Invertierte US-Zinskurve als zuverlässiger Indikator für Rezessionen

Jede Rezession in den USA in den letzten sechzig Jahren wurde durch eine invertierte Zinskurve vorausgesagt. (Bild: Shutterstock.com)
Jede Rezession in den USA in den letzten sechzig Jahren wurde durch eine invertierte Zinskurve vorausgesagt. (Bild: Shutterstock.com)

Die US-Zinskurve hat erneut die Rezession richtig vorhergesagt, als sie vor einem Jahr invertierte. Das aktuelle "Chart of the week" der DWS zeigt, dass seit 1955 jeder US-Rezession eine invertierte Zinskurve vorausgegangen ist. Jetzt werde die Kurve wieder steiler. Die DWS-Experten erklären, welche Bedeutung das hat.

13.06.2020, 07:00 Uhr

Redaktion: maw

Der S&P 500 hat seine Jahresverluste weitgehend wieder aufgeholt, seit rund drei Wochen laufen Substanzwerte besser als Wachstumswerte und auf den Strassen stauen sich die Autos wieder. Konjunkturerholung liege also in der Luft, kommentieren die Experten von DWS die aktuelle Marktsituation. Doch wird diese Einschätzung von der Königin aller Frühindikatoren – der Zinskurve – bestätigt? Als im August letzten Jahres zehnjährige US-Staatsanleihen niedriger rentierten als zweijährige, die Zinskurve also invertierte und ins Minus rutschte, war die Aufregung gross. War doch jeder der neun US-Rezessionen seit 1955 eine invertierte Zinskurve vorausgegangen. Wie das DWS "Chart of the week" zeigt, hat es nun, beim zehnten Mal, auch geklappt: Am Montag rief das National Bureau of Economic Research offiziell das Ende des US-Aufschwungs per Februar 2020 aus.

US-Zinskurve (10-jährige vs. 2-jährige US-Staatsanleihen)

Quellen: Federal Reserve Bank of St. Louis, NBER the National Bureau of Economic Research, DWS Investment GmbH; Stand: 05.06.2020
Quellen: Federal Reserve Bank of St. Louis, NBER the National Bureau of Economic Research, DWS Investment GmbH; Stand: 05.06.2020

Alles nur Zufall, werden manche einwenden, denn die Coronavirus-Pandemie konnte im vergangenen Sommer ja keiner vorhersehen. Allerdings war der globale Aufschwung schon länger etwas blutleer. Der DWS-Rezessionsindikator zeigte bereits Anfang 2020 eine Wahrscheinlichkeit von rund 50% an. Anders gesagt, lag eine Rezession in den USA teilweise in der Luft und das Coronavirus war nur einer von vielen möglichen Auslösern.

Ausserdem haben Experten schon länger vor solch einer Pandemie gewarnt, wenn der Aktienmarkt sich auch – etwas verspätet, aber dafür umso heftiger – ab Mitte Februar überrascht zeigte. Solche Reaktionsmuster seien übrigens einer der Gründe, warum sich invertierte Zinskurven so grosser Beliebtheit als Rezessionsindikator erfreuen. Sie waren auch in der Vergangenheit tendenziell zuverlässiger als die Stimmungsschwankungen an den Aktienmärkten.

Wenn die Prognose eines Rezessionseintritts durch die Zinskurve also kein reiner Glückstreffer war, so fragen sich die Experten von DWS, könne man sich dann auch an ihr zur Prognose des Rezessionsendes orientieren? Dann könnte die Rezession noch einige Monate andauern. Doch erstens sei weniger als ein Dutzend Beobachtungen etwas dünn, um daraus zeitliche Vorhersagen abzuleiten. Zweitens sei die – globale – Reaktion auf die Rezession in Form staatlicher Hilfspakete von bisher nie dagewesener Dimension. Und drittens bauen auch die Zentralbanken Qualität und Quantität ihrer Interventionen aus – ob Negativzinsen, Kreditgarantien oder Anleihekäufe.

Als Ultima Ratio – von Japan bereits vollzogen, von der US Federal Reserve (Fed) derzeit diskutiert – winke die sogenannte "Yield-Curve Control" (Kontrolle der Zinskurve). Wenn die Zentralbanken sich zum Ziel setzen, den Grossteil der Zinskurve direkt zu kontrollieren, werde der Anleihemarkt seiner Preisfindungsfunktion beraubt. Und damit jenem Mechanismus, der der effizienten Allokation knapper Ressourcen auf die vielversprechendsten Anlagen ermöglichen soll. "Allerdings sei Geld ja ohnehin keine knappe Ressource mehr", so DWS.

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