04.10.2024, 10:37 Uhr
Nachdem die schweizweit zu den grössten Versicherungsgesellschaften zählende Axa dem Verband vor vier Jahren aufgrund politischer Differenzen den Rücken gekehrt hatte, wird sie ab dem 1. Januar 2025 wieder ein...
Versorgungsengpässe und eine gestiegene Nachfrage treiben Preise für Öl, Erdgas und Kohle an. Die zum Teil massiven Preissteigerungen verstärken die Inflationssorgen. Angesichts des strukturellen Wandels durch die Engergiewende müssten sich Unternehmen aus der Branche stärker diversifizieren, um für Anleger attraktiv zu bleiben, meint Chris Iggo von AXA IM.
"Der Konjunkturaufschwung wird immer wieder durch angebotsseitige Störungen gebremst. Das jüngste Beispiel ist der Anstieg der Energiepreise, die das verfügbare Einkommen und die Ausgaben für andere Waren und Dienstleistungen verringern. Das Risiko, dass dies tiefgreifendere wirtschaftliche Auswirkungen haben könnte, ist an den Finanzmärkten jedoch nicht eingepreist", gibt Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers zu bedenken.
Der Preis für ein Barrel Öl hat sich seit dem vergangenen Jahr verdoppelt. Der Marktpreis für Erdgas ist auf den europäischen Märkten im selben Zeitraum sogar um das Fünffache gestiegen. Und der Kohlepreis kletterte seit September 2020 um 100%. "Diese Preissteigerungen verstärken die Inflationssorgen und waren ein wichtiger Faktor für den jüngsten Anstieg der Break-Even Inflationsrate am Anleihenmarkt. Das ist sicherlich ein weiterer Grund zur Sorge für die Anleger. Es wäre keine gute Kombination, wenn die Energiepreise und die Zinssätze weiter ansteigen würden", sagt Iggo Core Investments.
Die Rohstoffpreise reagierten immer empfindlich, selbst auf geringfügige Veränderungen bei Angebot und Nachfrage. Aktuell sei der Anstieg der Energiepreise vermutlich das Ergebnis einer höheren Nachfrage im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Erholung nach Covid-19 in Verbindung mit anhaltenden pandemiebedingten Produktionsstörungen. Dies habe dazu geführt, dass die Erdgasvorräte wesentlich geringer sind als üblich. Die Erdgaslieferungen aus Russland nach Europa seien im Vorfeld der behördlichen Genehmigung und Inbetriebnahme der Nord Stream 2-Pipeline zurückgegangen. Aber auch in Nordamerika und Asien seien Lagerknappheit und Versorgungsprobleme zu beobachten. Eine Verknappung des Erdgases und höhere Preise führten dazu, dass sich die Stromverbraucher alternativen Energiequellen zuwenden – auch das sei ein Grund für den Anstieg der Preise für Öl und andere Brennstoffe, so der CIO.
Die Auswirkungen von Covid-19 auf die Energiemärkte seien gross, schliesslich würden für Bohrungen, die Veredelung von Rohstoffen sowie für die Wartung von Raffinerien und Pipelines Arbeitskräfte benötigt, und die Menschen seien ja nicht immun gegen die Krankheit, so Iggo. Auf der Verbraucherseite könne man zumindest in Grossbritannien sehen, wie sich ein Corona-bedingter Mangel an Tankwagenfahrern auf den Handel mit Benzin auswirke. Die Hafenkapazität wurde beeinträchtigt, was sich wahrscheinlich auch auf den Handel mit Flüssigerdgas ausgewirkt habe. Die USA seien ein grosser Exporteur von Flüssigerdgas, insbesondere nach Asien. Das zeige: Es gibt viele Gründe für den derzeitigen Preisanstieg.
"Es besteht das Risiko, dass die Energiepreise über einige dieser kurzfristigen Corona-bedingten Gründe hinaus hoch bleiben könnten", meint Iggo. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beinhalte wichtige strukturelle Trends. Auf der Nachfrageseite steige der Bedarf an erneuerbaren Energien als Brennstoffquelle für die Stromerzeugung und für eine Reihe von Industrieprozessen. Auf der Angebotsseite würden Investoren beginnen, Kapital aus Öl- und Gasunternehmen abzuziehen, um Technologien und Investitionen in erneuerbare Energien zu finanzieren. Das treibe die Kapitalkosten für den Erdöl- und Erdgassektor in die Höhe, so dass neue Kapazitäten wirtschaftlich weniger rentabel seien. Beides geschehe jedoch nicht in gleichem Tempo. Erneuerbare Energien seien noch nicht in ausreichender Menge vorhanden, um die vorherrschende Energiequelle zu sein. "Der aktuelle Anstieg der Energiepreise mag mit kurzfristigen Faktoren zusammenhängen, aber konzeptionell betrachtet kann man sehen, wie die Dynamik der Energiewende auch zu höheren Energiepreisen führen kann. Wenn die erneuerbaren Energien bereits in der Lage wären, die zusätzliche Nachfrage zu decken, würden die Preise nicht steigen", so Iggo.
Wie der CIO weiter ausführt, sind die Kosten für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren gesunken und seien in vielen Fällen billiger als Strom aus fossilen Brennstoffen. Der Trend werde sich fortsetzen, da die Technologie voranschreitet, die Kapitalkosten für grüne Technologien sinken und sich ein globaler (und höherer) Preis für Kohlenstoffemissionen entwickelt. Solange jedoch die Nachfrage nach Öl und Gas weiter steige, werden die Preise aufgrund von Versorgungsengpässen sowohl bei den erneuerbaren Energien als auch auf den traditionellen Energiemärkten steigen. Doch die gute Nachricht sei, so Iggo, dass diese Entwicklung zu einer noch schnelleren Investition und Nutzung erneuerbarer Energien führen wird. "Sie werden hoffentlich billiger sein und weniger schwanken. Es liegt auf der Hand, dass in die Kapazitäten für erneuerbare Energien, ihre Speicherung und Verteilung noch viel investiert werden muss", fügt er an
Die Erdöl- und Erdgasmärkte befänden sich in "Backwardation», das heisst, die Terminpreise sind niedriger als die Spot-Preise. Dies sei ein klassisches Signal für eine kurzfristige Angebotsverknappung. Es deute darauf hin, dass die Preise fallen werden. Die Energiewende deute auf eine geringere Nachfrage und niedrigere Öl- und Gaspreise in der Zukunft hin. Dies untergräbt nach Iggos Meinung die langfristigen Argumente für Investitionen in Energieunternehmen, die nicht diversifiziert sind. Es spreche viel dafür, sich jetzt von den Unternehmen zu trennen, die im Hinblick auf die Diversifizierung der Geschäftstätigkeit und die Umweltauswirkungen der fortgesetzten Öl- und Gasproduktion am schlechtesten abschneiden.
Die kurzfristigen makroökonomischen Aussichten werden durch den Energiepreisanstieg erschwert. Die Breakeven-Inflationskurve in den USA ist seit Anfang des Jahres negativ, so dass der Markt immer noch von einer vorübergehenden Entwicklung ausgeht. "Aus der Sicht des Aktienmarktes sind unserer Ansicht nach die Sorgen über das Energie-Angebot und die möglichen Auswirkungen von Versorgungsengpässen auf die Bilanzen und Gewinnprognosen eine grössere Bedrohung als deutlich höhere Anleiherenditen. Wir haben bereits eine Abschwächung der Zwölf-Monats-Wachstumsrate für den Gewinn pro Aktie in den USA und in Europa registriert. Makro- und Fundamentaldaten haben sich in letzter Zeit abgeschwächt, so dass wir abwarten müssen, ob die Liquidität ausreicht, um das Marktniveau zu halten", schliesst Iggo seine Analyse.