22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Starke Kurskorrekturen machten 2022 zu erstem Jahr negativer Renditen für Staatsfonds und Zentralbanken. Staatsinvestoren richten ihre Portfolios auf das neue makroökonomische Umfeld aus. Dies zeigt die elfte Invesco Global Sovereign Asset Management Studie.
Durch den schnellen Anstieg der Zinsen und die starken Kurskorrekturen an den Kapitalmärkten weisen die meisten Staatsfonds für das Jahr 2022 eine negative Rendite aus. Die überwältigende Mehrheit (86%) der Staatsinvestoren geht davon aus, dass die Inflation in den nächsten zehn Jahren höher sein wird als in den letzten zehn.
Die Invesco-Studie gibt die Einschätzungen von 142 Chief Investment Officers, Anlageklassen-Verantwortlichen und Senior-Portfoliostrategen von 85 Staatsfonds und 57 Zentralbanken wieder, die zusammen ein Vermögen von 21 Billionen US-Dollar verwalten.
Anleihen sind die Anlageklasse, in der die Staatsinvestoren ihre strategische Asset Allokation in den nächsten zwölf Monaten mit der grössten Wahrscheinlichkeit erhöhen werden. Mit einer geplanten Nettoallokation von 28% liegen Anleihen vor Infrastruktur (25%), Private Equity (21%), Aktien (15%) und Immobilien (9%).
Die Tatsache, dass die Anleiheallokationen keinen Schutz vor den Kurskorrekturen des Jahres 2022 boten, habe die Sichtweise der Staatsinvestoren auf diese Anlageklasse jedoch verändert.
Anstatt auf eine ‚statische‘ Position zu Diversifikationszwecken setzen sie jetzt auf einen aktiveren und taktischeren Ansatz mit dem Ziel, durch aktive Umschichtungen zwischen verschiedenen Segmenten der Anleihemärkte und die Anwendung unterschiedlicher Strategien – ähnlich wie bei Aktien – Mehrwert zu generieren. Daher können künftig auch alternative Segmente der Anleihemärkte eine grössere Rolle spielen, wobei Private Credit, Hochzinsanleihen und Infrastructure Debt als attraktivste Optionen betrachtet werden.
Private Credit, das von vielen staatlichen Investoren in der Vergangenheit in einer Kategorie mit Private Equity gesehen wurde, habe sich inzwischen zu einer eigenständigen Anlageklasse entwickelt, für die häufig eigene Investmentteams zuständig sei. Aus Anlegersicht bestechen diese Fonds vor allem durch ihre günstigen Risiko-Ertrags-Profile und ihre hohe Liquidität sowie durch die Transparenz der Positionen und die gute Diversifikation innerhalb der grösstenteils grossen, in ein breites Spektrum von Emittenten investierten Fonds.
«Obwohl die Renditen im Jahr 2022 im Schnitt negativ waren, variieren die einzelnen Ergebnisse erheblich», kommentiert Rod Ringrow, Head of Official Institutions bei Invesco. «Am besten haben diejenigen abgeschnitten, die die Risiken der überreizten Kursniveaus erkannten und bereit waren, ihre Portfolios nennenswert anzupassen. Die wichtigste Lehre des Jahres 2022 ist, dass Staatsinvestoren bereit sein müssen, flexibler zu agieren und schneller auf eine Veränderung des Marktumfelds zu reagieren.»
Die höheren Zinsen haben laut der Studie zu einem erneuten Interesse an Emerging-Market-Anlagen geführt.
In den letzten Jahren, als die Kurse an den Kapitalmärkten der Industrieländer vor dem Hintergrund negativer Realzinsen in die Höhe schnellten, sahen viele Fonds wenig Notwendigkeit, das für grosse Emerging-Market-Allokationen erforderliche zusätzliche Research zu betreiben oder das mit diesen Anlagen verbundene höhere Risiko einzugehen. Durch die Normalisierung der Zinsen dürfte sich dies jedoch ändern. Tatsächlich kommentierten viele Staatsinvestoren die grössere Resilienz, institutionelle Stärke und Stabilität wichtiger Schwellenmärkte. 71% der staatlichen Investoren erwarten, dass Emerging-Market-Anlagen in den nächsten drei Jahren eine mindestens genauso gute Performance erzielen werden wie Industrieländeranlagen.
Fast ein Drittel (29%) der Investoren wollen ihre Allokation in aufstrebende APAC-Märkte im laufenden Jahr erhöhen. Damit setzt sich diese Region zusammen mit Nordamerika an die Spitze der Beliebtheitsskala, weit vor den entwickelten Märkten der Region APAC (15%), den europäischen Industrieländern (14%) und dem Nahen/Mittleren Osten (8%). Mit einem Anteil von 22% war Lateinamerika die insgesamt zweitbeliebteste Anlageregion.
Indien gilt weiter als einer der Top-Märkte: 76% sehen hier im Jahr 2023 attraktive Chancen im Anleihenbereich. Unter den attraktivsten Märkten für Anlagen in Schwellenländeranleihen folgt Südkorea mit grossem Abstand auf Platz 2 (56%). Deutlich attraktiver als im Vorjahr wurden Mexiko (51%), Brasilien (49%), Indonesien (44%) und Südafrika (41%) eingeschätzt.
Staatsinvestoren zeigen laut Invesco weiter Interesse an ausserbörslichen Anlagen, wobei Infrastruktur auf Sicht der nächsten fünf Jahre auch als insgesamt attraktivste Anlageklasse betrachtet wird, vor Anleihen, Private Equity und Aktien.
Im Infrastrukturbereich interessieren sich die Staatsinvestoren insbesondere für die erneuerbare Energieerzeugung: 81% der Befragten halten Investments in diesem Bereich für attraktiv. Auf Platz 2 folgen Investments in Energieübertragung und -versorgung (65%). Ein Grund dafür ist der Krieg in Europa und die dadurch ausgelöste Energiekrise, die zu einem starken Anstieg der weltweiten Nachfrage nach Infrastruktur für erneuerbare Energien geführt hat.
Mit der Bewertungskorrektur im Jahr 2022 wurden Performanceunterschiede zwischen den einzelnen privaten Märkten deutlich, was die Staatsinvestoren dazu veranlasst hat, in diesem Bereich selektiver vorzugehen. Die Investoren sind jetzt vorsichtiger in Bezug auf stark gehebelte Investments. So geben fast die Hälfte der Staatsfonds an, in letzter Zeit aufgrund unattraktiver Fremdkapitalstrukturen von Transaktionen in den Bereichen Immobilien (48%), Private Equity (49%) und Infrastruktur (43%) Abstand genommen zu haben.
Das für Staatsinvestoren aktuell am wenigsten attraktive Segment der privaten Märkte sind Immobilien, was vor allem auf das schwierige Umfeld im Büro- und Einzelhandelssektor zurückzuführen ist. Viele Staatsfonds, die stark in diesen Sektoren engagiert sind, haben sich um eine Diversifizierung in Bereiche wie Logistik, Gesundheitswesen und Datenzentren bemüht, die aufgrund der zunehmenden Durchsetzung digitaler Technologien und des arbeitsplatzunabhängigen Arbeitens an Beliebtheit gewonnen haben.
Die Preiskorrektur habe sich kaum auf das Interesse an Private Equity ausgewirkt: Nur 13% der staatlichen Investoren meinen, dass diese Anlageklasse an Attraktivität verloren hat. Mehr als ein Drittel hält sie für attraktiver und die Mehrheit (53%) sieht keine Auswirkungen.
«Trotz unbestreitbarer Herausforderungen halten viele Staatsinvestoren die Weltwirtschaft für fundamental robust und die Erwartungen an die Renditen der verschiedenen Anlageklassen sind höher als in den vergangenen Jahren», fasst Rod Ringrow zusammen.
«Die diesjährigen Daten zeigen jedoch, dass die Zinserwartungen der Staatsfonds und Zentralbanken für die nächsten zwei Jahre nicht übereinstimmen. Während die Staatsfonds eher mit einem Rückgang der Realzinsen rechnen, ohne dass diese auf das Niveau der letzten zehn Jahre sinken, gehen die Zentralbanken eher von einem Aufwärtstrend aus. Das macht einen wachsamen und flexiblen Ansatz noch wichtiger.»
In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der neuen Staatsfonds sprunghaft angestiegen: Seit 2012 wurden 27 neue Fonds eingerichtet, die meisten davon in Afrika (11) und APAC (7).
Dabei handelt es sich mehrheitlich um Entwicklungsfonds, die eingerichtet wurden, um das Wirtschaftswachstum und eine breitere Ausrichtung der Wirtschaft zu fördern. Viele Fonds konzentrieren sich auch auf die Energiewende, und für einige ist dies zum wichtigsten Entwicklungsziel geworden. Insgesamt legen 65% der Fonds mit Entwicklungszielen den Fokus auf die Energiewende. Damit ist dies das am häufigsten genannte Ziel, noch vor der Schaffung von Arbeitsplätzen (59%), der Förderung des BIP-Wachstums (57%) und sozialen Zielen wie Gesundheit und Bildung (57%).
Die Herausforderung für neue Fonds besteht im Aufbau eines glaubwürdigen Wertversprechens neben den bereits etablierten Fonds. Starke Governance-Strukturen werden dafür genauso wichtig sein wie gezielte Partnerschaften mit anderen Fonds und erfahrenen Asset Managern, um von deren Kompetenzen und Wissen zu profitieren.
Für heutige Staatsinvestoren hat die Finanzierung der Energiewende höchste Priorität. So bezeichneten 66%beziehungsweise 53% der Befragten die Auswirkungen des Klimawandels und die finanziellen Kosten der Energiewende als zwei der drei grössten Risiken für das globale Wachstum im kommenden Jahrzehnt. Als grösseres Risiko wurden nur die geopolitischen Risiken betrachtet.
Zwischen 2017 und 2023 stieg die Zahl der staatlichen Investoren mit ESG-Richtlinien im Segment der Staatsfonds von 46% auf 79% und bei den Zentralbanken von 11% auf 59%. Der anfängliche Treiber der zunehmenden Bedeutung von ESG-Faktoren waren dabei die negativen langfristigen Auswirkungen von Klimarisiken auf die Anlagerenditen: Im Jahr 2020 waren die «Verbesserung der Rendite» und die «Verringerung des Risikos» die Hauptmotivationen für die Einführung von ESG-Massnahmen. Die russische Invasion in der Ukraine hat jedoch die Bedeutung der Energiesicherheit stärker in den Fokus gerückt und für zusätzlichen Anschub für ESG-Initiativen gesorgt, wodurch die Anwendung von ESG-Kriterien unter Staatsinvestoren in diesem Jahr stärker zugenommen hat als je zuvor.
«Durch die starke Fokussierung auf die Energiewende setzen Staatsinvestoren auch stärker auf grüne Infrastruktur und Green Bonds», sagt Ringrow. «Staatliche Investoren mit einem längeren Anlagehorizont ziehen zunehmend Direktinvestitionen in grüne Infrastruktur in Betracht, um die Wirkung ihrer Anlagen zu maximieren. Insbesondere Investment- und Liability-Staatsfonds sowie Staatsfonds mit Entwicklungszielen halten ‚Direktinvestitionen in grüne Infrastruktur‘ für den wichtigsten Ansatz zur Finanzierung der Energiewende.»