16.10.2024, 09:31 Uhr
Fast 60 Prozent der Schweizer Finanzberater befürchten, das Vermögen der Ehepartner oder Kinder ihrer Kunden nach einer Vermögensübertragung nicht halten zu können. Trotzdem erwarten sie laut einer Umfrage von...
Professionelle Fondsselektoren erwarten ein schwieriges Jahr an den Anlagemärkten, machen allerdings kaum Abstriche bei ihren langfristigen Renditeerwartungen. Drei Viertel glauben, dass der Zinsanstieg zu einem Wiederaufleben traditioneller festverzinslicher Anlagen führen wird. Dies ist die zentrale Erkenntnis einer aktuellen Studie des französischen Vermögensverwalters Natixis Investment Managers.
Ende des vergangenen Jahres wurden dazu weltweit 441 Experten befragt, die etwa bei Banken, Family Offices oder Finanzagenturen für die Auswahl von Investmentstrategien verantwortlich sind. Weltweit verantworten diese Fondsselektoren ein Investmentvermögen von über 30 Billionen US-Dollar. Die Umfrage zeigt, die Lage an den Real- und Finanzmärkten bleibt ernst. Eine klare Mehrheit der Befragten (53%) sieht die Inflation auch in diesem Jahr auf einem viel zu hohen Niveau. 60 Prozent rechnen mit einer Rezession. Vor allem den Zentralbanken kommt in diesem Umfeld eine wichtige Rolle zu. 52 Prozent sehen in einer falschen Zentralbankpolitik das grösste Risiko für die Konjunktur. Weitere zentrale Gefahren ergeben sich aus dem Krieg in der Ukraine (49%) sowie aus den angespannten Beziehungen zwischen den USA und China (48%).
Trotz der schwierigen Situation bleiben Fondsselektoren optimistisch, was die Renditeerwartungen für ihre Kundenportfolios angeht. 73 Prozent gaben an, ihre langfristigen, durchschnittlichen Renditeziele von 8,8 Prozent pro Jahr beibehalten oder sogar erhöhen zu wollen. Mit 10,2 Prozent sind die langfristigen Renditeerwartungen der asiatischen Fondsselektoren besonders hoch. In Lateinamerika fallen sie mit 8,1 Prozent am geringsten aus.
Die veränderten Verhältnisse an den Finanz- und Kapitalmärkten veranlassen die Fondsselektoren zu Anpassungen bei der Zusammensetzung ihrer Portfolios. Deutlich wird dies vor allem im Fixed Income-Bereich. Drei Viertel glauben, dass der zu beobachtende Zinsanstieg zu einem Wiederaufleben traditioneller festverzinslicher Anlagen führen wird. 51 Prozent gaben an, ihre Investments in Staatsanleihen erhöhen zu wollen. Weitere 46 Prozent berichteten, dass sie ihre Allokation in Investment Grade-Unternehmensanleihen ausbauen werden.
Aktien spielen für viele Fondsselektoren weiterhin eine entscheidende Rolle, zumal 65 Prozent von ihnen der Meinung sind, dass die gegenwärtigen Kurse die Fundamentaldaten mancher Unternehmen nicht richtig widerspiegeln. Sechs von zehn Befragten sind daher optimistisch, in diesem Jahr von den Marktverwerfungen profitieren zu können. Eine grosse Mehrheit (63%) gibt dabei Large Caps den Vorzug vor Small Caps. 64 Prozent sind der Auffassung, dass die Aktienmärkte der entwickelten Länder in diesem Jahr vor denen der Emerging Markets liegen werden.
Professionelle Fondsselektoren planen auch den stärkeren Einsatz von Alternativen Anlageklassen. Fast sechs von zehn gaben an, dass sie eine höhere Allokation in alternative Anlagen empfehlen. Innerhalb der alternativen Anlagen wollen die Befragten am ehesten ihre Investments in Infrastruktur erhöhen (48%), gefolgt von Private Equity (43%), Absolute-Return (32%) und Private Debt (31%).
In Erwartung einer Rezession und turbulenter Märkte sind 80 Prozent der Fondsselektoren der Auffassung, dass aktives Management notwendig sei, um die erforderlichen Mehrrenditen zu erreichen. Nachdem 56 Prozent der Befragten angaben, dass aktive Strategien die passiven Anlagen auf ihrer Plattform in 2022 übertrafen, glauben für 2023 sogar 71 Prozent daran, mit aktivem Management einen Vorteil erzielen zu können. Sechs von zehn geben an, dass sie die Anzahl der aktiven Fonds auf ihrer Plattform in diesem Jahr erhöhen werden. Viele Fondsselektoren (54%) gehen zudem davon aus, dass eine Rezession die Nachteile passiver Anlagen aufdecken wird. Mehr als die Hälfte (55%) befürchtet, dass grosse Zu- und Abflüsse bei passiven Anlagen die bereits hohe Marktvolatilität noch verstärken. Ebenso viele befürchten, dass passive Anlagen das relative Risiko-Ertrags-Verhältnis verzerren. Weitere 65% sehen sogar noch grössere Probleme und befürchten, dass die Beliebtheit passiver Anlagen das systemische Risiko erhöht.
Nach Auffassung der Fondsselektoren wird das Wachstum von ESG-Anlagen in diesem Jahr weiter anhalten. 61 Prozent gaben an, ihre entsprechende Allokation zu erhöhen. In der EMEA-Region, wo MIFID III alle Finanzberaterdazu verpflichtet, nachhaltige Anlagen mit den Kunden zu besprechen, sind es sogar 74 Prozent. Auch die Integration von nachhaltig gemanagten Private Markets-Investments steht auf der Tagesordnung, wobei 30 Prozent angaben, hier vor allem auf das Thema Impact Investing setzen zu wollen. Insgesamt rechnen die Fondsselektoren damit, dass derverstärkte Regulierungsdruck das Wachstum von ESG-Anlagen weltweit befördern dürfte.
Timo H. Paul, Managing Director und Leiter deutschsprachige Schweiz bei Natixis IM, sagte: «Professionelle Fondsselektoren machen sich weniger Sorgen darüber, was das Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 bringen wird, da sieein erhöhtes Inflationsniveau, steigende Zinsen und eine zunehmende Marktvolatilität erwarten. Sie gehen davon aus, dass steigende Zinsen zu einem Wiederaufleben von festverzinslichen Anlagen führen, die einige vorteilhafte Bereiche ausmachen, und schichten ihre Kundenportfolios entsprechend um, wobei nachhaltige Anlagen im Jahr 2023 den grössten Zuwachs bei der Allokation erfahren dürften. Die Hälfte der befragten Selektoren plant, das Angebot an privaten Anlagen zu erweitern. Kurz gesagt, dieses Jahr wird ein Jahr der taktischen Umschichtungen sein, um Erträgezu erzielen und den Anschluss nicht zu verpassen.»
Der vollständige Bericht der Natixis Global Survey of Fund Selectors 2023 ist hier verfügbar.