Pharma- und Medtechbranche 2018 auf Shoppingtour

Bild: Pixabay
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Nach einem zurückhaltenden 2017 dürften wir in der Pharma- und Medtechbranche 2018 wieder deutlich mehr Übernahmen sehen. Dies zeigt eine aktuelle Studie von Ernst & Young.

14.03.2018, 09:52 Uhr

Redaktion: jod

Die Pharma- und Medtech-Unternehmen haben 2017 vorsichtig abgewartet und sich mit Übernahmen zurückgehalten. Hauptgründe waren zu hohe Preise für mögliche Übernahmekandidaten sowie die politischen Unsicherheiten in den USA allen voran die genaue Ausgestaltung der im Januar in Kraft getretenen US-Steuerreform. Daher ging das M&A-Volumen 2017 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent auf 203 Milliarden US-Dollar zurück.

In dem insgesamt ruhigen M&A-Markt gab der knapp 30 Milliarden US-Dollar teure Kauf des Schweizer Biopharmaunternehmens Actelion durch den US-amerikanischen Konzern Johnson & Johnson den Ton an. Für rund 24 Milliarden US-Dollar schlug der US-Konzern Becton Dickinson zu und kaufte den ebenfalls aus den USA stammenden Medizintechnikhersteller C. R. Bard.

Mit der Zurückhaltung der Branche insgesamt dürfte es im laufenden Jahr allerdings vorbei sein. Die US-Steuerreform ist beschlossen und die Feuerkraft also die Mittel, die Unternehmen für Zukäufe mobilisieren können ist im Vergleich zum Vorjahr um knapp 10 Prozent auf 1,34 Billionen US-Dollar gestiegen. Das ist der dritthöchste Wert seit Bestehen des Reports.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), für die Finanzdaten der grössten Pharma-, Biotech- und Specialty-Pharma-Unternehmen untersucht wurden. Der "Firepower Index" von EY misst die Kaufkraft von Biopharma-Unternehmen bei M&A-Transaktionen auf der Grundlage ihrer Bilanzstärke und Marktkapitalisierung. Die Kaufkraft eines Unternehmens steigt demnach mit seiner zunehmenden Marktkapitalisierung oder einer Zunahme seiner liquiden Mittel bzw. einem Rückgang seiner Verschuldung.

Höheres M&A-Volumen für 2018 erwarten
"Hohe Marktpreise und insbesondere die bevorstehende Steuerreform in den USA haben die Pharmakonzerne 2017 abwarten lassen. Mit dieser Lauerstellung dürfte es 2018 aber vorbei sein", erwartet Jürg Zürcher, Biotech Leader bei EY Schweiz. "Die Pharmaunternehmen werden getrieben von der rasanten technologischen Entwicklung und den sich ebenso rasant verändernden Kundenerwartungen. Gleichzeitig dringen grosse Technologiekonzerne in den Life-Sciences-Markt ein. Die bisher angesammelte Feuerkraft dürften einige Konzerne deshalb für strategische Übernahmen einsetzen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Wir erwarten, dass das M&A-Volumen 2018 wieder deutlich über 200 Milliarden US-Dollar steigen wird."

Auffällig ruhig haben sich 2017 insbesondere die Big-Pharma-Konzerne verhalten. So ging das Deal-Volumen von 143 Milliarden US-Dollar im Vorjahr auf nur noch 71 Milliarden US-Dollar zurück, wobei im Jahr 2017 eine Megafusion wie die immer noch nicht abgeschlossene Übernahme von Monsanto durch Bayer fehlte. Allein diese Übernahme erreichte mit 66 Milliarden US-Dollar fast den Wert aller Big-Pharma-Deals 2017 zusammen. Und auch die Specialty-Pharma-Unternehmen legten im vergangenen Jahr mit Ausgaben im Volumen von 7 Milliarden US-Dollar eine spürbare Pause ein. Weniger investierten sie zuletzt 2009. 2016 kauften sie noch für 44 Milliarden US-Dollar zu.

Volle Kassen für 2018 insbesondere Medtech-Feuerkraft auf Rekordniveau
Die Zurückhaltung im Jahr 2017 hat die Kassen für 2018 wieder etwas gefüllt: Die Branche ist mit ihrer Gesamtfeuerkraft in Höhe von 1,34 Billionen US-Dollar auf grosse Übernahmen oder Fusionen gut vorbereitet. Insbesondere die Medtech-Unternehmen kommen mit etwa 256 Milliarden US-Dollar auf eine höhere Feuerkraft als je zuvor. Lediglich bei den Spezialpharma-Unternehmen ging das Volumen erneut zurück um 24 Prozent auf 26 Milliarden US-Dollar. "Der Kapitalmarkt hat die Medtech-Unternehmen endlich wieder auf dem Schirm", stellt Thomas Gees fest. "Sowohl beim Venture Capital als auch an der Börse hat sich die Finanzierung der Medtechs im vergangenen Jahr deutlich verbessert. Das zeigt das Investorenvertrauen in die Innovationsfähigkeit der Medtechs. Die Spezialpharma-Unternehmen müssen sich offenbar noch erholen. Sie hatten noch 2014 und 2015 im Verhältnis gesehen am meisten in Zukäufe investiert und einen grossen Teil ihrer Feuerkraft aufgebraucht."

Insgesamt könnte die Branche 2018 aber auf grosse Shoppingtour gehen. Bereits im Global Confidence Barometer von EY im Dezember 2017 sagten 60 Prozent der Life-Sciences-Manager, dass sie in den kommenden zwölf Monaten Akquisitionen tätigen wollten. Im April 2017 sagten dies nur 46 Prozent.

Technologiekonzerne setzen Branche unter Druck
Der Druck, sich durch anorganisches Wachstum im Wettbewerb zu behaupten, nimmt zudem zu. Technologieriesen wie Amazon, Apple, Samsung oder die Google-Mutter Alphabet dringen inzwischen ebenfalls in den Life-Sciences-Markt ein und bringen riesige Mengen an Kapital mit. Allein die sieben grössten Technologiekonzerne kommen mit annähernd 1,7 Billionen US-Dollar auf mehr Feuerkraft als die 65 grössten Life-Sciences-Unternehmen zusammen.

"Das Geld für Fusionen und Übernahmen ist da und der Wille auch", stellt Jürg Zürcher fest. "Auf dem wichtigen Pharmamarkt USA stimmen nach der in Kraft getretenen Steuerreform die Rahmenbedingungen wieder. Und der Druck durch die Technologieunternehmen, die immer stärker auf den insgesamt hoch fragmentierten Life-Sciences-Markt drängen, nimmt zu."

Zudem sei die rasante technologische Entwicklung ein wichtiger Treiber für die M&A-Aktivitäten. "Es reicht heutzutage nicht mehr, nur ein gutes Produkt zu haben. Das Sammeln und Auswerten von grossen Datenmengen sowie das Internet der Dinge verändern die gesamte Wertschöpfung und genau hier treten neue Konkurrenten wie Amazon oder Alphabet auf den Plan. Je mehr Daten, desto besser deswegen ist Grösse auch so wichtig. Über Zukäufe oder Joint Ventures müssen die Pharmakonzerne künftig Gesundheitsplattformen aufbauen, die sich auf den Kunden fokussieren. Am Ende können davon alle profitieren: Die Unternehmen erschliessen sich neue Umsatzquellen und sparen durch eine bessere Datenlage Geld. Die Patienten erhalten effektivere und individueller auf sie zugeschnittene Produkte", so Jürg Zürcher abschliessend.

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