07.06.2024, 16:56 Uhr
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Nach der Coronakrise sind in den USA die Immobilienpreise in die Höhe geschossen. Doch jetzt wird die Schwere zwischen Preis und Tragbarkeit für Immobilienbesitzer immer grösser. Enguerrand Artaz, Fondsmanager bei La Financière de l'Échiquier (LFDE), erkennt Parallelen zur Finanzkrise 2008, hält das Risiko, dass sich die Geschichte wiederholt, aber trotzdem für klein.
Der Zins für 30-jährige Hypothekendarlehen in den USA beträgt 7,2% und ist damit so hoch wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Der Höhenflug der Zinsen für Immobiliendarlehen ist eine unmittelbare Folge der massiven Zinsanhebungen durch die US-Notenbank.
Logischerweise schlagen die Zinsverteuerungen auf die Kreditnachfrage durch. Diese hat jüngst ihr niedrigstes Niveau seit 2015 erreicht. Über den Zeitraum von einem Jahr ist die Nachfrage um fast 40% zurückgegangen – der stärkste Einbruch seit der Finanzkrise von 2008, wie Enguerrand Artaz von der französischen Fondsgesellschaft La Financière de l'Échiquier (LFDE) betont.
"Die Parallelen zur grossen Finanzkrise, die mit einer Wirtschafts- und Immobilienkrise begann, sind zahlreich, wenn man sich die neuesten Zahlen des US-Immobilienmarkts genauer anschaut", führt er fort: Anfang vergangener Woche fiel der Index für das Vertrauen der Immobilienentwickler auf den niedrigsten Stand seit 2012 – von der Coronakrise abgesehen. Damit verzeichnete er über ein Jahr einen stärkeren Rückgang als vor der Krise von auch hier wieder bis zur Krise von 2008 zurückblicken, um eine solche Entwicklung zu finden.
Dieser heftige und schnelle Einbruch der Immobiliennachfrage schlägt sich in einem Rückgang der Transaktionspreise nieder. Wie Enguerrand Artaz erklärt, ist beispielsweise der von der US-Hypothekenbank Freddie Mac berechnete Index in den vergangenen drei Monaten gefallen. Auch das ist seit 2011, als der US-Immobilienmarkt noch mit den Exzessen der Immobilienblase zu kämpfen hatte, nicht mehr geschehen.
Im Anschluss an die Coronakrise hatten die US-Immobilienpreise – bedingt durch massive Haushaltsmassnahmen, dem Wunsch nach mehr Wohnfläche und der durch Homeoffice möglich gewordenen Mobilität – einen Höhenflug erlebt. "In der Folge entwickelt sich nun eine grosse Schere zwischen den wahrscheinlich zu hohen Preisen und den stark verschlechterten Finanzierungskonditionen", sagt Fondsmanager Artaz.
Diese Parallelen zwischen der jüngsten Entwicklung des US-Immobilienmarktes und der, die er vor 2008 durchgemacht hat, mögen beunruhigend erscheinen. Aber Araz gibt Entwarnung: "Dieser Sektor der US-Wirtschaft stellt kein systemisches Risiko mehr dar, wie es zur Zeit der Subprime-Krise der Fall war", sagt er.
Zwischen der Talsohle von 1995 und dem Gipfel von 2005 hatte sich die Kreditnachfrage fast vervierfacht. Von 2011 bis 2021 hat sie sich nur knapp verdoppelt. Dies schlägt sich auch in der Verschuldung der privaten Haushalte nieder, deren Anteil von Krediten im Verhältnis zum gesamten Vermögen heute bei etwa 11% liegt, während es 2008 fast 20% waren. "Zudem hat sich das Phänomen der massiven Verbriefung von Immobilienkrediten, das zu einer Ausweitung des Subprime-Risikos auf das gesamte weltweite Finanzsystem geführt hatte, nicht wiederholt", so der Experte des französischen Finanzhauses.
Zwar ist in seinen Augen die markante Verschlechterung des amerikanischen Immobilienmarktes kein systemisches Risiko wie im Jahr 2008; ganz spurlos werde sie an den USA allerdings nicht vorbeigehen. "Der starke Anstieg der monatlichen Raten von variabel verzinslichen Krediten ist bereits eine grosse Belastung für die Privathaushalte, was im Übrigen auch in vielen anderen Ländern wie Grossbritannien oder den Niederlanden der Fall ist."
Dass die Immobilienpreise jüngst zurückgehen, wertet Artaz als gute Nachricht mit Blick auf die Inflation der Wohnungspreise; andererseits wirkt sich der Preisrückgang nachteilig auf den Wohlstandseffekt aus. Dies könnte wiederum den Privatkonsum beeinträchtigen – "ein Thema, das man genau im Auge behalten sollte", empfiehlt der Portfoliomanager.