19.11.2024, 11:51 Uhr
Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aus Deutschland hat gemäss Mitteilung Nordea Asset Management (NAM) mit einem Mandat in Höhe von 1,25 Milliarden Euro beauftragt. Dieses europäische...
Pierre-Henri Cloarec, Portfolio Manager der beiden Nordea-Strategien Emerging Stars Equity und Emerging Stars Ex China, spricht im Interview über die drei Schwellenländer, in denen er für 2024 die grössten Chancen ausmacht. Zudem ordnet er die Situation in China ein.
Herr Cloarec, das Jahresende bietet sich an, einen Blick auf das kommende Jahr zu werfen. Wo verorten Sie als Schwellenländerspezialist 2024 die grössten Chancen für Anlegerinnen und Anleger?
Pierre-Henri Cloarec: Bei Nordea Asset Management haben wir eine Reihe von Schwellenländermärkten im Blick. Ein besonders hohes strukturelles Wachstumspotenzial sehen wir unter anderem in Indien. Der Aktienmarkt des Landes hat sich trotz der zuweilen anspruchsvollen Bewertungen als widerstandsfähig erwiesen.
Diese Bewertungen lassen sich durch die Tatsache rechtfertigen, dass das Land einige der hochwertigsten Unternehmen bietet, die angesichts eines niedrigen Pro-Kopf-BIP von rund 2‘000 US-Dollar und einer sehr attraktiven demografischen Dividende über eine grosse Wachstumsperspektive verfügen. Nach unseren Treffen mit dem Topmanagement verschiedener Unternehmen in Mumbai und Delhi Ende 2022 wurde deutlich, dass die von der Regierung getätigten Investitionen endlich das Vertrauen der Unternehmen stärken und zu mehr privaten Investitionen führen. Wir sind grundsätzlich positiv für Indien gestimmt und sehen klare Wachstumschancen für die Zukunft.
Welche anderen Märkte haben Sie für nächstes Jahr im Blick?
Einerseits ist da Brasilien, dessen Aktienmarkt derzeit von den steigenden BIP-Wachstumserwartungen gestützt wird, da der Arbeitsmarkt und der Konsum robust bleiben und die Inflation nachlässt. Die ersten beiden Zinssenkungen um 50 Basispunkte im August und September waren weitere positive Signale für die Anleger. Es zeichnet sich ein politischer Konsens für die Reform des komplexen brasilianischen Steuersystems ab, und die Chancen stehen gut, dass das Gesetz noch vor Ende des Jahres verabschiedet wird. Dies wäre ein Meilenstein für das brasilianische Steuersystem und könnte das Vertrauen der Anleger weiter stärken. Auch die Bewertungen sind trotz des attraktiven makroökonomischen Umfelds nach wie vor günstig.
Gibt es weitere Länder?
Nach vielen Jahren der Stagnation gehört Mexiko zu den Gewinnern, die vom Nearshoring-Trend profitieren, da Märkte wie die USA ihre Lieferketten von China weg in näher gelegene Regionen verlagern. Mexiko hat nach Brasilien die zweitstärkste Wirtschaft Lateinamerikas und liegt beim Aussenhandel sogar an erster Stelle, was auf seine Nähe zu den USA zurückzuführen ist. Viele US-Unternehmen produzieren in Mexiko, was zu einem hohen Exportvolumen führt, das durch die derzeit soliden US-Beschäftigungs- und Produktionsdaten noch unterstützt wird. Infolgedessen werden die BIP-Wachstumsprognosen für 2023 weiterhin nach oben korrigiert.
Gibt es spezifische Sektoren, die Sie in diesen Märkten überzeugen?
In Indien sehen wir grosse Chancen bei den Banken. Das Land hat den weltweit zweitgrössten Pool von Finanzkunden und eine extrem niedrige Durchdringung mit Finanzprodukten. Wir gehen davon aus, dass die indischen Banken vom Beginn eines neuen Kreditwachstumszyklus profitieren werden, der von einer jungen, konsumfreudigen Bevölkerung in Verbindung mit einem wenig verschuldeten Haushalt angeführt wird, sowie von einer Belebung der privaten Investitionsausgaben. Die indischen Banken sind gut positioniert, um die anstehende Nachfrage zu befriedigen, da ihre Kapitalquoten weit über den regulatorischen Anforderungen liegen. Auch die Bilanzen der Banken sind im Allgemeinen in sehr guter Verfassung, und laut dem Finanzstabilitätsbericht der indischen Zentralbank ist die Kreditausfallquote der indischen Banken auf einen historischen Tiefstand gefallen.
In Brasilien dürfte der Verbrauchersektor von den jüngsten Zinssenkungen profitieren, die den Nachholbedarf lindern und den privaten Verbrauch weiter ankurbeln dürften. Der deutlich geringere Druck auf die Verbraucherpreise, die verbesserte Beschäftigungslage und die sichtbar gestiegenen Löhne stärken die Kaufkraft insgesamt. Infolgedessen ist das brasilianische Verbrauchervertrauen wesentlich höher als in Europa oder anderen Schwellenländern.
Nebst Chancen dürften im nächsten Jahr auch einige Herausforderungen auf Schwellenländerinvestoren warten. Wie können sie am besten damit umgehen?
Da davon auszugehen ist, dass die Zinsen längerfristig auf einem erhöhten Level verharren werden, konzentrieren wir uns bei Nordea Asset Management auf strukturelle Wachstumsunternehmen mit einem bewährten Geschäftsmodell, einer wettbewerbsfähigen Marktposition, einer starken Preissetzungsmacht und einem robusten ESG-Profil.
Dieser Aktienauswahlprozess stellt sicher, dass wir Unternehmen auswählen, die ein hohes Mass an Transparenz in Bezug auf Cashflow und Rentabilität bieten und gleichzeitig in der Lage sind, durch verschiedene Geschäftszyklen zu navigieren, da sie besser in der Lage sind, höhere Inputkosten an ihre Kunden weiterzugeben. Sollten sie nicht in der Lage sein, diese höheren Kosten in vollem Umfang weiterzugeben, werden ihre starke Cashflow-Generierung und ihre solide Bilanz – zwei weitere Kriterien, auf die wir uns konzentrieren – dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des Margendrucks zu mildern.
Es bestehen auch einige Fragezeichen bezüglich China. Wir ordnen Sie die Situation im Reich der Mitte ein?
Trotz des hartnäckig niedrigen Vertrauens der privaten Haushalte und Unternehmen, der zunehmenden Immobilienturbulenzen und der dringenden Notwendigkeit, den Zustrom ausländischer Gelder wieder anzukurbeln, hat die Zentralregierung deutlich gemacht, dass umfangreiche Konjunkturmassnahmen nach wie vor nicht in Frage kommen. Das hat die Frustration der Investoren noch verstärkt.
Stattdessen erwarten wir, dass die Massnahmen auf ausgewählte Bereiche wie Elektrofahrzeuge, High-End-Fertigung und Automatisierung oder erneuerbare Energien/Green Tech abzielen werden. Wir besetzen diese strukturellen Themen durch Namen wie CATL im Bereich Elektrofahrzeuge, Shenzhen Inovance im Bereich Automatisierung sowie Sungrow, Riyue und Nari Tech im Bereich erneuerbare Energien/Green Tech.
Es liegt auf der Hand, dass das Vertrauen der privaten Haushalte wiederhergestellt werden muss, um aus dem derzeitigen Teufelskreis herauszukommen und in- und ausländische Anleger danach wieder in chinesische Aktien investieren. Dennoch sind wir der Meinung, dass wir in der Lage sein sollten, Gewinne zu generieren, wenn wir uns auf Unternehmen konzentrieren, die in den oben genannten strukturellen Wachstumsbereichen tätig sind.
Obwohl die kurzfristigen Ergebnisse recht volatil waren, sind wir weiterhin zuversichtlich, was die längerfristigen Aussichten betrifft. Mehr denn je sind Geduld und Vertrauen in den Prozess von grösster Bedeutung und sollten für diejenigen belohnt werden, die einen langfristigen Anlagehorizont haben und sich auf die Auswahl von Unternehmen mit soliden und bewährten Geschäftsmodellen konzentrieren, die derzeit zu attraktiven Bewertungskennzahlen gehandelt werden.