20.11.2025, 10:08 Uhr
Der KI-Boom lässt das Geschäft des Chipkonzerns Nvidia weiterhin explosiv wachsen. Im vergangenen Quartal sprang der Umsatz im Jahresvergleich um 62 Prozent auf 57 Milliarden Dollar hoch. Nvidia übertraf damit die...
Der legendäre Hedgefonds-Manager Michael Burry, der 2008 als einer der wenigen die Subprime-Krise vorhersah und durch «The Big Short» bekannt wurde, hat eine neue Wette platziert: Er shortet Nvidia. Burrys Kritik zielt auf die Bilanzierungspraxis – und auf ein komplexes Geflecht aus strategischen Investments. Wie brisant ist die Kritik?
Die Vorwürfe wiegen so schwer , dass sich Nvidia Ende November zu einem ungewöhnlichen Schritt gezwungen sah: In einem siebenseitigen Memo an Wall-Street-Analysten wies der Konzern Betrugsvorwürfe «à la Enron» explizit zurück. Doch der Kritiker gibt offenbar nicht nach.
Um was geht es? Der legendäre Hedgefonds-Manager Michael Burry, shortet Nvidia. Der Mann also, der 2008 als einer der wenigen die Subprime-Krise voraussah und seither Legenstatuts geniesst.
Burrys Kritik zielt bei Nvidia weniger auf die Bewertung des Titels an sich, sondern auf die Bilanzierungspraxis – und auf ein komplexes Geflecht aus strategischen Investments. Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta und Oracle schreiben offenbar ihre KI-Infrastruktur über fünf bis sechs Jahre ab, obwohl Nvidia im 18-Monats-Rhythmus neue GPU-Architekturen lanciert, die ältere Chips faktisch obsolet machen. Burry beziffert die branchenweite Unterschätzung der Abschreibungen auf 176 Milliarden US-DOllar bis 2028 – was die Gewinne grosser Rechenzentrumsbetreiber um 20 Prozent oder mehr aufblähen könnte.
Noch brisanter ist Burrys Verweis auf «zirkuläre Finanzierung»: Nvidia investierte massiv in CoreWeave, einen KI-Cloud-Anbieter, der Nvidia-GPUs kauft und Kapazitäten weiterverkauft. Nvidia garantiert zudem, ungenutzte Kapazitäten bis 2032 abzunehmen. Hinzu kommt: Nvidia plant eine Beteiligung an OpenAI, das Rechenzentren im Billionen-Dollar-Bereich mit Nvidia-Chips füllen will. Burrys These dabei ist auch hier: Nvidias Geschäft wird dadurch künstlich durch Kunden aufgebläht, die nur existieren, weil Nvidia sie finanziert.
Die Anleger scheinen sich von dieser Kritik bisher nicht beirren zulassen zu lassen, wie ein Blick auf die Aktienkurse zeigt. Vorsicht ist jedoch angebracht: Ein grösser Bericht im deutschen «Manager Magazin» weist nach, dass CoreWeave der KI-Riese sein könnte, der fallen könnte. Das vom ehemaligen Rohstoffhändler Michael Intrator geführte Unternehmen türmt zweistellige Milliardenbeträge an Schulden auf. Die Zinslast beträgt bis zu 1,25 Milliarden Dollar jährlich, in den letzten fünf Quartalen summierte sich der Verlust auf 1,1 Milliarden US-Dollar. Die CoreWeave-Aktie fiel, nachdem das Cloud-Computing-Unternehmen vergangene Woche angekündigt hatte, weitere Wandelanleihen im Volumen von 2,25 Milliarden US-Dollar auszugeben.
Barrons schreibt nun, dass das kommende Jahr entscheidend dafür sein wird, ob sich das Vertrauen der Kreditgeber in das Geschäftsmodell von CoreWeave bestätigt. Das Unternehmen, welches ursprünglich als Kryptowährungs-Miner entstanden ist, könnte im nächsten Jahr rund 30 Milliarden US-Dollar für Rechenzentren ausgeben, um Kundenverträge zu erfüllen – und all dies müsse finanziert werden. Tatsächlich scheint der Vorwurf des Bilanzbetruges auch an Nvidia unberechtigt. Die Konzerne bewegen sich im Rahmen der US-Rechnungslegungsstandards (GAAP) und werden von Big-Four-Wirtschaftsprüfern testiert. Was bleibt, ist die Frage: Schafft es die Industrie rasch KI-Infrastruktur auf die Beine zu stellen, um der enormen Nachfrage gerecht zu werden? Und wenn ja, wie werden diese Investitionen finanziert? Würde während dieser Aufbauphase die Nachfrage einbrechen, würde sich wohl nicht ein Fall «Enron» wiederholen, sondern eher ein Fall «Cisco», als es darum ging, rasch Telekom-Infrastruktur aufzubauen.