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Investoren sollten sich auf Brexit-bedingte Volatilitätsschübe einstellen

John Greenwood, Chefökonom von Invesco.
John Greenwood, Chefökonom von Invesco.

Invesco-Chefökonom John Greenwood sieht volatile Jahre auf Anleger zukommen, vor allem bei Anlagen in britischen Pfund.

31.10.2016, 15:43 Uhr

Redaktion: jog

Nachdem der Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union beschlossene Sache ist, rechnet Invesco-Chefökonom John Greenwood mit langwierigen und schmerzhaften Verhandlungen, wobei die Finanzmärkte jedes Zwischenergebnis mit hohen Ausschlägen in die eine oder andere Richtung quittieren dürften. Der Weltwirtschaft insgesamt stellt Greenwood ein weiteres Jahr moderater Wachstumsraten in Aussicht, wobei viele Länder auch 2017 ihre Inflationsziele erneut verpassen dürften.

Während andere Volkswirtschaften nach wie vor schwächeln, schreitet die Erholung in den USA fort, gestützt durch die positive Entwicklung des privaten Konsums. Insbesondere die anhaltend schwachen Unternehmensinvestitionen bremsen das Gesamtwachstum jedoch, so dass Greenwood in den USA in diesem Jahr insgesamt auch nur mit einem realen BIP-Wachstum von 1,5% rechnet. Die Auswirkungen des Schuldenabbaus in den grössten Schwellenländern und Instabilitäten in der Eurozone bzw. durch den Brexit könnten den Aufschwung in den USA zwar zeitweise dämpfen. Der Chefökonom von Invesco geht jedoch davon aus, dass die US-amerikanische Notenbank die Zinsen unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen im Dezember sowie ein oder zwei weitere Male im Jahr 2017 anheben wird. "In den USA und in geringerem Masse auch in anderen Industrieländern scheint sich die lange Anleihenrally nach rund 35 Jahren durchgängig sinkender Renditen einem Wendepunkt zu nähern", sagt Greenwood. "Eine solche Trendwende könnte erhebliche Auswirkungen auf eine ganze Reihe von Anlageklassen haben."

In Europa scheinen die Investoren zum Schluss gekommen zu sein, dass sich die negativen Folgen des Brexit-Votums weitgehend auf Grossbritannien beschränken werden. In Europa und andernorts wird nur mit relativ geringen Folgewirkungen gerechnet. Angesichts der anhaltenden Probleme im europäischen Bankensystem und des Versäumnisses der Eurozone, die Wirtschaft mit einem gut konzipierten QE-Programm oder anderen Massnahmen wieder mit ausreichender Liquidität auszustatten, rechnet Greenwood im gemeinsamen Währungsraum weiter nur mit einer langsamen Erholung. Grosbritannien dürfte die langfristigen Folgen des Brexit-Votums zwar schmerzhafter zu spüren bekommen als der Rest der EU. Die kurzfristigen negativen Auswirkungen des schwächeren Pfundes und der Wachstumsverlangsamung in Grossbritannien dürften die anderen EU-Volkswirtschaften aber ebenfalls belasten. Insgesamt rechnet Greenwood in der Eurozone 2016 mit einem realen BIP-Wachstum von 1,6%.

Gefahr einer technischen Rezession
In Grossbritannien werden die negativen Wachstumseffekte des Brexit-Votums Greenwood zufolge vor allem 2017 zu spüren sein. So bestünde auch eine gewisse Gefahr einer technischen Rezession (d.h. zwei aufeinanderfolgende Quartale negativer BIP-Wachstumsraten). Angesichts des unverändert robusten Konsums und der Aussicht auf eine Lockerung der Fiskalpolitik sollte das Rezessionsrisiko seiner Ansicht nach aber auch nicht überbewertet werden. Greenwood prognostiziert für Grossbritannien im Gesamtjahr 2016 ein reales BIP-Wachstum von 1,7%, gefolgt von rund 1% im Jahr 2017.

Derweil tut sich Japan weiterhin schwer damit, positive Wachstums- oder Inflationsraten zu generieren. Der Invesco-Chefökonom rechnet im Gesamtjahr 2016 in Japan nur mit einem realen BIP-Wachstum von 0,8%. Mit einer Inflationsrate von -0,1% hätte Japan dann auch ein weiteres Deflationsjahr hinter sich.

In den Emerging Markets (EM) sieht Greenwood in einigen grossen Ländern wie China und Brasilien jetzt dringenden Bedarf für eine längere Phase des Schuldenabbaus mit entsprechend schwächeren Wachstumsraten. Die Wachstumsverlangsamung in China und die anhaltenden Rezessionen in Brasilien und Russland belasten wiederum die Rohstoffmärkte, die zudem durch die Überkapazitäten in zahlreichen Grundstoffindustrien unter Abwärtsdruck stehen. In diesem Umfeld dürften insbesondere die exportorientierten kleineren Länder in Ostasien erst dann wieder eine grössere Wachstumsdynamik entfalten, wenn die globale Nachfrage anzieht und es China gelingt, das eigene Wachstum zu stabilisieren.

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