"Future 2024": Zwei Megatrends gestalten die Investmentwelt neu

Der Megatrend "Künstliche Intelligenz" hat grosses Disruptionspotenzial. (Bild: shutterstock.com)
Der Megatrend "Künstliche Intelligenz" hat grosses Disruptionspotenzial. (Bild: shutterstock.com)

Künstliche Intelligenz ist in der Lage, technologisch jede Industrie umzuwälzen. Ein anderer Megatrend erwächst durch den Klimawandel. BNY Mellon Investment Management zeigt in der Studie "Future 2024" auf, wie diese Megatrends auch die Investmentwelt verändern.

25.10.2019, 05:00 Uhr

Autor: René Maier

Künstliche Intelligenz (KI) und Klimawandel, die zwei "Supertanker-Trends", wie sie in der Studie "Future 2024" genannt werden, sind in der Lage, die Finanzmärkte zu transformieren. KI hat demnach das Potenzial, alle Aspekte unseres Lebens neu zu definieren: So etwa die Kommunikation, die sozialen Prozesse, die Mobilität und die Arbeit. KI wird automatisierte Prozesse vernetzen und traditionelle Branchengrenzen aufheben. Ähnlich umfassend werden auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die globale Gesellschaft sein: Als Reaktion darauf sehen immer mehr Menschen und Organisationen auf der ganzen Welt die Notwendigkeit, ihre CO2-Bilanz zu verbessern und weitere Massnahmen zu treffen, die die Erderwärmung stoppen können. Wie sollen Investoren auf diese Megatrends reagieren?

Wie Matt Oomen, Global Head of Distribution, BNY Mellon Investment Management, feststellt, erleben wir bereits jetzt einen Wandel in der Funktionsweise der Märkte als Reaktion auf den Klimawandel und KI. Die Vermögensverwaltung stehe inmitten einer tiefgreifenden Entwicklung – nicht nur in der Art und Weise, wie sie ihr Geschäft betreibe, sondern auch wie sie sich definiere und über ihre eigene Rolle in der Welt nachdenke. Oomen: "Während sich dieser Paradigmenwechsel durch unsere Branche zieht, glaube ich, dass diese beiden 'Supertanker'-Trends die entscheidende Herausforderung nicht nur für die aktuelle Generation der Vermögensverwalter, sondern auch für die kommenden Generationen sein werden."

Für die von Create-Research im Auftrag von BNY Mellon Investment Management durchgeführte Studie wurden 45 CIOs, Anlagestrategen sowie Portfolio Manager und Vermögensverwalter in 16 Ländern interviewt. Sie wurden gefragt, wie sie künstliche Intelligenz und Klimawandel im Hinblick auf ihre zukünftigen Chancen und Risiken wahrnehmen, welche spezifischen Anlagethemen sich daraus ergeben, wie sich dabei die Ansätze der Asset Allocation verändern und wie die Vermögensverwaltungsbranche im Zeitalter dieser Megatrends neu gestaltet wird.

Künstliche Intelligenz: Herausforderungen für Investoren

KI wird allgemein als Grundlage für die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) gefeiert. Als allumfassende Technologie ist sie in der Lage, fast jede Aktivität in der Wertschöpfungskette aller Branchen einer modernen Wirtschaft zu durchdringen. Das Elektroauto, das autonom fahren kann, ist eines der sichtbarsten Produkte, das aber erst am Anfang seiner technologischen Entwicklung steht. Ein weiterer Bereich ist das Aufkommen superschneller 5G-Wireless-Netzwerke, die über die Mobilität hinaus Anwendungen für bahnbrechende Dienstleistungen wie etwa die Fernchirurgie ermöglichen, bei der Roboter präzise und latenzfrei Fernanweisungen ausführen.

Trotz dieser und anderer beeindruckender Fortschritte äusserten die Interviewteilnehmer der Studie auch Bedenken: 52% sahen KI als "Risiko und Chance", 33% nur als "Risiko". Diejenigen, die KI nur als "Risiko" wahrnehmen, zeigten sich besorgt über die gesellschaftlichen Auswirkungen, insbesondere auf die Arbeitsplätze. Beide Gruppen waren sich jedoch in zwei Punkten einig: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis KI unser Leben mitbestimmen wird.

So oder so, KI führt zu vier investitionsspezifischen Herausforderungen: Erstens werden die Lebenszyklen von Unternehmen immer kürzer, denn KI schafft Gewinner und Verlierer. Zweitens werden die sektoralen Grenzen verschwimmen, da die KI ein ganzes Produkt neu konfiguriert, wie etwa das Beispiel Tesla zeigt, das von der Batterie-Technologie über die Elektromobilität bis hin zum autonomen Fahren – wo wiederum 5G-Netzwerke gefragt sind – mehrere Technologie- und Industriesektoren umfasst. Drittens wird das Onshoring der Fertigungsaktivitäten die Zukunftsaussichten der Schwellenländer beeinträchtigen, hier ist der 3D-Druck ein Stichwort. Und schliesslich wird KI den immateriellen Wert von Unternehmen auf eine Weise steigern, die schwer zu messen ist, wie das Beispiel Apple zeigt, dessen immaterieller Wert in letzter Zeit weit über seine Finanzkraft hinausgestiegen ist.

Anlagespezifische Implikationen des Klimawandels

Unternehmen sind durch die globale Erwärmung existenziellen Bedrohungen ausgesetzt. Sie sind allgegenwärtig und betreffen das physische, soziale, geopolitische, technologische und wirtschaftliche Gefüge des Planeten. Aus Investorensicht sehen 57% der Interviewteilnehmer den Klimawandel als "Risiko und Chance", während 36% ihn nur als "Risiko" ansehen.

Alle Befragten sind sich einig, dass ESG (Umwelt, Soziales, Governance)-Investitionen zwar einfach erscheinen, aber nicht einfach sind. So fehlen derzeit Vorlagen mit konsistenten Definitionen und zuverlässigen Datensätzen, die eine robuste statistische Modellierung von Anlageportfolios ermöglichen. Hervorgehoben wird von den Investoren auch die Herausforderung, einen direkten Zusammenhang zwischen Klimawandel und Anlageerträgen herzustellen. Schliesslich betonen sie, dass die Technologien der erneuerbaren Energien weltweit noch nicht weit genug fortgeschritten seien, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein stark zu verringern. Darüber hinaus ist die Preisgestaltung für CO2-Emissionen, die im Rahmen des Pariser Abkommens vorgesehen ist, alles andere als klar.

Schwierig einzuschätzen für Investoren sind auch sogenannte gestrandete Vermögenswerte, die mit der Transformation durch den Klimawandel einhergehen – zum Beispiel Kohle und Öl, die im Boden zurückgelassen werden oder Küstenimmobilien, die einem steigenden Meeresspiegel ausgesetzt sind. Sie könnten vor ihrer erwarteten wirtschaftlichen Lebensdauer erhebliche Wertverluste erleiden. Zum Beispiel gibt es 1,1 Billionen Tonnen nachgewiesene Kohlereserven weltweit, das entspricht 150 Jahren bei aktuellen Produktionsraten. Die Investoren haben die Wahl, ihre Anlagerisiken jetzt oder später zu potenziell höheren Kosten zu mindern.

Private Märkte werden begünstigt

Nach der Finanzkrise 2008 intensivierte sich die Suche nach unkorrelierten absoluten Renditen. Dadurch wurden zunehmend alternative Anlagen nachgefragt: Ihr Anteil in den Portfolios stieg von 15% im Jahr 2007 auf 25% im Jahr 2017, wie aus der Willis Towers Watsons Studie 2018 über globale Pensionsvermögen hervorgeht. In der Studie "Future 2024" variiert die Allokation der Befragten in Alternatives derzeit zwischen 19% und 31%. Um die Risikoprämien der KI zu nutzen, werden sie in "intelligente Gebäude" investieren, die KI und erneuerbare Energien kombinieren.

Sie werden auch in Private Dept investieren, um Start-ups zu unterstützen. Und schliesslich werden sie weiterhin in Private Equity anlegen, um die von der KI getriebene Umstrukturierung von Unternehmen zu nutzen. Die Investoren sind überzeugt, dass die höchste Rendite von Aktienanlagen heute am besten entweder über Seed-Finanzierungen im Frühstadium oder über private Märkte, aber nicht über öffentliche Märkte, realisiert werden kann. Die Studienautoren kommen zum Schluss, dass künftige Allokationen und die Neuausrichtung der Portfolios die privaten Märkte stärker begünstigen werden als die öffentlichen.

Passive Fonds weiter im Vormarsch

Weiter ist gemäss der Studie "Future 2024" eine der mit Abstand grössten Veränderungen in der vergangenen Dekade die klare Trennung von Alpha (Teil der Rendite, der nicht mit der allgemeinen Marktentwicklung zu erklären ist) und Beta (Benchmark). Diese Entwicklung wurde durch das rasante Wachstum passiver Fonds wie etwa ETFs (Exchange Traded Funds) vorangetrieben. Passive Fonds machen zwischen 20 bis 40% der Portfolios der Interviewteilnehmer der Studie aus. Weltweit sind heute mindestens ein Drittel des gesamten Pensionsvermögens in solchen Vehikeln angelegt – in den letzten zehn Jahren hat eine Verdoppelung stattgefunden. Es wird erwartet, dass der Anteil passiver Anlagen im nächsten Jahrzehnt weiter steigen wird. Dabei sind unter anderem die Gebühren ein ausschlaggebender Faktor.

Vier Asset-Management-Modelle der Zukunft

Die "Future 2024"-Studienautoren weisen auf eine von der Boston Consulting Group veröffentlichte Analyse hin, die zeigt, dass sich vier erfolgreiche Vermögensverwaltungsmodelle entwickeln, welche die Anlagelandschaft im nächsten Jahrzehnt dominieren werden:

"Alpha Shop": Verfügt über umfangreiche Investitionsmöglichkeiten, basierend auf fundierter Investment-Expertise, über eine langjährige nachgewiesene Erfolgsbilanz und starke Interessenausrichtung auf die Kunden. Alpha Shop ist darauf ausgerichtet, langfristige Investoren anzuziehen.

"Solution Provider": Umfasst ganzheitliche Finanzplanung, Multi-Asset-Know-how und massgeschneiderte Produkte; das Modell baut auf strategische Allianzen mit den Best-of-Breed-Produkt-Anbietern in unterschiedlichen Bereichen wie Versicherungs-, Hypotheken- und Software-Dienstleistungen. Es sieht auch eine Konvergenz zwischen ESG-Investitionen und "Solution investing" vor. In diesem Modell wird die Blockchain-Technologie umfassend genutzt, um eine breite Anwendung zu ermöglichen.

"Beta Factory": Umfasst kostengünstige indexierte Fonds und intelligente Beta- und faktorbasierte Fonds. Beta-Fabriken übernehmen eine starke Führungsrolle. Der Preis wird nicht mehr ihr Hauptaugenmerk im Wettbewerb sein. Sie werden auch danach beurteilt, wie stark sie auf die ESG-Ansprüche ihrer Kunden ausgerichtet sind.

"Distribution Powerhouse": Umfasst eine Reihe guter Produkte, bietet Zugang zu den gängigen Vertriebskanälen und baut auf gutem Beziehungsmanagement von Vermögensverwaltern auf.

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