wiederum zu höheren Renditen führen wird.

Wie wären die Auswirkungen einer globalen Konjunkturabschwächung auf Japan?

Eine Abschwächung hätte katastrophale Auswirkungen auf Japan, da es sich weiterhin um den zyklischsten der entwickelten Märkte handelt. Es macht sich zunehmend Besorgnis breit, welche Auswirkungen ein erster Anstieg der Zinssätze in den USA auf die Weltwirtschaft haben könnte. Aber selbst wenn die Fed die Zinsen erhöhen sollte, würde dies höchstwahrscheinlich in einem moderaten Tempo geschehen, sodass die Auswirkungen auf die Finanzmärkte und auf das Binnenwachstum kontrolliert werden können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist ausserdem, dass steigende Zinssätze nicht unbedingt negativ für Aktienpreise sein müssen. Höhere Zinsen gehen oft mit verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen einher, die meist gute Aussichten für Aktien bedeuten. Ausserdem heisst dies wahrscheinlich, dass sich der Yen weiter abschwächt, was japanischen Unternehmen zu einem Aufschwung verhilft.

Wird die japanische Regierung weitere Reformen vorantreiben?

Viele glauben, dass ein Grossteil des „dritten Pfeils“ der Strukturreformen durch die japanische Regierung erst noch abgeschossen werden muss. Wir haben den stagnierenden Fortschritt und den daraus resultierenden Bedarf an Reformen beobachtet – inzwischen sind wir optimistisch. Japan und die USA konnten die Verhandlungen der Transpazifischen Partnerschaft deutlich vorantreiben, trotz einiger Widerstände seitens der mächtigen Agrarlobby in Japan. Auch sahen wir einige bedeutende Arbeitsmarktreformen vom japanischen Parlament gutgeheissen, mit einigen Verbesserungen für leistungsstarke Arbeitnehmer. So können Unternehmen ihren Angestellten jetzt für aussergewöhnliche Leistungen mehr bezahlen. Ausserdem sollten diese Reformen zu einer in Japan dringend benötigten Steigerung der Flexibilität am Arbeitsmarkt führen.

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