28.11.2024, 11:12 Uhr
«Wo bereits viel Pessimismus eingepreist ist, dort ist das positive Überraschungspotential entsprechend hoch», schreibt Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege bei M&G Investments. Allerdings gelte auch: «Nicht jede...
Der geldpolitische Zyklus steht eigentlich vor einer Phase der Straffung, um die wirtschaftliche Entwicklung zu steuern und die Inflation zu bekämpfen. Wie wahrscheinlich ist daher eine Rezession und eine damit verbundene erhebliche Volatilität der Zinssätze und Kredite? Richard Woolnough von M&G gibt die Antwort.
"Im Allgemeinen gehen wir davon aus, dass eine Rezession drei wirtschaftliche Signale voraussetzt", erklärt Richard Woolnough, Fondsmanager bei M&G Investments:
Wenn man sich die US-Wirtschaft als Ampelanlage vorstelle, dann sehe man auf den ersten Blick zwei rote und eine grüne Ampel. Daran lasse sich ablesen, dass Warnzeichen vorhanden sind – doch das Ergebnis sei nicht ganz eindeutig. Denn es stünden eben nicht alle Ampeln auf Rot.
"Schauen wir uns die drei Signale also einzeln an. Sind sie so zuverlässig wie in der Vergangenheit? Und steht eine Rezession vor der Tür, fragt Woolnough. Nun seien die letzten Jahre aus wirtschaftlicher Sicht nicht gerade normal verlaufen. Der Fondsmanager untersucht daher ein pessimistisches und ein optimistisches Szenario.
Für das pessimistische Szenario liesse sich seiner Meinung nach so argumentieren: Die Renditekurve ist der wichtigste Indikator für eine Rezession. Zudem könnte die derzeit grüne Ampel für den Immobilienmarkt schnell auf Rot umspringen. Denn die letzten zwei Jahre hätten zu einer rasanten Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt geführt – aufgrund der aussergewöhnlichen Geldpolitik und des veränderten Verbraucherverhaltens während des Lockdowns.
Vereinfacht gesagt: Wenn man zu Hause bleiben müsse, sei man bereit, einen grösseren Teil seines heutigen – und künftigen – Vermögens für eine Immobilie auszugeben. Zweifellos sei die Lage dieses Mal anders als in früheren Phasen; der Indikator könnte also unzuverlässig sein. Zudem könnte die Ampel schnell auf Rot springen, wenn die Immobilienblase nach einer Wiedereröffnung der Wirtschaft platzt. "Deshalb sollten wir dieses grüne Signal ignorieren", sagt Woolnough.
Auch für eine optimistische Betrachtung liesse sich seiner Meinung nach das Argument "Diesmal ist es anders» heranziehen. Ansatzpunkt wäre ebenfalls die Renditekurve: Die Zentralbanken haben die langfristigen Zinssätze im Zuge der quantitativen Lockerung (QE) nach unten gedrückt. Diese Intervention habe die Signalwirkung der Renditekurve stark beeinträchtigt. Die Laufzeitprämie sei also durch die lockere Geldpolitik zerstört worden. "Daher sollten wir dieses rote Licht ignorieren", meint Woolnough auch hier.
Eine optimistische Argumentation könnte aus seiner Sicht auch bei der roten Ölpreisampel ansetzen, etwa mit folgendem Tenor: Der prozentuale Preisanstieg vor Beginn des Ukrainekriegs sei einfach eine Erholung des pandemiebedingten Ölpreisverfalls gewesen. Die rote Ampel sollte daher ebenfalls ignoriert werden. Dies entspreche dem Argument der US-Zentralbank, dass es sich beim Anstieg der Inflation um ein vorübergehendes Phänomen im Zuge der Corona-Pandemie handelt.
Alle oben genannten Argumente haben laut dem Fondsmanager von M&G etwas für sich. Er versucht, einige weitere Signale für die wirtschaftliche Stärke zu finden. Was könnte noch einen Hinweis darauf geben, ob eine Rezession bevorsteht oder nicht?
Eine Rezession ist definiert als zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum. Das sei deswegen ein Grund zur Sorge, weil eine Rezession zu mehr Arbeitslosigkeit führt. "Daher denke ich, dass die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt im Fokus stehen sollte", so Woolnough. Das folgende Schaubild mache sehr deutlich, wie gesund die US-Wirtschaft war bzw. ist. Denn es zeige, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften grösser ist als die Zahl der Arbeitssuchenden.
Die wirtschaftlichen Folgen einer Rezession werden durch eine erhöhte Arbeitslosigkeit spürbar. Das Schaubild oben macht jedoch klar, dass es bis zu einem solchen Anstieg noch ein weiter Weg ist. "Angesichts dieses überzeugenden Beweises wage ich die Behauptung: Es steht keine Rezession vor der Tür", betont Woolnough.
Die wirtschaftliche Entwicklung werde sich verlangsamen, da die US-Notenbank Fed die Geldpolitik – mit der üblichen Verzögerung – strafft. Auch das Wirtschaftswachstum werde begrenzt sein, weil bei Vollbeschäftigung das potenzielle Wachstum definitionsgemäss durch das fehlende Angebot an Arbeitskräften eingeschränkt ist.
"Daher nochmals: Aus meiner Sicht bleibt eine Rezession in naher Zukunft unwahrscheinlich. Die Geldpolitik kann also weiter gestrafft werden, und im Kreditbereich muss in naher Zukunft kein Ausfallzyklus eingepreist werden. Wir werden die drei oben genannten Signale weiterhin genau beobachten und sie in künftigen Blogbeiträgen ausführlicher untersuchen", schliesst Woolnough seine Analyse.