Japan – eine Ära der Stabilität geht zu Ende

Wie geht es weiter mit Japans Wirtschaft nach Shinzo Abes Rücktritt als Premierminister? (Bild: Shutterstock.com/Alexandros Michailidis)
Wie geht es weiter mit Japans Wirtschaft nach Shinzo Abes Rücktritt als Premierminister? (Bild: Shutterstock.com/Alexandros Michailidis)

Mit dem Rücktritt des Premierministers Shinzo Abe geht eine Ära der Stabilität in Japan zu Ende, die von einer Wiederbelebung des Unternehmenssektors und der Wirtschaft als Ganzes geprägt war. Damit könnte sich auch Abes geld- und fiskalpolitisches Programm dem Ende zuneigen.

02.09.2020, 15:13 Uhr

Redaktion: rem

Mit dem Rücktritt des Premierministers Shinzo Abe aufgrund gesundheitlicher Probleme geht eine Ära der Stabilität in Japan zu Ende, die siebeneinhalb Jahre andauerte und von einer Wiederbelebung des Unternehmenssektors und der Wirtschaft als Ganzes geprägt war. "Angesichts der Unsicherheiten in Bezug auf die künftige politische Ausrichtung besteht die Sorge, dass 'Abenomics' – das während der Amtszeit Abes verfolgte, charakteristische geld- und fiskalpolitische Programm – sich schon bald dem Ende zuneigen könnte", sagt Kwok Chern-Yeh, Head of Japanese Equities bei Aberdeen Standard Investments. Der Aktienmarkt gab infolge der Meldungen zum Rücktritt nach, und der Yen wertete auf.

Es wird mit einem raschen Führungswechsel gerechnet, und das nächste Staatsoberhaupt wird bis zum offiziellen Ende von Abes Amtszeit im September 2021 die Regierungsgeschäfte übernehmen. Innerhalb der Regierungspartei steht jedoch kein klarer Nachfolger für Abe fest, obschon eine Reihe von Kandidaten dafür infrage kommt. Mindestens einer der aussichtsreichsten Kandidaten hat von Abes Politik abweichende Ansichten geäussert, was zur Sorge beiträgt, dass Letztere wieder rückgängig gemacht werden könnte. Die Amtszeit des Gouverneurs der Bank of Japan, Haruhiko Kuroda, endet indes erst im April 2023.

Bewusstsein für Aktionärsinteressen geschärft

"Blickt man auf die wichtigen, von Abe durchgeführten Reformen zurück, stellt die Förderung der Corporate Governance die bedeutendste Initiative für japanische Aktienanleger dar", so Abe. Die Umsetzung der allerersten Corporate-Governance- und Stewardship-Standards in Japan habe unter den Unternehmen deutlich das Bewusstsein für die Interessen der Aktionäre geschärft. Die Strukturen, die zu diesem Wandel beigetragen hätten, dürften weder rasch noch ohne Weiteres aufgelöst werden.

"Wir gehen davon aus, dass sich der Rücktritt Abes nur begrenzt auf die Fundamentaldaten unserer Engagements auswirken wird. Tatsache ist, dass eine wachsende Zahl japanischer Unternehmen nun weniger stark von politischen Entscheidungen zur Binnenwirtschaft betroffen ist, denn viele von ihnen haben ihren Blick auf der Suche nach Wachstum auf das Ausland gerichtet und ihre Geschäftstätigkeit weg von einem zunehmend gesättigten Heimatmarkt diversifiziert", stellt Kwok Chern-Yeh. Von grösserer Bedeutung für die Aktienerträge in Japan seien die Verfassung der Weltwirtschaft, die Fähigkeit der Unternehmen, Risiken und Chancen ihrer Aktivitäten in ein Gleichgewicht zu bringen, sowie die Nachhaltigkeit der Governance-Verbesserungen. Darüber hinaus hätten sich diese Unternehmen selbst in den von höherer Unsicherheit geprägten Zeiten vor der Amtszeit Abes gut behauptet, und ihr Ausblick hänge nicht von einer günstigen Innenpolitik oder Regulierung ab. "Unsere Engagements weisen auf mittlere bis lange Sicht weiterhin gutes Potenzial auf", so Kwok Chern-Yeh.

Anleihemarkt von Bank of Japan und dem Finanzministerium kontrolliert

Zu den Aussichten für die Bank of Japan und den neuen Premierminister meint Paul Brain, Head of Fixed Income bei Newton Investment Management und Portfolio Manager des BNY Mellon Global Dynamic Bond Fund, es sei wichtig, dass in der Bank von Japan in Zukunft eine gewisse Stabilität gewahrt werde, denn deren Geldpolitik und der Kauf von japanischen Staatsanleihen waren in den letzten fünf oder sechs Jahren einer der Eckpfeiler der Politik Japans. Für jeden neuen Premierminister werde sich die Frage stellen, ob in Bezug auf staatliche Anreize mehr getan werden könne. Fiskalpolitik und Steuerpolitik würden auf den Märkten mit grosser Spannung erwartet. Mit Blick auf den japanischen Anleihemarkt sagt Brain, dass die Anleger keine grösseren Veränderungen erwarten sollten, da der Markt von der Bank of Japan und dem Finanzministerium kontrolliert werde – und wahrscheinlich auch weiterhin kontrolliert bleiben werde.

In Bezug auf den japanischen Yen denkt der Portfolio Manager, dieser könnte durch die politische Unsicherheit untergraben werden. Da der US-Dollar aufgrund der anhaltend lockeren Geldpolitik weiterhin schwach bleibe, könnte der Yen gegenüber dem US-Dollar nicht allzu sehr fallen, aber andere Währungen wie der Euro und rohstoffbasierte Währungen könnten besser abschneiden.

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