23.12.2024, 14:23 Uhr
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In der Schweiz waren gemäss Jobradar im vierten Quartal 2019 so viele Stellen ausgeschrieben wie nie zuvor in den letzten sieben Jahren. Die Stellenmeldepflicht führt zwar dazu, dass viel mehr offene Stellen auf Bewerbungsplattformen ausgeschrieben werden. Aber die Ü50 werden dort oft aufgrund ihres Alters herausgefiltert.
Im 4. Quartal 2019 wurden am Stichtag (15. November 2019) gemäss den Erhebungen von Jobradar 205'530 Stellen in der Schweiz auf den Websites der Unternehmen und der Personaldienstleister ausgeschrieben. Davon waren 20'384 an Führungskräfte adressiert. 108'506 der insgesamt 205'530 Stellenanzeigen wurden von Personaldienstleistern ausgeschrieben und 97'024 fanden sich auf den Websites der Firmen.
Betrachtet man die Entwicklung der offenen Stellen nach Branchen, so schwingt das Baugewerbe seit dem dritten Quartal 2016 – zwar zyklisch, aber kontinuierlich – klar oben auf und hat seither die Informatik-Jobs abgelöst. Deutlich darunter liegen die in der Finanzdienstleistungsbranche ausgeschriebenen Stellen. Nach einem Schub im Jahr 2018 verlief 2019 seitwärts. Einen kontinuierlichen Anstieg weisen Versicherungen und das Immobiliengewerbe auf (siehe Grafik).
Unter den 100 Arbeitgebern, die in der Schweiz im Q4 2019 am meisten Arbeitskräfte suchten, lagen die Credit Suisse (507) und UBS (499) auf Rang zwei und drei hinter der Coop Genossenschaft (2527). Weitere Finanzdienstleister und Versicherungen in den Top 100 waren Axa Versicherungen (203), die Raiffeisen Gruppe (131), Swiss Life (96), CSS Versicherung (88), VZ Vermögenszentrum (77), Allianz Suisse (73), Basler Versicherung (70) und SIX Group (69).
Ein interessantes Stimmungsbild des gesamtschweizerischen Arbeitsmarktes 2019 ergibt die Statistik der Outplacement-Firma von Rundstedt. Das Barometer bezieht sich auf die gesamte Schweiz und basiert auf den Informationen von 1’524 von einer Kündigung betroffenen Mitarbeitern und von 192 Unternehmen aus verschiedenen Branchen, welche 2019 Entlassungen aussprechen mussten.
Demnach ist die Kündigungsquote der 40- bis 50-Jährigen mit Abstand am höchsten und liegt stark über dem demografischen Beschäftigungsanteil. Auf der anderen Seite werden jüngere Arbeitnehmer viel seltener gekündigt. So haben nur 27% der Kündigungen jüngere Arbeitnehmer (unter 40 Jahren) betroffen, obwohl diese 44% der Beschäftigten im Schweizer Arbeitsmarkt ausmachen. Entgegen häufiger Behauptungen liegt die Kündigungsquote bei den als Risikogruppe gehandelten Ü50 mit 31% im normalen Bereich. Sie entspricht in etwa dem demografischen Beschäftigungsanteil von 30%. Damit könne die Behauptung widerlegt werden, dass die Ü50 bei Kündigungen diskriminiert würden, so von Rundstedt.
Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass über 50-Jährige (Ü50) Arbeitslose laut einer Studie nicht von der Stellenmeldepflicht profitieren. Diese führt zwar dazu, dass viel mehr offene Stellen auf Bewerbungsplattformen ausgeschrieben werden, aber die Ü50 werden dort oft aufgrund ihres Alters herausgefiltert. "Die Ü50 kommen meist nur über persönliche Kontakte zu neuen Stellen. Der Erfolg, über Bewerbungsplattformen zu einem neuen Job zu kommen, ist für diese Altersgruppe sehr klein", sagt Studienleiter Pascal Scheiwiller.
Von der höheren Transparenz am Arbeitsmarkt durch die Stellenmeldepflicht profitieren insbesondere die unter 50-Jährigen. 2019 hätten 41% einen Job über öffentliche Stellenausschreibungen gefunden, stellte die Studie fest. Das sind wesentlich mehr als ein Jahr zuvor (24%). Auf der anderen Seite nahm der Erfolgsanteil der persönlichen Kontakte deutlich ab: So sind 2019 nur noch ein Drittel der Jobs über persönliche Bekanntschaften vermittelt worden. Im Vorjahr waren es noch 41%.
Man müsste erwarten, dass bei so vielen offenen Stellen und gleichzeitigem Fachkräftemangel die Suchdauer sinke, so Scheiwiller. Das sei allerdings nur bei den Jüngeren der Fall. Bei den Älteren sei die Suchdauer länger, weil viele Unternehmen Vorbehalte gegenüber dem Alter hätten. So stieg die durchschnittliche Suchdauer der 40- bis 50-Jährigen von 5,2 auf 5,8 Monate, bis sie wieder einen neuen Job gefunden hatten. Bei den über 50-Jährigen kletterte die Suchdauer gar von 6,8 auf 7,8 Monate.
Die Suchdauer hänge aber nicht nur vom Alter, sondern auch von anderen Faktoren ab. So gibt es Ü50, die relativ schnell eine neue Stelle finden, während andere umso länger brauchen. "Wir stellen fest, dass die Diskrepanz zwischen den 'leichten' Profilen (Suchdauer von 3,5 Monaten) und 'schwierigen' Profilen (Suchdauer von 11,2 Monaten) weiterhin gross ist. Die Polarisierung am Arbeitsmarkt nimmt zu", erklärte Scheiwiller. Das sei natürlich frustrierend für die Betroffenen.
Weiter stellt die Studie eine positive Salärentwicklung der Gekündigten in der neuen Stelle fest. Während bei Kündigungen naturgemäss häufig Saläreinbussen verzeichnet werden müssten, habe sich dieses Bild 2019 verändert. So konnten im letzten Jahr auch die Gekündigten bei einer neuen Stelle einen Lohnanstieg von durchschnittlich 3% (Vorjahr -9%) verzeichnen. Über alle Neueinstellungen (inkl. der direkt Abgeworbenen) beträgt der Lohnanstieg sogar 6% (Vorjahr 0%). Dies verdeutliche, dass sich neben der positiven Arbeitsmarktkonjunktur auch der zunehmende Fachkräftemangel allgemein positiv auf die Lohnentwicklung in der Schweiz auswirke.
Eine Ausnahme verzeichnet von Rundstedt allerdings hier bei den Ü50. In dieser Risikogruppe ist die Lohnentwicklung nach einem Stellenverlust mit -6% nach wie vor negativ. Im Vergleich zum Vorjahr (-12%) hat sich dieser Wert aber wesentlich verbessert.
In Branchen mit Fachkräftemangel sitzen derzeit die Arbeitnehmer am längeren Hebel. Die Firmen weichen sogar vermehrt von ihrem perfekten Wunschprofil für einen Job ab, an dem sie in den vergangenen Jahren eisern festgehalten haben. So sei zum ersten Mal fast der Hälfte der Stellensuchenden ein Branchenwechsel gelungen. Im Vorjahr seien es nur 25% gewesen. Auch die funktionale Mobilität hat mit 32% (Vorjahr 25%) stark zugelegt. Fast ein Drittel der Stellensuchenden hat in der Neuorientierung eine Stelle mit neuer Funktion gefunden. Scheinbar wirke sich der zunehmende Fachkräftemangel nun endlich positiv auf die Mobilität und die Dynamik bei der Stellensuche aus. Dies zeige, dass Arbeitgeber und Arbeitskräfte je länger je besser mit dem Strukturwandel klarkommen würden und sich die Flexibilität im Schweizer Arbeitsmarkt erhöhe.