Rohstoffe sollten massgeblicher Portfoliobestandteil werden

Rohstoffe machen fast 40% der russischen Exporte aus. (Bild: Shutterstock.com/g_tech)
Rohstoffe machen fast 40% der russischen Exporte aus. (Bild: Shutterstock.com/g_tech)

Russland gilt als einer der wichtigsten Rohstoff-Exporteure. Erik Knutzen von Neuberger Berman geht davon aus, dass die Strafmassnahmen und Sanktionen gegen Russland langfristige wirtschaftliche Auswirkungen haben werden. Rohstoffe sollten daher wieder ein massgeblicher Portfoliobestandteil werden.

03.03.2022, 12:25 Uhr
Alternatives

Redaktion: rem

Der russische Einmarsch in die Ukraine ist auch für die Finanzmärkte eine Herausforderung. Zuvor hatten schon die hohe Inflation und die steigenden Zinsen für Unruhe gesorgt. "Selbst wenn die russischen Truppen schnell Fakten schaffen – womit zurzeit eher weniger zu rechnen ist –, werden die notwendigen Strafmassnahmen und Sanktionen gegen Russland langfristige wirtschaftliche Auswirkungen haben", sagt Erik Knutzen, Chief Investment Officer bei Neuberger Berman.

Seiner Meinung nach werden einige grosse Themen dadurch noch wichtiger – nicht nur die voraussichtlich stärkeren Konjunktur- und Marktschwankungen, sondern auch eine gegenüber 2021 höhere Inflation bei schwächerem Wachstum. Die Teuerung dürfte höher sein, als es in den gesamten letzten 20 Jahren der Fall war. Auch ein weiteres Asset-Allokations-Thema werde dadurch noch wichtiger: "Rohstoffe sollten wieder ein massgeblicher Portfoliobestandteil werden."

Russland: Ein wichtiger Exporteur

Die russischen Exporte betragen selten mehr als 500 Mrd. USD im Jahr. Bei einem Welthandelsvolumen von etwa 30 Bio. USD scheint das nicht viel. Bei Rohstoffen sehe es jedoch ganz anders aus, so Knutzen: Sie machen fast 40% der russischen Exporte aus. Der Streit um Nord Stream 2 zeige, wie wichtig Russland für die Energieversorgung Europas ist. Das Land sei aber auch ein wichtiger Exporteur von Aluminium – ein bereits jetzt knappes Gut – sowie von Palladium, Platin, Nickel und Kupfer. Sowohl Russland als auch die Ukraine sind wichtige Weizenlieferanten. Sanktionen und Lieferstörungen könnten das Angebot an diesen Rohstoffen in den nächsten Monaten verringern, meint er weiter.

Seiner Ansicht nach gab es einige Gründe, warum Rohstoffe schon vor der letzten Woche ein zentrales Thema für die Asset-Allokation waren. Vor einem Jahr berichtete Neuberger Berman über die traditionelle Korrelation von Rohstoffpreisen und Inflation. So erklärte der Vermögensverwalter zuletzt, dass die Rohstoffpreise vor allem bei der Kombination aus hoher Inflation und einem schwachen oder nachlassenden Wirtschaftswachstum stark zulegen.

In den nächsten Monaten und Jahren rechnet man bei Neuberger Berman mit weniger Wachstum und mehr Inflation – nicht zuletzt, weil die Notenbanken jetzt trotz der schwächeren Konjunktur die Inflation dämpfen müssen. Eine Rezession in den USA bildet noch immer nicht das Hauptszenario, doch könnte der russische Einmarsch in die Ukraine das Wachstum dämpfen und, wichtiger noch, für mehr Inflation sorgen.

Auch das langfristige Ziel der Klimaneutralität durch weniger fossile Brennstoffe habe Einfluss auf die Rohstoffmärkte und könnte langfristig für Inflationsdruck sorgen. Neuberger Berman rechnet weiterhin mit hohen Preisen klassischer Energieträger, da das Angebot wohl sinkt, bevor mehr erneuerbare Energien zur Verfügung stehen. Die Nachfrage nach Industrie- und Edelmetallen dürfte ebenfalls steigen, wenn für das Netto-Null-Ziel die Infrastruktur für erneuerbare Energien ausgebaut, die Elektrifizierung vorangetrieben und die Batterieproduktion ausgeweitet wird.

Auch hier gelte, dass Sanktionen die nötigen Rohstoffe noch knapper machen. Zu gross sei die Bedeutung Russlands für die Weltmärkte für Energie, Aluminium, Palladium, Platin, Nickel und Kupfer.

Langfristige Terminkontrakte zunehmend attraktiv

"Das wachsende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage hat nicht nur Rohstoff-Futures teurer werden lassen. Mittlerweile befinden sich fast alle Warenterminkurven in der Backwardation. Kurzfristigere Terminkontrakte sind also teurer als langfristigere. Das schafft einen neuen Investitionsanreiz: Anleger können von einem kurzfristigen Kontrakt in einen längerfristigen umschichten, um weiter investiert zu bleiben und damit zu verdienen", erklärt Knutzen.

Schliesslich können Rohstoffe auch ein wichtiges Diversifikationsinstrument sein, wenn die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zunimmt. Seit Anfang Dezember ist der Bloomberg Commodity Index um etwa 22% gestiegen. Aktien liegen hingegen zweistellig im Minus, und der Global Aggregate Bond Index hat etwa 3,5% verloren.

Rohstoffe sind nur eine der Assetklassen, mit denen man aus der Sicht von Neuberger Berman ein Portfolio vor Inflation schützen und vielleicht sogar davon profitieren kann. Zweifellos sei sie aber eine der wichtigsten. Aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt wegen des tragischen und zerstörerischen Angriffs auf die Ukraine, seien sie jetzt noch wichtiger für ein diversifiziertes Portfolio.

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