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Sarasin: Globale Blue Chips florieren

09.06.2010, 10:12 Uhr

Sarasin sieht in ihrem Strategieausblick gute Chancen für die so genannten "Nifty Fifty"-Aktien.

Unter den Kontinenten scheint geradezu ein Wettbewerb um das am grössten dimensionierte Rettungsprogramm entbrannt zu sein. Die zögerliche und unentschlossene europäische Variante wirkt wenig beeindruckend im Vergleich mit den US-Bankenrettungsplänen nach der Lehman- Krise oder dem fiskalischen Notfallpaket, das China im letzten Jahr geschnürt hat. Vor diesem Hintergrund kommt der aktuelle Strategieausblick der Sarasin-Gruppe zum Schluss, dass die Wirkung der europäischen Rettungsaktion auf lange Sicht dieselbe sein dürfte: Es wird mehr Geld gedruckt, der Staat mischt sich stärker in die Wirtschaft ein, und die Zinsen bleiben längere Zeit niedrig.

Dagegen erscheint der Unternehmenssektor – der mit Blick auf die Gewinne ein Rekordquartal hinter sich hat, Liquidität in den Bilanzen führt wie seit 50 Jahren nicht mehr und ein Dividendenwachstum deutlich oberhalb der Inflation aufweist – erfreulich stabil und solide. Mit Renditen deutlich oberhalb denen von Unternehmensanleihen und Bilanzen, die vielfach stärker sind als die ihrer Heimatländer, besteht eindeutig die Chance auf eine kräftige Erholung des "Nifty Fifty"-Universums globaler Aktien. Die "Nifty Fifty"-Aktien sind die 50 am stärksten favorisierten Titel von institutionellen Investoren. Unternehmen dieser Gruppe zeichnen sich durch ein kontinuierliches Ertragswachstum und ein hohes Kurs-Gewinn- Verhältnis aus. Als Beispiel können Roche, Cisco und Intel genannt werden.

Guy Monson, Präsident des Investment Policy Committee, sagt: "Wir erleben einen zögerlichen, unsicheren und etwas chaotischen Beginn der auf globaler Ebene erforderlichen Konsolidierung. Die Tatsache, dass er nicht perfekt verläuft, ist aber möglicherweise hilfreich, denn wird der Rotstift zu stark angesetzt, könnte dies die aufkeimende Erholung abwürgen. Die Finanzmärkte werden dies langsam aber sicher erkennen. Die Zinsen werden bei oder nahe Null bleiben, die Anleiherenditen werden in der Nähe japanischer Niveaus verharren und der Euro wird schliesslich wieder seine Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangen – kein schlechtes Umfeld für die grössten europäischen Exporteure und die globalen Aktien aus dem 'Nifty Fifty'-Universum. Dies vor allem, wenn der EURO Stoxx 50 Index einen ganzen Prozentpunkt höher rentiert als französische und deutsche Staatsanleihen."

Burkhard Varnholt, Chief Investment Officer, dazu: "Die europäischen Aktienmärkte erscheinen derzeit trotz der anhaltenden fiskalischen Konsolidierung besonders günstig, was auf den schwächeren Euro, das stärkere internationale Wachstum und niedrigere Bewertungen zurückzuführen ist. Gleichwohl ist weiter Vorsicht geboten, denn das Risiko einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung ist nach wie vor erhöht: Ein Zusammenbruch der Aktienmärkte aufgrund von Sorgen über eine globale Verlangsamung verursacht eine Eintrübung des Geschäftsklimas und letztlich einen Rückgang der globalen Aktivität. Wir sind der Meinung, dass sich Rettungsmassnahmen, die von Interventionen der Notenbanken begleitet werden, letztendlich als wirkungsvoll erweisen. Im Falle Europas dürfte es jedoch – in Anbetracht politischer und längerfristiger Solvenzprobleme sowie der ungewöhnlich vehementen Kritik aus Wissenschaft und Wirtschaft – einige Zeit dauern, die Märkte davon zu überzeugen."

Nach Meinung von Sarasin besteht die grösste Schwachstelle des EUR 750 Mio. schweren, IWF geführten Rettungsprogramms für Griechenland darin, dass zwar reichlich Liquidität bereitgestellt, jedoch nichts getan wird, um die längerfristigen strukturellen Probleme zu lösen. Deren Lösung bedarf eines starken föderalen Haushalts und eines wirksamen Stabilitäts- und Wachstumspakts, bei dem Verstösse mit Strafen geahndet werden. Sarasin verweist jedoch darauf, dass ein gleichzeitiges Gürtel-Engerschnallen verschiedener Euroländer die Gesamtnachfrage und auch die Gesamtersparnisse mindern könnte, was eine wirtschaftliche Kontraktion auslöst. Die Wirtschaft wäre dann jedoch anfälliger als vorher. Das Ansetzen des Rotstifts ist auf dem Weg zu einem globalen Phänomen, was sich in der IWF-Zusammenfassung der "Fiskalischen Regeln" zeigt, die zunehmend verbindlich verankert werden.

In ihrem Strategieausblick kommt Sarasin zu dem Schluss, dass die Euro-Krise eine bemerkenswerte Chance zur Effizienzsteigerung im öffentlichen Sektor darstellen könnte, indem eine "angemessen dimensionierte" Regierung eingesetzt wird, welche die knappen Steuereinnahmen effektiver nutzt. Beispiele dieser Art gab es bereits in der Vergangenheit. So haben es Dänemark, Finnland und Irland in den 1980er-Jahren erfolgreich geschafft, eine wirtschaftliche Erholung bei gleichzeitiger fiskalischer Konsolidierung herbeizuführen. Das eigentliche Problem ist nicht die Gesamtverschuldung, sondern vielmehr die Verteilung der Staatsverschuldung. Aus wirtschaftlicher Sicht können demnach die Kernländer der Eurozone (theoretisch) noch lange Zeit Transferzahlungen an die Peripherieländer leisten. Möglicherweise sollte ein Trend zum Sparen in den Peripherieländern bei gleichzeitiger Verstärkung des privaten Konsums in den Kernstaaten das ultimative Ziel sein.

Auswirkungen auf die globale Anlagestrategie der Sarasin Gruppe
Die Inflation in den USA belief sich im 1. Quartal 2010 auf eine Jahresrate von 0,6% und war damit so niedrig wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen 1959 (gemäss eines Berichts des Handelsministeriums vom 30. April 2010). Gleichzeitig fällt die Kerninflation in Europa weiterhin schwach aus resp. es zeigt sich sogar ein Anflug von Deflation. Nach Meinung von Sarasin bieten Anleihen daher auf kurze Sicht weiterhin Diversifikationsvorteile und eine Absicherung gegen einen weiteren deflationären Schock. Sarasin gibt aber zunehmend Cash und Realanlagen (Gold und Blue- Chip-Aktien) den Vorzug vor einer Bindung der Portfolios in längerfristigen Staatsanleihen.

Die allgemeine Einschätzung von Sarasin, dass westliche Blue Chips aus dem "Nifty Fifty"-Universum Schwellenmarktwerte mit hohem Beta und Mid/Small-Cap-Indizes übertreffen werden, hat sich weitgehend als richtig erwiesen. Globale Aktien sind weiterhin die bevorzugte Anlageklasse. Dabei bildet Europa jedoch seit dem 1. Januar dieses Jahres eine Ausnahme, da der Zusammenbruch der Währung und die relative Aktienmarktschwäche aussergewöhnliche Verluste von 29% für USD Anleger – ein Minus von 23% gegenüber dem S&P 500 – zur Folge hatten. Sarasin ist allerdings der Ansicht, dass dies nicht anhaltender Natur sein dürfte und sich Anleger aus den USA und den Golfstaaten weiterhin mit renditestarken europäischen Blue Chips eindecken sollten, auch wenn dies zunächst der Intuition zu widersprechen scheint. (na)

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