17.10.2024, 09:10 Uhr
Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé ist in den ersten neun Monaten 2024 zu wenig stark gewachsen, um die bisherigen Ziele fürs Gesamtjahr noch zu erreichen. Deshalb kappt der neue Chef Laurent Freixe nun die...
Die erste Erleichterung unter den Nestlé-Anlegern ist am Dienstag schnell verpufft. Am Kapitalmarkttag des Nahrungsmittelkonzerns blieben laut Analysten zwar gröbere negative Überraschungen aus, Nestlé müsse aber noch mehr Licht ins Dunkel seiner Zukunftspläne bringen.
Um 09.30 Uhr fallen die Titel um 0,9 Prozent auf 77,50 Franken und rutschen damit auf die hinteren Plätze im SMI. Kurz nach der Eröffnung war es in einer deutlich positiveren Reaktion an der Indexspitze noch bis auf 79,26 Franken nach oben gegangen.
Nestlé will gemäss der am Morgen verschickten Medienmitteilung die «operative Exzellenz» vorantreiben, mehr in Marketing investieren und die Kosten senken. Der Ausblick für das laufende Jahr wurde bestätigt, die Mittelfristziele wurden dafür gesenkt.
Bis Ende des kommenden Jahres erhöht Nestlé laut Mitteilung die Investitionen in Werbe- und Marketingaktivitäten auf 9 Prozent des Umsatzes. Diese liegen aktuell bei rund 8 Prozent. Damit will Nestlé das Wachstum vorantreiben. Gemessen am Jahresumsatz von 2023 in der Höhe von knapp 93 Milliarden wäre das eine Milliarde mehr als bisher.
Das Unternehmen werde «gezielt in erfolgreiche Marken und Wachstumsplattformen investieren, die Innovationsaktivitäten noch stärker fokussieren, um eine grössere Wirkung zu erzielen, sowie leistungsschwache Bereiche systematisch angehen», heisst es. «Die Stärken von Nestlé liegen in unserer globalen Reichweite sowie in der hervorragenden Fähigkeit, Nachfrage nach unseren Produkten zu generieren und unsere Strategie in unseren Märkten umzusetzen», wird der neue CEO Laurent Freixe zitiert.
Die Investitionen, die dadurch zusätzlich anfallen, will Nestlé durch rigorose Sparmassnahmen finanzieren. Zusätzlich zu den bereits laufenden Spar-Aktivitäten will das Management bis Ende 2027 mindestens 2,5 Milliarden Franken zusätzlich einsparen.
Als weitere Massnahme wird Nestlé seine Wasser-Sparte künftig als eigenständige Einheit führen, ähnlich wie beispielsweise schon Nespresso. Per 1. Januar 2025 werde das Geschäft mit Wasser und sogenannten «Premium-Getränken» ein separater, globaler Geschäftsbereich, heisst es. Die Leitung übernimmt Muriel Lienau, die jetzt bereits Nestlé Waters Europa führt.
Die Mittelfristziele wurden gesenkt. Neu geht Nestlé davon aus, dass das organische Umsatzwachstum «in einem normalen Geschäftsumfeld 4 Prozent plus» betragen wird. Die zugrunde liegende operative Ergebnismarge wird bei «17,0 Prozent plus» erwartet.
Für das laufende Jahr bestätigt das Unternehmen allerdings seine bisher angepeilten Ziele eines organischen Umsatzwachstums von «etwa 2 Prozent», einer zugrunde liegenden operativen Ergebnismarge von «etwa 17,0 Prozent» und ein «nahezu unverändertes Wachstum des zugrunde liegenden Gewinns je Aktie zu konstanten Wechselkursen-«
Für das kommende Jahr stellt das Management eine Verbesserung des organischen Umsatzwachstums gegenüber 2024 in Aussicht. Die zugrunde liegende operative Ergebnismarge werde jedoch «moderat» unter dem 2024 angepeilten Wert von «etwa 17 Prozent» zu liegen kommen.
Analysten erhoffen sich nun im Tagesverlauf mehr Details zu den geplanten Kosteneinsparungen - beispielsweise welche Bereiche das künftige Wachstum anführen sollen und was die Ursachen für die schwächere Entwicklung in den letzten Jahren waren. Auch tiefere Informationen zum künftig eigenständigen Wassergeschäft seien wünschenswert, so der Tenor.
Deutlich zurückhaltender gibt sich Baader Helvea. Angepasste Margenziele zu veröffentlichen, ohne Details zu den begleitenden Restrukturierungs- oder Investitionskosten zu geben, sei wenig aktionärsfreundlich, heisst es dort in einer ersten Einschätzung. Ob einfach nur eine Rückbesinnung auf alte Werte reiche, um die Stimmung unter den Anlegern nachhaltig zu verbessern, müsse sich noch zeigen. Insgesamt fühle es sich aktuell mehr nach einer Zwischenlösung an, bevor eine wirklich ambitionierte, langfristige Vision lanciert werde.
«Realistische mittelfristige Ambitionen, nichts dramatisches», titelte derweil der US-Broker Jefferies seinen ersten Kommentar. Gleichzeitig würden mit Nestlés Realismus die grösseren Hoffnungen der Konkurrenz in Frage gestellt.
Auch Barclays spricht von vernünftigen Zielen, die keine gröberen Verschiebungen bei den Konsenserwartungen auslösen dürften. Mit Blick auf das mittelfristige organische Wachstum von «4% plus» in einem «normalen operativen Umfeld» stelle sich allerdings die Frage, wie normal das Umfeld angesichts der Inflation bei den Kakao- und Kaffeepreisen sein könne.