11.11.2024, 16:30 Uhr
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Dem Aktienmarkt gehen die Unternehmen aus. Wer dahinter steckt und was das für die Wertentwicklung bedeutet, beantwortet Duncan Lamont von Schroders.
Der Boom bei den Unternehmensübernahmen hat sich nach Aussage von Duncan Lamont, Head of Research and Analytics bei Schroders, schon seit einigen Jahren angekündigt. Aber erst jetzt sei wirklich etwas los. Die Bedingungen seien für einen weiteren Anstieg der M&A-Aktivität (Fusionen & Übernahmen) ideal. "Viele Unternehmen verfügen über reichlich liquide Mittel und das ungenutzte Kapital von Private Equity nähert sich einem Rekordhoch. Zudem befinden sich Kreditkosten auf einem historisch niedrigen Niveau", so der Experte.
Laut Duncan Lamont stellt sich die Frage, wer kauft und was die Daten darüber aussagen, wie sich diese Transaktionen auf die Wertentwicklung der Käufer und der erworbenen Unternehmen auswirken. "Unser Research zum US-Aktienmarkt hat ergeben, dass hinter den meisten Transaktionen börsennotierte Unternehmen und nicht Private Equity steckten, was den Schlagzeilen widerspricht. Wir haben aber auch festgestellt, dass Private Equity künftig eine grössere Rolle spielen könnte. Es ist immer wichtiger, diesen Übernahmetrend zu verstehen", sagt er.
Gemäss der Analyse seien Börseninvestoren an den meisten dieser Unternehmen dauerhaft beteiligt gewesen aber eben nur über eine andere Aktiengesellschaft, nicht auf eigenständiger Basis. Unter anderem wurde auch festgestellt, dass die meisten Unternehmen, die zum Verkauf standen, relativ klein gewesen seien und sich ihre Outperformance kaum auf die allgemeinen Marktrenditen ausgewirkt haben. Nur aktivere Stockpicker und vor allem solche, die in kleinere Unternehmen investiert gewesen seien, hätten vom Übernahmeboom profitieren können.
Ende 2010 habe es 2'590 Unternehmen in den Large-, Mid- und Small-Cap-Sektoren des US-Aktienmarkts (MSCI USA Investible Market Index) gegeben. In den nächsten zehn Jahren seien 977 Unternehmen (38%) aus der Börse ausgestiegen. "Angesichts steigender US-Aktienkurse war diese bedeutende Entwicklung im Unternehmenssektor vielen Anlegern gar nicht bewusst. Für die beteiligten Unternehmen waren die Auswirkungen jedoch dramatisch", so der Head of Research.
Von den 977 Unternehmen, die von der Börse genommen wurden, seien 84% von einem anderen Unternehmen gekauft worden oder mit einem anderen Unternehmen fusioniert (siehe Abbildung 1). Mehr als drei Viertel davon seien Small-Cap-Unternehmen (ähnlich dem Anteil der amerikanischen Aktiengesellschaften, die zu Beginn des Berichtszeitraums Small-Caps waren). Am beliebtesten seien die Branchen IT und Gesundheitswesen. Wichtig sei, dass die überwiegende Mehrheit von einem anderen börsennotierten Unternehmen gekauft wurde (siehe Abbildung 1). "Sie verliessen mit dem Delisting die Börse nicht. Sie gehören weiterhin dazu, nur eben als Teil einer anderen Aktiengesellschaft, nicht auf eigenständiger Basis", sagt Duncan Lamont.
Es stimme zwar, dass einige von Private-Equity-Unternehmen oder Privatunternehmen gekauft wurden, aber diese seien – zumindest bisher – in der Minderheit gewesen. Noch weniger Unternehmen seien freiwillig von der Börse gegangen oder wegen eines Verstosses gegen Börsenregeln (z. B. Mindestgrösse oder Handelsvolumen) entfernt worden oder seien Konkurs gegangen. M&A-Aktivitäten durch andere börsennotierte Unternehmen spielten nach Aussage des Schroders Experten die Hauptrolle.
Obwohl die Übernahmeprämien die Aktienkurse der Zielunternehmen in die Höhe trieben, habe dies insgesamt nur geringe Auswirkungen auf die Gesamtrenditen an den Aktienmärkten gehabt. "Übernahmeziele machten zwölf Monate vor dem Kauf im Mittel 0,01 % des MSCI USA IMI Index aus. Und selbst innerhalb des Small-Cap-Marktes machte das grösste Übernahmeziel nur 0,25 % des Marktes aus. Der Median betrug 0,04 %", hält Lamont fest. Dabei spiele es keine Rolle, wie gut ihre individuelle Wertentwicklung gewesen sei. Aufgrund ihrer geringen Gewichtung sei ihr Einfluss auf Gesamtmarktebene gering gewesen.
Nur aktivere Stockpicker und vor allem solche, die in kleinere Unternehmen investieren, hätten vom Übernahmeboom profitieren können, was ein Grund unter vielen sein könne, warum aktive Small-Cap-Manager eine bessere Erfolgsbilanz haben als ihre Large-Cap-Äquivalente.
Auf der Käuferseite sollten Anleger M&A-Transaktionen nicht ohne weiteres als wertvernichtend abtun. Aber sie sollten bei kleineren, unerfahreneren Käufern, die diesen Weg einschlagen, vorsichtiger sein. Und Blockbuster-Deals seien ohnehin mit Vorsicht zu geniessen. Wie bei den meisten Investitionen sei ein selektives Vorgehen entscheidend.
Börsennotierte Unternehmen verfügen gemäss Lamont über nahezu rekordverdächtige Barmittel (sowohl auf nominaler als auch realer Basis), Private Equity verfügt über eine beispiellose Menge an ungenutztem Kapital und die Kreditkosten sind historisch gesehen günstig. Somit seien die Bedingungen für einen M&A-Boom gegeben, der den Boom von 2011 bis 2020 den Rang ablaufen werde. Börseninvestoren werden wahrscheinlich feststellen, dass viele Unternehmen in ihren Portfolios übernommen werden.
Eine wichtige Entwicklung sei, dass Private Equity in diesem Jahrzehnt voraussichtlich eine wichtigere Rolle spielen werde als im letzten. Die durchschnittliche Grösse von Private-Equity-Fonds und folglich auch die Transaktionsgrössen seien gestiegen. 54% des Geldes, das von US-Private-Equity-Fonds im ersten Halbjahr 2021 gesammelt worden sei, sei von Megafonds mit einem Vermögen von über 5 Mrd. US-Dollar aufgebracht – ein Rekordniveau (siehe Abbildung 3). Vor einem Jahrzehnt habe dieser Anteil noch bei 9% gelegen. Dieser Trend zu immer grösseren Fonds entwickle sich in Nordamerika, Europa und Asien.
Dies führe zu einem verstärkten Interesse an grösseren Transaktionen, da dies für diese sehr grossen Fonds der effizienteste Weg sei, Kapital einzusetzen. Börsennotierte Unternehmen können wahrscheinlich leichter verarbeitet werden und ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich als in der Vergangenheit, stellt der Experte fest.
M&A-Aktivitäten dürften die Kapitalmärkte noch stärker prägen als in den vergangenen zehn Jahren. Anleger können hiervon profitieren, aber ein Mehrwert aus dieser Erkenntnis sei letztlich nur für aktiv verwaltete Strategien möglich, insbesondere für solche, die in kleine Unternehmen investieren.