25.01.2023, 13:59 Uhr
BNY Mellon Investment Management legt den neuen Responsible Horizons Emerging Markets Debt Impact Fund auf. Der Fonds erfüllt die Anforderungen von Artikel 9 der EU-Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger...
Ende letzter Woche hat die EZB überraschend ein weiteres Lockerungspaket bekanntgegeben. Sie senkte ihre drei Leitzinsen um jeweils 10 Basispunkte, kündigte Details zum ABS-Ankaufsprogramm an, sowie ein neues Covered-Bond-Programm. Zur Enttäuschung einiger MarktÂteilnehmer, die darauf spekuliert hatten, kündigte Präsident Draghi kein Quantitative Easing (QE) in Form von Staatsanleihekäufen an.
Meriten glaubt aber, dass die Massnahmen, die am 4. September und am 5. Juni angekündigt wurden, durchaus das Potenzial haben, die wichtigsten EZB-Ziele zu erreichen, nämlich durch wirksame Ausdehnung der EZB-Bilanz die Kreditvergabekapazität des Bankensektors anzukurÂbeln, damit die Realwirtschaft zu stützen und ein weiteres Abgleiten der Inflationserwartungen zu verhindern. Sollten wir Recht behalten, könnten die heutigen Entscheidungen die letzten geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen in diesem Zyklus gewesen sein.
Die EZB-Beschlüsse
- Die EZB senkt ihre drei Leitzinsen um je 10 Basispunkte. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt nun bei 0,05% (natürlich ein neues Rekordtief!), und der Einlagensatz bei -0,2%.
- Der EZB-Rat beschloss formell die Einführung des ABS-Ankauf-Programms, das nach der Juni-Sitzung angekündigt worden war. Details hierzu werden am 2. Oktober bekanntgegeben.
- Schliesslich, und ebenso unerwartet, kündigte Mario Draghi ein neues (das dritte) Kaufprogramm für Covered Bonds an.
Die Motivation der EZB
- Technisch ist oberstes Ziel der EZB, die Kreditvergabe der Banken an die Realwirtschaft zu stärken, insbesondere, da die Konjunktur sich zuletzt, nicht nur wegen der Ukraine-Krise, wieder abgekühlt hatte. Dies soll durch Entlastung der Bilanzen der Geschäftsbanken, zusätzliche Liquiditätsbereitstellung und Verlängerung der Bilanz der EZB erreicht werden.
- Die EZB ist extrem besorgt über den Zustand der Wirtschaft des Euroraums. Die ohnehin fragile und durch Kreditschrumpfung belastete Konjunkturerholung hat durch die Krise in der Ukraine einen erneuten Dämpfer erhalten. Es besteht die Gefahr, dass dieser negative externe Impuls auch binnenwirtschaftliche Bremsspuren hinterlässt, wenn zum Beispiel Unternehmen Investitions- oder Einstellungsentscheidungen verschieben oder ganz aussetzen.
- Darüber hinaus ist die EZB, wie seit längerem bekannt ist, darüber beunruhigt, dass die Inflation im Euroraum deutlich unter dem Zielwert von knapp unter zwei Prozent liegt und bis dato weiter fällt. Mario Draghi sieht insbesondere die Gefahr, dass die mittelfristigen Inflationserwartungen ihre Verankerung verlieren könnten, wenn diese Phase niedriger Inflation zu lange andauert. Insofern zielen die heutigen EZB-Entscheidungen wohl auch auf auf eine Wiederverankerung der Inflationserwartungen, bzw. eine Reflationierung der Wirtschaft des Euroraums.
- Schliesslich, und dieser Aspekt ist allein unsere Interpretation, nicht Teil von Herrn Draghis Kommentaren heute, muss es ernsthafte Besorgnis bei der EZB geben, dass eine Kombination aus schwachem realem Wachstum und sinkender Inflation, d. h. außergewöhnlich niedrigem nominalem BIP-Wachstum, die öffentliche Schuldentragfähigkeit untergraben könnte.
Interpretation und Ausblick
- Die jüngsten Entscheidungen untermauern den Eindruck, dass die EZB über den Zustand der Wirtschaft des Euroraums außergewöhnlich besorgt ist. Sie ist deshalb bereit, wirklich alles tun, was sie kann (nicht notwendigerweise "alles, was notwendig ist", wie in der berühmten Rede von Herrn Draghi vor zwei Jahren), um ihren maximalen Beitrag zur Gesundung der Konjunktur und zur Verhinderung von deflationären Tendenzen zu liefern.
- Was die Zinsen angeht, so ist gemäss Mario Draghi nun die untere Schranke erreicht. Er schloss heute eine weitere Senkung de facto aus. Jede weitere monetäre Unterstützung kann somit nur durch quantitative Maßnahmen erfolgen, die die EZB-Bilanz verlängern und damit die Liquiditätsbereitstellung für die Banken erhöhen.
- Die Kombination von TLTROs, ABS- und Covered-Bond-Käufen, die nun in den kommenden Monaten wirksam werden wird, bewegt sich bereits weit in dieses neue Terrain. Allerdings dürften einige Beobachter enttäuscht sein, dass Draghi nun keine quantitative Lockerung (QE) in Form von Staatsanleihekäufen ankündigte, die eine noch stärkere Wirkung auf die EZB-Bilanz entfalten könnte.
- Wir glauben aber, dass die angekündigten Massnahmen bereits sehr wirkungsvoll sein werden. TLTROs und ABS-Käufe werden zwar teils andere Refinanzierungsgeschäfte verdrängen, die Liquiditätsbereitstellung für Banken aber per Saldo weiter erhöhen und ihre Bilanzen entlasten. In diesem Fall dürfte sich die Kreditvergabekapazität des Finanzsektors erhöhen.
- Allerdings braucht es mehr, um die tatsächliche Kreditvergabe an die Realwirtschaft und damit das Wachstum anzukurbeln. An dieser Stelle war Draghi erneut sehr klar: Er erwartet, dass mehr angebotsseitige Reformen in den Euro-Krisenländern erfolgen, die "Restrukturierungskosten" in Form von temporär niedrigere Wachstums auslösen. Als Kompensation sollen seiner Meinung nach die Euro-Länder, die es sich leisten können, ihren fiskalischen Spielraum nutzen, um Wachstum zu stimulieren. Zusammenfassend wiederholte Draghi sein Werben für einen Mix aus Strukturreformen, fiskal- und geldpolitischen Impulsen, die von allen beteiligten Institutionen gleichzeitig bereitgestellt werden sollen.
- Angesichts der jüngsten Signale aus Paris und Rom scheint es tatsächlich eine gewisse Bewegung in Richtung Strukturreformen in den grössten Problemländern zu geben. Die EZB hat nun angekündigt, ihren Beitrag zu liefern.
- Bleibt die Frage, ob die finanziell gesünderen Euro-Ländern bereit sind, das Paket zu unterstützen, z. B. durch Ausgabenerhöhungen oder Steuersenkungen. Hier dürfen Zweifel angemeldet werden, zumal der deutsche Finanzminister sich gerade dieser Tage wieder zum Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2015 bekannt hat. Allerdings gibt es im Wirtschaftsministerium offensichtlich Überlegungen, ein Paket zur Investitionsförderung zu schnüren. Und angesichts des hohen Beschäftigungsstandes steigen in Deutschland auch die Löhne wieder. Insofern glauben wir, dass Deutschland durchaus einen konstruktiven Beitrag zum Paket leisten wird, wenn auch weniger umfangreich als manche Partner es sich wünschen würden.
Was kommt als nächstes von der EZB?
- Die am 5. Juni und 4. September angekündigten Massnahmen sind vielfältig und komplex, wie es Herr Draghi formulierte. Meriten glaubt, dass sie eine gute Chance haben, die Inflationserwartungen zu stabilisieren und die Kreditvergabekapazität der Banken zu verbessern. Außerdem haben sie bereits und werden vermutlich auch weiterhin zu einer Schwächung des Euro beitragen. All dies steht im Einklang mit den Zielen der EZB. Zinsen, Renditen und Spreads in der Euro-Zone sind bereits deutlich gesunken, was weiterhin unterstützend wirken wird. Insofern sehen wir derzeit kaum noch zusätzliche Vorteile von eventuellen Staatsanleihekäufen der EZB, wie sie viele Marktteilnehmer erhoffen. Im Gegensatz zu den heute beschlossenen Massnahmen wären sie mit potenziell hohen Kosten in Form von politischen und juristischen Auseinandersetzungen verbunden.
- Daher glauben wir, dass die EZB bis auf Weiteres keine weiteren Massnahmen ankündigen wird. Der EZB-Rat war sich schon bezüglich der heutigen Massnahmen nicht einig, und es ist auch deswegen schwer vorstellbar, dass Staatsanleihekäufe in absehbarer Zeit folgen könnten. Das einzige Szenario, in dem wir uns dies vorstellen könnten, wäre ein weiterer deutlicher Inflationsrückgang, oder kollabierende Inflationserwartungen.
- Zunächst dürfte die EZB abwarten und die Wirksamkeit der bisher angekündigten Massnahmen analysieren. Sollten sie die angestrebte Wirkung zeigen, würden wir daher nicht ausschließen, dass heute die letzten Lockerungsentscheidungen der EZB in diesem Zyklus gefallen sind. Dann hätte die EZB, so zu sagen, die Ziellinie erreicht.