Der letzte Pfeil der SNB

Joachim Corbach, Leiter Währungen und Rohstoffe bei GAM in Zürich.
Joachim Corbach, Leiter Währungen und Rohstoffe bei GAM in Zürich.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) steht geldpolitisch mit dem Rücken zur Wand. Der verhaltene Schritt der EZB und im Hinblick auf eine voraussichtliche Zinserhöhung der Fed dürfte die SNB nächste Woche gespannt nach Washington blicken.

07.12.2015, 11:22 Uhr
Notenbanken

Redaktion: jog

Das Direktorium der SNB dürfte vom EZB-Entscheid vergangener Woche, der viele Marktteilnehmer enttäuscht hat, erleichtert gewesen sein. Der eher verhaltene weitere Expansionsschritt der EZB hat – zumindest vorübergehend – den Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken deutlich verringert, und somit auch den Druck auf die SNB, die geldpolitischen Rahmenbedingungen noch weiter zu lockern.

Der SNB stehen dabei grundsätzlich drei Optionen zur Verfügung: Erstens, den Zins für Giroguthaben weiter zu senken. Zweitens, den Freibetrag, bis zu welchem Geschäftsbanken vom negativen Zins verschont bleiben, zu reduzieren. Und drittens, direkt am Devisenmarkt zu intervenieren.

Bei welchem Zinssatz private und institutionelle Anleger von Kontoeinlagen zu Bargeldhaltung wechseln würden, ist ungewiss. Die Schwelle dürfte allerdings vom heutigen Zinssatz nicht mehr weit entfernt sein. Die SNB wird sich hüten, diesem Wert zu nahe zu kommen.

Der Freibetrag bei Girokonten führt derzeit dazu, dass nur auf rund 30% der Guthaben Schweizer Geschäftsbanken bei der SNB ein negativer Zins verrechnet wird. Dies und die Tatsache, dass sich auch der Hypothekarmarkt dem Trend zu immer tieferen Zinsen entziehen konnte, ermöglicht den Geschäftsbanken, dem Schweizer „Durchschnittssparer“ den negativen Zins nicht weiterzureichen. Dies ist aber ein sehr fragiles Gleichgewicht, welches durch eine Änderung des Freibetrages leicht an Stabilität verlieren dürfte.

Aktiv bei Termingeschäften
Bezüglich Interventionen am Währungsmarkt zur Schwächung des Schweizer Frankens, ist die SNB deutlich eingeschränkt. Denn dies würde zu einer weiteren Aufblähung ihrer Bilanz führen. Dennoch scheint die SNB in letzter Zeit immer wieder aktiv am Markt gewesen zu sein. Zwar deuten die wöchentlich publizierten Sichteinlagen von Geschäftsbanken bei der SNB nicht auf Interventionen am Kassamarkt hin. Ein ungewöhnlich grosser Anstieg der impliziten Zinsdifferenz zwischen Euro und Franken am Terminmarkt lässt jedoch darauf schliessen, dass die SNB mittels Termingeschäften im grösseren Stil aktiv war.

Die enttäuschenden Wachstumszahlen der Schweizer Wirtschaft und der tiefe PMI bestätigen, dass die Aufwertung des Frankens nicht spurlos an der Realwirtschaft vorbeigeht. Die negative Inflation führt dazu, dass die Realzinsen in der Schweiz, trotz rekordtiefer Nominalzinsen, europaweit zu den höchsten gehören und somit alles andere als wachstumsfördernd wirken. Die SNB kann sich deshalb nicht leisten, das Ziel eines schwächeren (oder zumindest nicht mehr steigenden) Frankens aus den Augen zu verlieren.

Der handelsgewichtete Schweizer Franken hat vor allem dank des starken Dollars in den letzten Monaten deutlich an Wert verloren. Es ist gut möglich, dass die fast einheitlich erwartete Zinserhöhung der Fed Mitte Dezember zu einer weiteren Abwertung des Franken gegenüber dem Dollar führen wird. Die SNB dürfte nächste Woche also gespannt nach Washington blicken und hoffen, dass sich die Markterwartungen dieses Mal erfüllen werden.

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