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„Statt über Gebühren sollten wir über Verantwortung reden“

Stephen Mills, CEO Schroder Investment Management (Switzerland)
Stephen Mills, CEO Schroder Investment Management (Switzerland)

Das kurzfristige Performancedenken ist ein langfristiger Performancekiller, meint Stephen Mills, CEO von Schroder Investment Management (Switzerland) im Interview mit fondstrends.

03.07.2015, 13:25 Uhr

Redaktion: cw

Herr Mills, steckt das Asset Management in der Schweiz in der Krise?

Stephen Mills: Das würde ich nicht sagen. Die Branche wächst, aber andere wachsen schneller, da sie die besseren Rahmenbedingungen haben. Die Schweizer Politik hat sich bisher nicht besonders bemüht, den Standort attraktiver zu gestalten. In der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung für Private hatte die Schweiz traditionell eine gute Position, aber das Umfeld hat sich völlig verändert, seit die USA das Bankgeheimnis aufgeweicht hat. Bei der Verwaltung der Vermögen der Pensionskassen und Versicherungen, also wenn es ums kollektive Sparen geht, fehlt es eindeutig an internationalem Profil.

Die USA machen es besser. Dank Skalenerträgen können grosse US Asset Manager viel günstiger anbieten.

Das ist in der Tat so. Vor allem passive Strukturen profitieren von hohen Volumen. Je mehr Vermögen sie verwalten, desto tiefer sind die Fees. Aber sehen Sie, das ist typisch für unsere Branche, schon bei der zweiten Frage sind wir bei den Kosten.

Hohe Kosten beschneiden die Performance.

Die Asset Management Industrie krankt daran, dass wir alles messen. Es geht darum, die Nummer Eins zu sein, schneller und besser als die Konkurrenz und die Benchmark zu sein, und zwar sofort.

Was ist daran falsch?

Asset Manager sind keine Formel Eins Piloten, sondern Taxi-Fahrer. Unsere Aufgabe besteht darin, die Kunden sicher an den Ort zu bringen, an den sie gelangen wollen. Leider wissen viele Kunden aber nicht, welches Ziel sie ansteuern wollen. Statt über das Ziel, wird dann darüber diskutiert, wie man am günstigsten dorthin kommt. Das endet meist in einer passiven Struktur und dem Prinzip Hoffnung, dass es die Märkte dann schon irgendwie richten werden.

Was ist die Alternative?

Asset Manager haben zwei Funktionen: Erstens sollten sie die Ersparnisse der Gesellschaft bewahren und vermehren. Das heisst primär, die kollektiven Vermögen der heute Arbeitstätigen für die Zeit nach der Pensionierung aufzubauen und vor Verlusten zu schützen. Zweitens sollten sie eine effiziente Allokation des Kapitals sicherstellen. Sie sind also in einer treuhänderischen Funktion für die Sparer tätig und müssen dafür sorgen, dass das Kapital in deren Sinne investiert wird. Im angelsächsischen Raum nennen wir das Stewardship.

Die Investoren wollen doch primär Rendite.

Das ist richtig. Aber es ist naiv zu glauben, die Märkte seien effizient und werden dann schon die Performance liefern. Passive Investments führen zu immer mehr Firmen mit immer mehr passiven Aktionären. Das ist ähnlich wie bei einem Haus, um das sich der Besitzer nicht mehr kümmert: Die Bewohner machen, was sie wollen. Der Fall Swissair hat exemplarisch gezeigt, wohin fehlende Corporate Governance führen kann. Als Reaktion auf den Bankrott kam die Minder-Initiative. Die Gesellschaft und damit die Sparer haben sich klar dafür ausgesprochen, dass ihr Geld bzw. stellvertretend die Pensionskassen aktiv bei den Unternehmen abstimmen und Einfluss nehmen sollen.

Ist dieser Einfluss denn positiv und messbar?

Absolut. Gute Corporate Governance führt zu besserer Performance. Nehmen Sie das Beispiel der Umweltrisiken. Der Aktienkurs von BP hat sich innert zwei Monaten nach der Oelkatastrophe im Golf von Mexiko halbiert. Eine Studie der Oxford University hat 190 akademische Analysen ausgewertet und herausgefunden, dass Unternehmen mit Umweltrisiken signifikant höherer Kreditspreads bezahlen müssen. Und noch viel wichtiger: Unternehmen mit klaren Umweltrichtlinien sind auch operativ erfolgreicher. Eine andere Studie von Harvard hat 90 Unternehmen mit guter Corporate Goverance während 20 Jahren mit 90 Unternehmen vergleichen, die nur wenige Richtlinien befolgen. Die erste Gruppe von Unternehmen wuchs 23% stärker und ihre Aktienkursentwicklung war 47% besser.

20 Jahre sind aber ein sehr langer Horizont.

Nicht für eine Pensionskasse. Trotzdem werden aktive Asset Manager nur aufgrund der kurzfristigen Performance gemessen. Ich warte noch immer darauf, dass sich ein Anlagekomitee auf eine Zehnjahresperiode verpflichtet. Gemeinsam können wir bei Unternehmen Einfluss nehmen. Es braucht natürlich seine Zeit, um Veränderungen herbeizuführen, aber es zahlt sich aus.

Wird der Einfluss der Investoren nicht überschätzt?

Im Gegenteil. Schroders verwaltet Vermögen von 450 Mrd. Franken. Wer einen gewissen Anteil an einem Unternehmen hält, kann und soll sich auch aktiv einmischen. Pro Quartal nehmen wir weltweit an rund 600 Abstimmungen teil. Ohne Druck von aussen werden viele Risiken unter den Teppich gekehrt.

Zum Beispiel?

Nehmen wir die Steueroptimierung der multinationalen Unternehmen. Die Staatshaushalte sind überschuldet und müssen sparen. Sie sind auf die Steuererträge der Unternehmen angewiesen. Zahlt ein Unternehmen in einem Land, in dem es hohe Erträge erwirtschaftet, keine fairen Steuern, provoziert dies den Zorn der individuellen Steuerzahler und damit regulatorische Eingriffe. Deshalb sind solche Steuersparkonstrukte langfristig untauglich.

Es braucht also mehr Engagement im Schweizer Asset Management?

Definitiv. Schroders beweist seit Jahren, dass man auch als ausländisches Haus in der Schweiz sehr erfolgreich Assets verwalten kann. Aber wir kämpfen gegen diverse politische Initiativen wie zum Beispiel die Verschärfung der Lex Koller, die für den Standort Schweiz nicht förderlich sind. Eigentlich sollten die Politiker alles Interesse an einem starken Standort Schweiz mit attraktiven Arbeitsplätzen haben. Da wäre Rückenwind von Seiten der Politik statt Gegenwind sehr viel hilfreicher.

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