Fortis über Yin und Yang des US-Arbeitsmarkts

13.11.2009, 17:10 Uhr

Nach einigen guten Konjunkturdaten haben die Aktienmärkte Fortschritte gemacht. Richtige Klarheit besteht jedoch noch nicht. Zwar sind einige Unternehmen nach erheblichen Kosteneinsparungen produktiver, doch stieg auch gleichzeitig die Zahl der Arbeitslosen. Fortis Investments geht in ihrem Weekly Strategy Outlook auf die aktuellsten Marktentwicklungen ein.

Nachdem eine Reihe weiterer Konjunkturdaten veröffentlicht wurde und die Gefahr einer frühzeitigen Straffung der Geldpolitik gebannt ist, haben die Aktienmärkte gute Fortschritte gemacht. Erstmals seit Mitte Oktober sind Industrieländeraktien in der letzten Woche wieder gestiegen, und Emerging-Market-Aktien haben einen Teil der Verluste aus der Vorwoche wieder aufgeholt. Die gute Stimmung hielt die ganze Woche an. Aufgrund der eigenen Risikovorgaben hat Fortis ihr Emerging-Market-Engagement verringert. Fortis ist für die Assetklasse aber weiter optimistisch und bleibt übergewichtet. Mit den Erlösen hat Fortis Industrieländeraktien gekauft. Hier ist Fortis noch immer neutral positioniert. Insgesamt bleibt Fortis in Aktien übergewichtet.

Die jüngsten Konjunkturdaten haben nicht wirklich für Klarheit gesorgt. Wie der aktuelle US-Arbeitsmarktbericht zeigt, sind im Oktober weniger Arbeitsplätze verloren gegangen als im September, und im September und August war der Arbeitsplatzabbau geringer als zunächst geschätzt. Erfreulich war auch, dass die Zahl der Zeitarbeitsplätze gestiegen ist. Dementsprechend ist auch die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosengeld zurückgegangen. Andererseits zeigte der Household Survey, dass noch immer Stellen abgebaut werden, was die Arbeitslosenquote auf 10,2% steigen liess – den höchsten Wert seit 1983. Anlass zu Hoffnung geben wiederum die steigenden Überstundenzahlen. Dennoch ist der Oktober bereits der zweite schwache Monat in Folge für den US-Arbeitsmarkt. Auch ergab die Haushaltsumfrage, dass es zuletzt schwieriger geworden ist, einen Job zu bekommen. Insgesamt scheint es, als würde der Arbeitsmarkt den Verbrauch nicht in dem Mass stützen, wie es für eine konsumgetriebene Erholung der US-Konjunktur nötig ist.

Erhebliche Kosteneinsparungen der amerikanischen Unternehmen waren einer der Gründe für den Produktivitätsanstieg um 4,3% im 3.Quartal (im Vorjahresvergleich). Das lässt hohe Unternehmensgewinne erwarten und steigert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, könnte allerdings auch zu niedrigeren Verkaufspreisen führen – und damit den Deflationsdruck erhöhen.

Im Euroraum ist das Verbrauchervertrauen zwar stärker gestiegen als in den USA, doch auch hier geben die Verbraucher ihr Geld nur zögerlich aus. Im September sind die Einzelhandelsumsätze unerwartet gefallen. Der ZEW-Indikator, der die Analystenerwartungen für Deutschland misst, ist im November zurückgegangen. Grund dafür könnte die schlechte Stimmung an den Aktienmärkten in der zweiten Oktoberhälfte sein. Der Indexstand ist aber immer noch hoch, so dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt.

Die Industrieproduktion war im September in Deutschland hoch, da die Exporte gestiegen sind – anders als in Frankreich und Italien, wo die Zahlen enttäuschten. Fortis geht nicht davon aus, dass der starke Anstieg der Industrieproduktion im Euroraum ausreicht, um eine merkliche Erholung auszulösen. Die Unternehmen sind recht hoch verschuldet, und die Kapazitätsauslastung ist niedrig. Dies dürfte die Investitionsausgaben begrenzen. Auch könnte der Arbeitsmarkt noch eine ganze Weile brauchen, um sich wieder zu erholen, wenn die staatlichen Beschäftigungsprogramme nächstes Jahr auslaufen.

In China sind die ohnehin schon hohen Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion im Oktober weiter gestiegen. Auch die Investitionen blieben stabil, und der Export hat weiter zugenommen. Die hohen Investitionen gehen zumeist vom Staat aus, doch ist die Konjunktur zweifellos dynamischer geworden. Dennoch wurden noch weniger Kredite vergeben als zuletzt, weil die Regierung offenbar weniger interveniert. Die Verbraucherpreise sind auch im Oktober gefallen, dürften aber bald wieder steigen.

Nach dem Anstieg im September signalisierten die vorläufigen Oktoberdaten, dass die Auftragseingänge im japanischen Maschinenbau weiter zugenommen haben. Der prozentuale Anstieg seit den Tiefständen ist zwar beeindruckend, doch ist die Lage des verarbeitenden Gewerbes noch immer erheblich schlechter als vor der Krise. Die Economy Watchers Survey, ein wichtiger Frühindikator, der eine v-förmige Erholung signalisiert hatte, ist im Oktober gefallen. Noch lässt sich aber nicht sagen, ob dies der Beginn eines Abwärtstrends ist.

Die EZB äusserte sich nach ihrer Sitzung in der letzten Woche kaum anders als die Federal Reserve und die Bank of Japan. Die Europäische Zentralbank deutete an, dem Bankensektor möglicherweise nicht mehr unbegrenzt einjährige Kredite zur Verfügung zu stellen. Sie sagte aber nichts zu drei- und sechsmonatigen Krediten. Befragt nach dem Konjunkturausblick bezeichnete die EZB den vor uns liegenden Weg als „steinig“. Angesichts der schwächeren Nachfrage aus den USA könnte es schwierig werden. Inflation ist daher sicherlich kein Thema, so dass die EZB die Zinsen wohl noch eine Weile unverändert lassen dürfte. (mak)

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