20.12.2024, 10:54 Uhr
Aus der Krise der Credit Suisse und der von den Behörden erzwungenen Notfusion der Grossbank mit der UBS sollen Lehren gezogen werden. Dieser Ansicht ist die parlamentarische Untersuchungskommission. Sie hat ihren...
Die globalen Wirtschafts- und Finanzmarktperspektiven bleiben auch in den kommenden Monaten positiv; die Expansionskräfte schwächen sich jedoch ab. Nicht zuletzt die Kreditkrise in den USA, die von ihr ausgelösten Verwerfungen an den internationalen Kreditmärkten und deren Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben die strukturellen Risiken und die Anfälligkeit der Finanzmärkte erhöht.
Die Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftsregionen sind allerdings beachtlich: Während die Wirtschaft in den USA im kommenden Jahr wieder an Dynamik gewinnen wird, steht der Eurozone eine Verlangsamung erst bevor. Zu stabilisierenden Wachstumsgaranten haben sich besonders die asiatischen Schwellenländer entwickelt, deren Anteil an der globalen Wertschöpfung weiter zunehmen wird. Vor diesem Hintergrund verfügen nach Einschätzung der Experten von Julius Bär Aktien gegenüber Anleihen weiterhin über das grössere Potenzial, wobei Schwellenländer-Aktien attraktiver eingestuft werden als jene der Eurozone.
Das erwartete moderate Expansionstempo der Weltwirtschaft dämpft die Inflationsrisiken und ermöglicht so den Zentralbanken eine flexiblere Zinspolitik. Mit der kräftigen Leitzinssenkung im September hat die US-Notenbank (Fed) bereits eine Zinswende eingeläutet. Demgegenüber wird die Europäische Zentralbank (EZB) erst einmal auf weitere Zinserhöhungen verzichten, während mit einem Absenken erst im zweiten Halbjahr 2008 gerechnet werden kann. Dies erklärten Janwillem Acket, Group Chief Economist, und Gérard Piasko, Chief Investment Officer Private Banking der Bank Julius Bär & Co. AG, im Rahmen eines Marktausblick-Gesprächs in Zürich.
USA: Fed steuert Rezessionsrisiken entgegen
Durch die kräftige Leitzinssenkung hat die Fed deutlich gemacht, dass sie gegenwärtig die Risiken für einen Wachstumseinbruch grösser einschätzt als die Gefahren für die Preisstabilität. Bestärkt durch den Rückgang der Konsumentenstimmung, ist in den kommenden Wochen mit einer weiteren Zinssenkung zu rechnen, so Acket. Dies wird jedoch nicht verhindern, dass die US-Konjunktur in den kommenden Quartalen vorübergehend schwächer als das langfristig mögliche Potenzial expandieren wird.
Die Folgen der noch nicht abgeschlossenen Immobilienkrise werden vorerst der grösste Schwachpunkt für die Binnenwirtschaft bleiben: Aktuelle Zahlen zu Neubautätigkeit und Baugenehmigungen zeigen, dass eine Trendwende noch nicht in Sicht ist. Die in vielen Marktsegmenten schärfer gewordenen Kreditbedingungen könnten sich darüber hinaus sowohl negativ auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen auswirken als auch den Privatkonsum zusätzlich dämpfen.
Der Kursrückgang des US-Dollars wurde durch die aggressive Zinssenkung der Fed noch akzentuiert und hat u.a. die Erdölpreise weiter nach oben getrieben, was letztlich auch die Kaufkraft der amerikanischen Konsumenten trifft. Die Gefahr einer Rezession in den USA sehen die Experten von Julius Bär aber nicht. Das Wachstum dürfte im laufenden Jahr zwar unter 2 Prozent fallen; für das kommende Jahr wird jedoch mit einer moderaten Beschleunigung auf 2.6 Prozent gerechnet.
Eurozone: Signale für ein Abflachen der Dynamik
In der Eurozone scheint der Zenit des aktuellen Konjunkturzyklus überschritten zu sein. Dies zeigen derzeit relevante Frühindikatoren wie der Geschäftsklimaindex des deutschen Ifo Instituts, der ZEW-Konjunkturindex sowie verschiedene europäische PMI-Indizes an, die das künftige Verhalten von Einkaufsmanagern des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors abbilden.
Für die kommenden Quartale rechnen deshalb die Experten von Julius Bär mit einer allmählichen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, das im laufenden Jahr noch deutlich über, im Jahr 2008 aber knapp unter der 2-Prozent-Marke zu liegen kommen dürfte. Zu den dämpfenden Faktoren zählen neben der anhaltend straffen Geldpolitik der EZB auch höhere Steuern und der hohe Aussenwert des Euro. Durch die Konjunkturabschwächung nimmt allerdings auch im Euroraum der Inflationsdruck ab, was der EZB mittelfristig eine Lockerung der Geldpolitik ermöglichen sollte. Mit einem entsprechenden Zinsschritt ist allerdings zyklusbedingt d.h. ohne zusätzliche geopolitische Risiken oder eine erneute Verschärfung der Liquiditätskrise nicht vor dem 2. Halbjahr 2008 zu rechnen.
Schweiz: Wachstum im fünften Jahr über 2 Prozent
Die Schweizer Wirtschaft dürfte nach Einschätzung von Acket das fünfte Jahr in Folge um mehr als 2 Prozent wachsen. Diese im europäischen Vergleich überdurchschnittliche Dynamik wird sich erst ab Mitte des kommenden Jahres etwas verlangsamen. In wichtigen Exportsektoren stösst die Schweizer Industrie bereits an Kapazitätsgrenzen, und ein im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22 Prozent höherer Auftragsbestand unterstreicht die mittelfristig hervorragenden Aussichten der verarbeitenden Industrie.
Die boomende Konjunktur und die stark durch Zinsdifferenzgeschäfte getriebene Schwäche des Schweizer Frankens könnten allerdings die SNB dazu zwingen, in diesem Jahr nochmals an der Zinsschraube zu drehen und den Zielsatz für den 3-Monats-CHF-Libor um 0.25 Basispunkte auf dann 3.0 Prozent anzuheben. Selbst im kommenden Jahr dürfte das Wirtschaftswachstum in der Schweiz gemäss Einschätzung der Julius Bär-Experten mit 2.2 Prozent die 2-Prozent-Marke erneut übertreffen und damit die Auswirkungen der sich insgesamt verlangsamenden Weltkonjunktur sehr gut meistern.
Schwellenländer: Lokomotiven der Weltkonjunktur
Die Wirtschaftsentwicklung der Emerging Markets, allen voran der asiatischen Schwellenländer, zeigt weiterhin eine deutlich positive Tendenz. Die Bedeutung der einzelnen Weltregionen für die globale Konjunkturentwicklung verlagert sich zunehmend von den Industrieländern auf eine grösser werdende Anzahl von Schwellenländern, so Gérard Piasko. Selbst eine Abschwächung der Weltkonjunktur bzw. ein Nachlassen der US-Nachfrage sollten die Schwellenländer zu kompensieren vermögen.
Dabei zeichnen sich insbesondere die grösseren Länder durch stabile Fundamentaldaten, eine breite Exportbasis und eine Vielzahl strukturbedingter Wachstumstreiber wie etwa den Ausbau der Infrastruktur, der Rohstoffproduktion, der Investitionstätigkeit des Unternehmensbereichs und eine zunehmend florierende Binnennachfrage aus. Diese zunehmend eigenständige Entwicklung würde erst dann in Gefahr geraten, wenn die USA entgegen den Erwartungen doch in eine Rezession abgleiten oder sich die Energiepreise nochmals massiv verteuern sollten.
Anlagepolitik: Emerging Markets übergewichtet
Die Anlagepolitik von Julius Bär Private Banking favorisiert angesichts der besseren relativen Bewertung weiterhin Aktien gegenüber Anleihen, dies obwohl Aktien nach den jüngsten Kursavancen technisch leicht überkauft erscheinen.
Entsprechend der globalen wirtschaftlichen Kräfteverschiebung und auf Grund der günstigeren Bewertungen im Vergleich zum Weltmarkt hat Julius Bär auch die regionale Asset Allokation dieses Jahr bereits zwei Mal angepasst: Nachdem im Juni der Aktienanteil in Emerging Markets zulasten Japans schon einmal erhöht worden war, wurde diese Position jüngst um weitere zwei Prozentpunkte ausgebaut, diesmal zulasten von Aktien aus dem Euro-Raum. Aus Sicht von Julius Bär dürften auch Edelmetalle vom aktuellen gesamtwirtschaftlichen Umfeld und dem schwachen US-Dollar profitieren, weshalb in der aktuellen Anlagepolitik Gold weiter übergewichtet bleibt. Der Dollar verfügt langfristig zwar über Aufwärtspotenzial Anlagen in US-Dollar sollten jedoch auf drei bis sechs Monate abgesichert werden.