Zurück zur Renditenormalität – langsam, aber sicher

Brad Tank, CIO Fixed Income bei Neuberger Berman
Brad Tank, CIO Fixed Income bei Neuberger Berman

Brad Tank von Neuberger Berman erläutert, warum der jüngste Zinsanstieg einer regulären Anpassung der Anleihenkurse an verbesserte Wachstums- und Inflationserwartungen entspricht, dies aber noch immer kein Grund für höhere Zinsrisiken in Portfolios darstellt.

21.01.2021, 15:33 Uhr

Redaktion: rem

"Die Kombination aus niedrigen Renditen und einer längeren Duration erscheint selbst bei Investmentgrade-Anleihen mit guten Fundamentaldaten riskant. Interessanter sind High Yield, Loans, Collateralized Loan Obligations (CLOs) und andere Sektoren mit der Aussicht auf etwas höhere Renditen bei minimalem Zinsrisiko", sagt Brad Tank, CIO Fixed Income bei Neuberger Berman.

Seit August hat sich die US-Zehnjahresrendite auf mittlerweile knapp 1,10% verdoppelt. Fast 20 Basispunkte davon entfallen auf die ersten Wochen dieses Jahres. Mit dem Beginn der Covid-19-Impfungen wuchsen die Hoffnungen auf einen Neustart der Wirtschaft. Als klar wurde, dass die Demokraten beide Kongresskammern kontrollieren, wirkte die Aussicht auf grosse Konjunkturpakete am Anleihemarkt wie ein Brandbeschleuniger. Die jüngsten Äusserungen der Fed zu einem möglichen Tapering lieferten den nötigen Sauerstoff dazu.

Rückkehr zur Normalität

"Einen Zinsanstieg im Laufe dieses Jahres halten wir für wahrscheinlich. Dennoch ist davon auszugehen, dass die US-Zehnjahresrendite in drei Monaten bei etwa 1,25%, in sechs Monaten bei 1,35% und am Ende des Jahres bei lediglich 1,50% liegen wird", prognostiziert Tank.

Heute liegt die Rendite mit 1,10% noch immer unter Neuberger Bermans Schätzung des fairen Werts zu Beginn des 4. Quartals 2020. Nach der Flucht in die Sicherheit im letzten Jahr hat sie sich demnach noch immer nicht wirklich normalisiert. Tatsächlich stiegen die Renditen nicht so stark wie die Inflationserwartungen und seit dem Durchbruch bei der Impfstoffentwicklung im November sind die Realrenditen gefallen. Noch weniger tat sich im Euroraum: Hier haben sich die Staatsanleiherenditen der Kernländer in den letzten drei Monaten kaum verändert.

Joe Bidens Wirtschaftsprogram

Auch wenn ein Erdrutschsieg der Demokraten im November ausblieb, haben sie jetzt neben der Präsidentschaft doch beide Kongresskammern übernommen. Dies hat grosse Auswirkungen auf den Haushaltsausblick. "Schon bevor Biden letzten Donnerstag ein 1,9 Bio. US-Dollar schweres Konjunkturpaket vorstellte, war sein Wirtschaftsprogramm in den Kursen weitgehend berücksichtigt", sagt Tank. An den Märkten erwartete man das Ende der Nullzinspolitik daraufhin nicht mehr für 2024, sondern schon für 2023 – aber nicht für 2022 oder gar 2021. Weil sich die Umsetzung einiger angekündigter Massnahmen durch die knappe Mehrheit wohl verzögert, hielten sich die Auswirkungen auf die Anleihemärkte in Grenzen. Ausserdem investieren noch immer viele Privatanleger in Anleihen. Bei den Staatsanleihenauktionen erfuhren 10- und 30-jährige Titel letzte Woche eine recht hohe Nachfrage.

Tank stellt die Frage, was mit dem Gerede über Tapering sei. Die Äusserungen der Notenbank seien recht uneinheitlich gewesen, sagt er. Einige Mitglieder des Federal Open Market Committees deuteten noch für dieses Jahr Überlegungen über eine Änderung der Geldpolitik an. Andere meinten hingegen, dass zunächst keine Inflation drohe. Dazwischen gab es noch viele andere Meinungen. Nach dem ungewöhnlich grossen Konsens im Jahr 2020 könnten Notenbankbeobachter darin auch eine Rückkehr zur Normalität sehen. "Unserer Meinung nach wird es zunächst keine Änderung der Geldpolitik geben", betont Tank.

Laufender Ertrag ohne Zinsrisiko

"Der jüngste Zinsanstieg hat die Pferde also nicht scheu gemacht und die Notenbanken dürften die Märkte auch weiterhin eher beruhigen als erneut irritieren wollen. Wir halten den jüngsten Renditeanstieg für eine angemessene Reaktion auf höhere Wachstums- und Inflationserwartungen", so der CIO Fixed Income bei Neuberger Berman. Und er fügt hinzu: "Aus unserer Sicht spricht zwar noch immer nichts für höhere Zinsrisiken im Portfolio, aber der Ausblick für höher verzinsliche Titel ist sehr gut. Die nächsten Tage und Wochen könnten zwar volatil werden, doch auf Zwölfmonatssicht halten wir höher verzinsliche Titel mit niedriger Duration für interessant."

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