"Das Vertrauen in Kryptowährungen hat stark gelitten"

Innerhalb kürzester Zeit haben die beiden Kryptowährungen Luna und TerraUSD beinahe den gesamten Wert verloren. (Bild: Shutterstock.com/Maurice Norbert)
Innerhalb kürzester Zeit haben die beiden Kryptowährungen Luna und TerraUSD beinahe den gesamten Wert verloren. (Bild: Shutterstock.com/Maurice Norbert)

Der Crash von Luna und dem Stablecoin TerraUSD hat die Kryptomärkte ins Chaos gestürzt. Esty Dwek von FlowBank analysiert die Auswirkungen dieses enormen und abrupten Wertverlusts auf andere Kryptowährungen und ortet Einstiegschancen für risikoaffine Anlegerinnen und Anleger.

21.05.2022, 06:00 Uhr

Redaktion: alm

Stablecoins locken mit hohen Renditen, der Mechanismus dahinter bleibt jedoch für viele undurchsichtig. Indem ihr Wert an den Preis eines anderen Vermögenswerts wie den US-Dollar geknüpft wird, sollen sie im volatilen Krypto-Umfeld Stabilität gewährleisten.

"Es funktionieren allerdings nicht alle Stablecoins gleich, wie der unzureichend besicherte Terra gezeigt hat", sagt Esty Dwek, CIO von FlowBank. "Das System brach auf katastrophale Weise zusammen und die Schwester-Kryptowährung Luna wurde ebenfalls in den Abgrund gerissen."

Wetten gegen Luna und TerraUSD

In der Regel wird ein Stablecoin durch USD-Reserven abgesichert, um Vertrauen zu schaffen. Gleichzeitig soll das den Anlegerinnen und Anlegern jederzeit die Möglichkeit geben, die Stablecoins zu verkaufen. Der Wert von TerraUSD wurde jedoch nicht nur an den USD-Kurs geknüpft. Der Grossteil der Reserven wurde in Bitcoin investiert, was den Stablecoin anfällig für einen raschen Rückgang der Kryptokurse machte. Zudem war das System nicht darauf ausgelegt, einem Ausverkauf standzuhalten.

Quelle: FlowBank
Quelle: FlowBank

Dwek berichtet von Gerüchten, dass gewichtige Investoren grosse Wetten gegen Luna, TerraUSD und Bitcoin abgeschlossen haben. Zusammen mit dem schnellen und massenhaften Ausstieg der Anlegerinnen und Anleger und dem Absturz der Kryptokurse dürfte das zum Kollaps von Luna und TerraUSD geführt haben.

Innert kürzester Zeit fiel der Kurs von Luna von 116 USD auf 0 USD. Dabei verloren die Anlegerinnen und Anleger 40 Mrd. USD. Der Stablecoin TerraUSD ist auf weniger als 0,1 USD gefallen. "Nur Kleinstanleger können damit rechnen, einen Teil ihrer Investitionen zurückzuerhalten. Die Anfälligkeit von TerraUSD hat das Vertrauen in den Markt stark beschädigt", erklärt Dwek.

Quelle: FlowBank; Stand: 17.05.2022
Quelle: FlowBank; Stand: 17.05.2022

Tether hält Stabilitätsversprechen

Ein anderer Stablecoin hingegen hat die Turbulenzen bisher relativ gut überstanden: Tether, der grösste und beliebteste Stablecoin, fiel während des Crashs zwar kurzzeitig auf ein Allzeittief von 0,95 USD, erreichte aber rasch wieder einen Wert von 1 USD. "Grund für diese schnelle Erholung war unter anderem, dass Tether versprach, dass die Coins weiterhin zu je 1 USD eingetauscht werden können", erklärt Dwek.

Im Gegensatz zu TerraUSD ist das Vertrauen in Tether grösser, weil seine Vermögenswerte durch bargeldähnliche Instrumente abgesichert sind. Dazu zählen neben US-Staatsschulden auch Unternehmensanleihen. Trotzdem sank die Marktkapitalisierung auf 75 Mrd. USD, nachdem innerhalb von einer Woche mehr als 7 Mrd. USD in Tether verkauft wurden.

Kaufgelegenheit bei Solana und Cardano

Von den Panikverkäufen wurden auch andere Kryptowährungen in Mitleidenschaft gezogen. Es zeigte sich allerdings klar, dass etablierte Coins wie Ethereum und Bitcoin robuster sind als Meme-Coins wie Dogecoin. Bei Letzteren stellt sich die Expertin die Frage, ob diese überhaupt je einen echten Nutzen haben können. Auf jeden Fall müsse mit erhöhter Volatilität gerechnet werden.

Für Anlegerinnen und Anleger mit höherer Risikobereitschaft seien Kryptowährungen wie Solana und Cardano wohl interessanter. Trotz starker Einbussen in den vergangenen Wochen zählen sie weiterhin zu den zehn Kryptowährungen mit der grössten Marktkapitalisierung.

Quelle: Bloomberg, FlowBank; Stand: 17.05.2022
Quelle: Bloomberg, FlowBank; Stand: 17.05.2022

"Es ist jedoch schwierig zu beurteilen, ob Kryptoanlagen einen endgültigen Tiefpunkt erreicht haben. Denn sie haben in diesem Jahr bisher stark mit anderen Risikoanlagen korreliert, weil der Markt wegen des starken Rückgangs von Liquidität mit extrem schwierigen Bedingungen konfrontiert ist", sagt Dwek. Deshalb rät sie risikoaverseren Investoren, auf deutliche Signale zu warten, dass das Schlimmste überstanden ist, bevor sie in den Kryptomarkt einsteigen.

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