Keine Inflation trotz steigender Geldmenge

Führt die weltweit rasant wachsende Geldmenge zu einem ebenso sprunghaften Inflationsanstieg? (Bild: Shutterstock.com/phanurak rubpol)
Führt die weltweit rasant wachsende Geldmenge zu einem ebenso sprunghaften Inflationsanstieg? (Bild: Shutterstock.com/phanurak rubpol)

Rund um den Globus steigt aktuell die Geldmenge. Theoretisch sollte dies zu steigender Inflation führen. Zumindest auf kurze Sicht sehen die Experten der DWS aber keine Anzeichen dafür.

06.09.2020, 06:00 Uhr

Redaktion: alm

In den vergangenen Monaten ist so manche bis dahin kaum vorstellbare Entwicklung eingetreten. Wir wurden Zeuge eines beispiellosen Einbruchs der Wirtschaftstätigkeit. Genauso beispiellos waren aber auch die Rettungspakete von Geld- wie Fiskalpolitik, um die Folgen der Rezession abzufedern. Angesichts der unter grossem Druck entwickelten und implementierten Massnahmen stellt sich für die Experten der DWS nun die Frage, ob die hastig umgesetzten Massnahmen nicht unerwünschte Nebenwirkungen entwickeln könnten.

Auf einen monetären Indikator hat der Vermögensverwalter seit Ausbruch der Krise ein besonderes Auge geworfen: Das Wachstum der Geldmenge. "In den USA, in der Eurozone, im Vereinigten Königreich, in China – ja, so gut wie überall – kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Geldmengenaggregate", begründet die DWS. Bei Monetaristen lässt diese Entwicklung die Alarmglocken läuten: Ist das ein Vorbote für einen ebenso sprunghaften Inflationsanstieg? Besteht gar ein Zusammenhang zwischen dem starken Geldmengenwachstum und den anziehenden Inflationserwartungen, wie man sie aus der Bewertung von inflationsindexierten Anleihen ablesen kann?

Um diese Fragen zu beantworten hat die DWS im aktuellen "Chart of the week" das Geldmengenwachstum (M3) der Inflation gegenübergestellt – und festgestellt, dass ein aus theoretischen Modellen abgeleiteter Zusammenhang auch in der Praxis nachgewiesen werden kann. Der aktuelle Geldmengenanstieg würde eine (Kern-)Inflationsrate von rund 1,5% nahelegen. Der statistische Zusammenhang zwischen den beiden Konstrukten sei aber alles andere als perfekt.

Geldmenge vs. Inflation

Quellen: Europäische Zentralbank, Eurostat, DWS Investment GmbH; Stand: 02.09.2020
Quellen: Europäische Zentralbank, Eurostat, DWS Investment GmbH; Stand: 02.09.2020

"Hauptverantwortlich für den aktuellen Anstieg der Geldmenge dürfte einerseits die Kassenhaltung der öffentlichen Hand sein, die den zu erwartenden Steuerausfall durch verstärkte frühzeitige Kreditaufnahme kompensiert hat", erklärt die DWS. Auch der Unternehmenssektor habe sich noch reichlich mit Liquidität eingedeckt, nicht zuletzt mithilfe staatlich garantierter Kredite, die Teil der Rettungsmassnahmen waren. Und schliesslich sei auch die Emissionstätigkeit bei Unternehmensanleihen auf Rekordhöhen gestiegen.

Keine grosse Inflationsgefahr

Dem steht jedoch eine immer noch hoch fragile Wirtschaftslage gegenüber – Millionen von Arbeitnehmenden befinden sich nach wie vor in Kurzarbeit. Angesichts der angespannten Lage am Arbeitsmarkt weltweit rechnet die DWS nicht mit aggressiven Lohnforderungen. Die schwache Nachfrage sowie die drastische Unterauslastung der Kapazitäten würden ebenfalls nicht für ein schnelles Anziehen der Inflationsraten sprechen. In Deutschland konnte sogar beobachtet werden, wie die Senkung der Mehrwertsteuer die Inflationsrate in den negativen Bereich abgleiten liess.

"Insofern sehen wir aktuell keine grossen Inflationsgefahren", folgert die DWS. Längerfristig seien jedoch Entwicklungen erkennbar, die sich in ein paar Jahren durchaus in höheren Inflationsraten niederschlagen könnten. Allerdings gehe dies deutlich über den normalen zeitlichen Vorlauf der Geldmengenentwicklung hinaus.

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