Schuldenabbau - ja, aber wie?

Die Schuldensituation einiger Euroländer bleibt weiterhin ungelöst. In seinem jüngsten Kommentar plädiert Dr. Thomas Stucki, CIO und Mitglied der Geschäftsleitung der Hyposwiss Privatbank, für eine Umschuldung der Länder und nimmt den Brady-Plan als mögliche Vorlage.

01.03.2011, 16:29 Uhr

Redaktion: cl

"Die Diskussion über die Schuldensituation in den südlichen Euroländern ist in den letzten Wochen an den Finanzmärkten etwas in den Hintergrund gerückt. Das Problem ist damit aber nicht gelöst und wird uns weiter beschäftigen. Denn eines ist klar: Länder wie Griechenland oder Irland müssen ihren grossen Schuldenberg abbauen. Für den Schuldenabbau stehen Staaten verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die beste, leider auch die unwahrscheinlichste, besteht im Sparen und der Erhöhung der Steuereinkünfte. Dafür braucht es aber ein überdurchschnittlich hohes Wirtschaftswachstum, was in einem Zielkonflikt mit dem notwendigen Sparkurs eines Landes steht. Die zweite Möglichkeit ist die Inflationierung der Schulden. Diese bringt viele Kollateralschäden mit sich und steht den Ländern im Euroverbund nicht zur Verfügung. Bleibt somit nur die Möglichkeit, die Schulden über ein Umschuldungsabkommen mit den Gläubigern zu reduzieren.

"Vorreiter" Lateinamerika
Umschuldungen von Staatsschulden sind nichts Neues. Zwischen 1990 und 1996 mussten sich viele Länder in Lateinamerika zahlungsunfähig erklären und ihre Schulden restrukturieren. Die grössten Länder waren Mexiko, Brasilien, Argentinien und Venezuela. Die Umschuldung erfolgte nach dem Brady-Plan, welcher nach dem damaligen amerikanischen Finanzminister Nicholas F. Brady benannt wurde. Im Rahmen des Umschuldungsabkommens verzichteten die Gläubiger auf 35 bis 50% ihrer Ansprüche an diese Länder. Die USA hatten dabei das Problem, dass die amerikanischen Banken einen Grossteil der Schulden in ihren Büchern hatten. Die nötigen Abschreibungen hätten das amerikanische Bankensystem stark belastet. Deshalb wurden die bestehenden Anleihen und Kredite Mexikos und anderer Länder in neue Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren umgetauscht, den sogenannten Brady-Bonds. Es gab zwei Arten von Brady-Bonds: Die Restrukturierung konnte entweder bei gleichem Zinssatz über eine Reduktion des Nominalwertes (Haircut) oder über einen zukünftig tieferen Coupon bei gleichem Nominalwert umgesetzt werden. Die zweite Variante erlaubte es den Banken, welche die Schulden in ihren Bilanzen zum Nominalwert führten, auf Abschreibungen zu verzichten.

Liquider Sekundärmarkt der Brady-Bonds
Zudem mussten die Schuldnerländer mit Krediten des IWF und der Weltbank US-Treasuries kaufen, welche als Sicherheit für die Brady-Bonds hinterlegt wurden. Dadurch wurden die Brady-Bonds faktisch durch die USA garantiert und es entstand rasch ein liquider Sekundärmarkt, da die Anleger deren Risiken gut einschätzen konnten. Befreit von ihren Schulden konnten sich die meisten betroffenen Länder übrigens rasch wieder erholen. Griechenland und Irland werden nicht darum herumkommen, ihre Schulden auch zu restrukturieren. Die Frage ist nur, wie und wann. Die Erfahrungen in Lateinamerika lassen den Schluss zu, dass wohl auch in Europa die Halter der Obligationen auf 30 bis 50% der Ansprüche verzichten werden müssen. Wer heute Anleihen dieser Länder kauft und sich der hohen Renditen erfreut, muss sich dessen bewusst sein. Der Brady-Plan stellt einen guten Ansatz zu einer nachhaltigen Problemlösung dar. Die Eurozone täte gut daran, ihn im Falle einer Umschuldung als Richtlinie zu nehmen."

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