05.07.2024, 10:08 Uhr
«Chinesische Zustellunternehmen sind grosse Profiteure des E-Commerce-Booms in China, aber ihre Aktien spiegeln den sprunghaften Anstieg der Liefermengen nicht wider. Diese Diskrepanz ist eine wichtige Lektion für...
Chinas Aussenhandel ist im Oktober wieder geschrumpft. Analysten hatten eigentlich auf eine Stabilisierung der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt spekuliert.
Verglichen mit dem Vorjahresmonat lag der Rückgang bei Exporten und Importen im Oktober bei 2,5 Prozent, wie die chinesische Zollbehörde in Peking mitteilte. Demnach stand ein Plus von 3 Prozent bei den Importen einem Minus von 6,4 Prozent bei den Exporten gegenüber.
Experten hatten mit weniger deutlich sinkenden Exporten gerechnet. Allerdings überraschte der Import-Zuwachs, für den Analysten einen Rückgang erwartet hatten.
Im Vergleich zum Vormonat September sanken im Oktober Importe und Exporte zusammengenommen um 5,2 Prozent.
«Das starke Importwachstum weist auf eine Erholung der Binnennachfrage in China hin und ist eine gute Nachricht», sagte Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der deutschen Handelskammer (AHK) in Peking. Diese helle zum Jahresausklang die Stimmung unter deutschen Unternehmen auf. Von einer Trendumkehr zu sprechen, wäre Hildebrandt zufolge allerdings noch zu früh.
Ankündigungen kamen aus der Politik: Ministerpräsident Li Qiang sagte am Sonntag bei der internationalen Import-Messe in Shanghai, dass China seine Marktzugänge erleichtern wolle. Das Land mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern wolle zudem mehr importieren, erklärte die Nummer zwei hinter Staats- und Parteichef Xi Jinping. Li ging damit auf Forderungen ausländischer Unternehmen ein. Auch EU-Vertreter kritisierten bei ihren Besuchen in Peking im Herbst das deutliche Handelsdefizit zum Vorteil Chinas, welches laut EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis knapp 400 Milliarden Euro beträgt.
China kämpft seit Monaten mit wirtschaftlichen Problemen, nachdem zu Jahresbeginn mit dem Ende der strengen Corona-Beschränkungen eine kurze Erholungsphase wieder abflaute. Der Immobilien-Sektor steckt in einer schweren Krise. Wichtige Bauträger sind hoch verschuldet. Dem Entwickler China Evergrande droht die Auflösung, sollte er nicht bis Anfang Dezember einen Plan zur Restrukturierung vorlegen; das Unternehmen steht mit umgerechnet mehr als 300 Milliarden US-Dollar in den Miesen. In China hatten Menschen über Jahrzehnte ihre Ersparnisse in Immobilien angelegt und vom Boom in der Branche mitprofitiert. Nun sind Wohnungen weniger wert, was die Stimmung der Verbraucher drückt.
Zudem leidet China unter einer schwachen globalen Nachfrage. Viele Unternehmen warten darauf, dass die kommunistische Führung in Peking die Wirtschaft mit Hilfspaketen stützt, doch bislang blieben diese weitgehend aus. Auch deutete eine Kennzahl der staatlichen Devisenbehörde darauf hin, dass ausländische Firmen ihre Gewinne in China zuletzt abzogen. Die Direktinvestitionen aus dem Ausland lagen mit umgerechnet rund 11,8 Milliarden US-Dollar im roten Bereich. Experten zufolge könnte das bedeuten, dass ausländische Firmen weniger gewillt waren, wieder in China zu investieren.
Im Oktober sank ausserdem der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im Vergleich zum Vormonat von 50,2 auf 49,5 Punkte. Der wichtige konjunkturelle Frühindikator fiel damit unter die Marke von 50 Punkten, ab der mit einem Rückgang der industriellen Aktivität zu rechnen ist. Im binnenorientierten Dienstleistungssektor blieb die Zahl noch knapp im Expansionsbereich.
«Der Grund, weshalb die Politik nicht stärker auf die Herausforderungen auf der Makro-Ebene reagierte, ist, dass chinesische Politik-Entscheider derzeit mit ganz anderen Dingen beschäftigt sind», vermutet US-Ökonom Barry Naughton. Er geht davon aus, dass sich Chinas Ökonomen darauf konzentrieren, eine Antwort auf US-Sanktionen zu finden. Washington versucht damit bislang, etwa wichtige Chip-Technologie von China fernzuhalten. Zudem wolle Peking seine Kontrolle im Wirtschafts- und Finanzbereich auszuweiten, sagte der Experte vergangene Woche vor Journalisten in Peking.