20.12.2024, 10:54 Uhr
Aus der Krise der Credit Suisse und der von den Behörden erzwungenen Notfusion der Grossbank mit der UBS sollen Lehren gezogen werden. Dieser Ansicht ist die parlamentarische Untersuchungskommission. Sie hat ihren...
Die wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten hinterlassen Spuren auf dem Schweizer M&A-Markt – die Anzahl der erwarteten Transaktionen ist gesunken. Das geht aus der neuesten Ausgabe des Oaklins M&A Outlook hervor. Der Verkäufermarkt wird in vielen Sektoren käuferfreundlicher.
Steigende Preise und Zinsen, Krieg und anhaltende Lieferkettenprobleme – 2022 wurde geprägt durch sich gegenseitig verstärkende wirtschaftliche und politische Krisen. Wenig überraschend ging die M&A-Tätigkeit dieses Jahr zurück. Nichtsdestotrotz wurden nach wie vor mehr Transaktionen abgewickelt als noch vor der Pandemie, wie der Oaklins M&A Outlook aufzeigt.
Dieser Abwärtstrend dürfte so schnell nicht umkehren: Der Oaklins M&A-Index ist über alle drei Indikatoren hinweg zurückgegangen und notiert aktuell auf dem drittniedrigsten Stand seit der ersten Erhebung Anfang 2015. Die rund hundert von Oaklins befragten M&A-Experten und Entscheidungsträger der Schweizer Wirtschaft erwarten in den kommenden zwölf Monaten daher weniger Übernahmen und Firmenzusammenschlüsse.
"Die Unsicherheiten über die wirtschaftliche Entwicklung verringern grundsätzlich die Risikobereitschaft potenzieller Investoren", sagt Jürg Stucker, Studienautor und Partner bei Oaklins Switzerland. Die Nachfrage nach Unternehmen sollte seitens der strategischen Käufer jedoch intakt bleiben.
Der gesamtwirtschaftliche Ausblick der Befragten hat sich deutlich eingetrübt: Gingen im Sommer 2022 noch 31% der Teilnehmenden von einer eher guten oder guten wirtschaftlichen Entwicklung aus, sind es jetzt nur noch knapp halb so viele (15%).
Die Umfrageergebnisse deuten auf eine leicht unterdurchschnittliche M&A-Aktivität hin – 31% der Befragten erwarten in den kommenden Monaten eine hohe oder eher hohe Transaktionsaktivität in ihrer Branche. Gemäss René Steiner, Managing Partner bei FIDES Business Partner, ist das in erster Linie auf Unsicherheiten betreffend die Lieferketten, hohe Energiekosten, Inflation und wenig politische Unterstützung für den Industriestandort Schweiz zurückzuführen.
Deutlich mehr – nämlich 58%, das entspricht dem langjährigen Durchschnitt – ziehen in den kommenden zwölf Monaten eine Akquisition ernsthaft in Betracht. Zudem hält knapp ein Drittel den Verkauf von Unternehmensteilen für denkbar. Grund dafür sind gemäss der Umfrage einerseits die vielen ungelösten Nachfolgelösungen, aber auch die Rückorientierung auf das Kerngeschäft sowie das Freisetzen von liquiden Mitteln, um turbulente Zeiten besser zu überstehen.
Unverändert liegt der Fokus für Übernahmen in erster Linie auf der Schweiz, Deutschland und dem übrigen Europa. Die Attraktivität von asiatischen Unternehmen hingegen geht weiter zurück. Das habe insbesondere damit zu tun, dass die Investitionsbedingungen in China deutlichen Veränderungen unterliegen: Einerseits will sich das Land vermehrt binnenwirtschaftlich orientieren und erlässt dazu strengere Vorschriften für im Land operierende ausländische Firmen. Andererseits bleiben trotz der gelockerten Zero-Covid-Politik Fragezeichen bezüglich des Funktionierens weltweiter Lieferketten. Dazu kommen politische Risiken durch den chinesisch-amerikanischen Handelskonflikt sowie weitere Handels- und Investitionsbeschränkungen.
"Aufgrund der höheren Zinsen ist die Finanzierung von Akquisitionen grundsätzlich teurer und riskanter geworden", erläutert Philipp Gast, Head Corporate Finance von Swisscom. Wenig erstaunlich beurteilen denn auch nur noch 39% der Befragten die Verfügbarkeit von Fremdkapital als hoch oder eher hoch – das sind 30 Prozentpunkte weniger als noch vor sechs Monaten. Ähnlich sieht es bei den flüssigen Mitteln aus: 42% der Teilnehmenden schätzen die Verfügbarkeit als hoch oder eher hoch ein. Vor einem halben Jahr waren es noch 57%. Dennoch ist Patrick Scherrer, Head Strategy & M&A bei Helvetia Versicherungen, überzeugt, dass sich Käufern mit guten Cash-Positionen trotz der Unsicherheit und des schlechteren wirtschaftlichen Umfeldes spannende Chancen eröffnen können.
Die veränderte finanzielle Situation der Käufer gepaart mit eingetrübten Zukunftserwartungen lässt bereits jetzt die Multiples sinken. Erstmals seit 2015 sind diese deutlich zurückgegangen. "Der M&A-Markt, welcher in den letzten Jahren eher ein Verkäufermarkt war, wird wohl zunehmend käuferfreundlich", ergänzt Gast. Nichtsdestotrotz ist der Studienautor Stucker überzeugt, dass gut aufgestellte Firmen weiterhin gesucht sind und trotz des schwierigen Finanzierungsumfelds gute Preise erzielen können.