14.11.2024, 15:34 Uhr
Sven Württemberger ist zum neuen CEO der DWS Schweiz berufen worden. Zuletzt war er als Head of Client Coverage Division Schweiz für den Vertrieb verantwortlich. Württemberger ist seit 2017 für den deutschen...
Der Ölpreis scheint die langfristigen Inflationserwartungen des Anleihenmarktes derzeit besonders stark zu beeinflussen. Das aktuelle "Chart of the week" von DWS bietet Erklärungsansätze dafür.
Inflationsprognosen waren schon immer ein heikles Geschäft. Selten jedoch schien die Sache schwieriger als nach einer Jahrhundert-Pandemie, durch die der Warenkorb von Gütern und Dienstleistungen, die gekauft werden, derart plötzlich verzerrt wurde. "Umso bemerkenswerter ist es, dass eine bestimmte Methode zur Vorhersage längerfristiger Inflationserwartungen die Covid-Krise überraschend gut überstanden hat", sagen die Experten von DWS.
Das aktuelle "Chart of the week" zeigt den Spotpreis für Öl im Vergleich zu den Breakeven-Inflationsraten, abgeleitet von 10-jährigen Bundesanleihen. Die hohe Korrelation zwischen den beiden – und ähnlichen Kennzahlen für US-Treasuries – begeistere Marktpraktiker schon seit langem. Dabei gebe es kaum eindeutige Gründe, warum der heutige Ölpreis für die langfristigen Inflationserwartungen an den Anleihemärkten eine so grosse Rolle spielen sollte.
Die Energiepreise spiegeln sich kontinuierlich in Verbraucherpreisindizes (VPI) wider. Tatsächlich waren die stark gestiegenen Öl- und Rohstoffpreise zusammen mit breiteren Unterbrechungen der Lieferkette die Hauptgründe für die jüngsten Inflationsspitzen. Aber die hohen Werte von heute seien die Basiseffekte des nächsten Jahres. Dies scheine besonders relevant für einen Rohstoff, der so anfällig für "Boom-und-Bust-Zyklen" (Berg- und Talzyklen) wie Öl sei. "Man könnte auch erwarten, dass die Dekarbonisierung die Korrelation verringert. Stattdessen hat sie sich seit Beginn der Pandemie verstärkt", so DWS.
Die Experten von DWS listen hierzu sich ergänzende Erklärungen auf. Das Chart unten zeige, dass der jüngste Anstieg der Breakeven-Inflationsraten sogar den des Ölpreises übertroffen hat. "In der Praxis dauert es manchmal eine Weile, bis die Erwartungen neue Realitäten widerspiegeln", betont Frank Engels, Global Head of Fixed Income bei DWS. "Je länger und stärker der Anstieg der Energiepreise, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er die Erwartungen verschiebt."
Das gelte nicht nur für Anleihemarktteilnehmer, sondern auch für Gewerkschaften, die Lohnforderungen stellen oder Unternehmen, die ihre Preisstrategien überdenken. Solche Zweitrundeneffekte erscheinen nach dem spektakulären Anstieg der Energiepreise in den letzten 18 Monaten zunehmend plausibel. Und schliesslich könnte gerade die Tatsache, dass so viel anderes unsicher erscheint, einige Marktpraktiker dazu veranlasst haben, sich noch stärker als üblich auf ein bewährtes Werkzeug zu verlassen. "Ob dies theoretisch nun sinnvoll ist oder nicht, darüber lässt sich streiten", meinen die Experten von DWS abschliessend.