ING sieht Konjunkturaufschwung weltweit ungebrochen

15.03.2010, 12:01 Uhr

Nach Einschätzung von ING Investment Management (ING IM) ist der weltweite Konjunkturaufschwung ungebrochen, auch wenn es hie und da Anzeichen für Stagnation gibt.

Gemäss ING IM haben die Sorgen um das Ausfallrisiko staatlicher Kreditnehmer sowie die schwierige fiskal- und zinspolitische Situation Anlegern in den letzten Wochen den Risikoappetit verschlagen. Allgemein schneidet der Unternehmenssektor indes weiterhin positiv ab. Aggressive Kostensenkungsmassnahmen bleiben zweifelsohne der entscheidende Faktor für die Ertrags- und Gewinnentwicklung von Unternehmen. Trotz Skepsis im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Nachfrage dürften positive Faktoren infolge von Produktivitätszuwächsen vorerst überwiegen.

Patrick Moonen, Senior Equity Strategist bei ING IM, kommentiert: "Infolge der Schuldenprobleme staatlicher Kreditnehmer ist eine zunehmende Divergenz an den Aktienmärkten zu beobachten. Länder mit einem niedrigen staatlichen Schuldenstand im Verhältnis zum BIP, geringer Bankenverschuldung, hoher Sparquote und Leistungsbilanzüberschüssen werden von dieser Situation profitieren. Wir gehen für die nächste Zeit von einer Seitwärts-Bewegung der Märkte aus, bedingt durch eine allmähliche geldpolitische Normalisierung. Wir meinen zwar nicht, dass dies bereits der Beginn eines neuen Bärenmarktes ist, aber diese Trading-Range dürfte anhalten, bis sich eine Lösung für Griechenland abzeichnet."



Patrick Moonen
Senior Equity Strategist
ING Investment Management

Moonen weiter: "Ich bin überzeugt, dass die Europäische Union Griechenland notfalls beispringen wird. Ein Staatsbankrott Griechenlands würde nämlich nicht nur die Glaubwürdigkeit der EWU untergraben, sondern auch den Wechselkurs des Euro belasten. Zudem muss ein Dominoeffekt bei anderen finanzschwachen Ländern wie Spanien, Portugal, Irland und sogar Grossbritannien verhindert werden. Überdies wird der Bankensektor wahrscheinlich unter Druck geraten, da zahlreiche Banken griechische Schuldtitel halten."

ING IM weist darauf hin, dass die vom Länderrisiko hervorgerufene Divergenz sich im bisherigen Jahresverlauf bereits an der relativen Wertentwicklung der Aktienmärkte in Griechenland und Spanien gegenüber denen von Deutschland und Frankreich gezeigt hat. Aufgrund des Länderrisikos dürfte sich auch ein deutlicherer Unterschied zwischen den Märkten der Industrieländer und der Schwellenländer herausbilden. Dies liegt nicht zuletzt an den attraktiveren Bewertungen, die die Schwellenländermärkte bieten.

Asien und Brasilien müssen die Zinsschraube anziehen

Nach Einschätzung von ING IM erwartet man generell eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik, zumindest bis Ende 2010. Grund ist das zwar positive, aber insgesamt schleppende Wirtschaftswachstum, das für dieses und das nächste Jahr vorausgesagt wird. Nach Ansicht von Patrick Moonen müssen die asiatischen Volkswirtschaften und Brasilien die Zinsschraube stärker anziehen, um die Entstehung von Blasen zu verhindern und Inflationserwartungen zu dämpfen. Dies ist allerdings weniger als Zeichen von Schwäche, sondern vielmehr von Stärke zu sehen.

Erfreulich sind nach Auffassung von ING IM auch die Ergebnisse des vierten Quartals 2009, die nicht nur bei den Nettogewinnen, sondern auch beim Umsatzwachstum die Erwartungen übertrafen. Die verbesserte Ertragsstabilität wird zudem durch steigende Gewinnspannen untermauert. Für 2010 ist laut ING IM mit Ertragszuwächsen von über 30 % zu rechnen. Dabei wird die Ertragsentwicklung vor allem durch Produktivitätszuwächse, einen Rückgang der Lohnstückkosten sowie Umsatzwachstum angetrieben.

Moonen weiter: "Auch Fusionen und Übernahmen werden 2010 eine wichtige Rolle spielen. Die Bilanzen der Unternehmen sind kerngesund und liquiditätsstark. Der Drang nach höherem Umsatzwachstum bzw. weiteren Effizienzgewinnen durch Skaleneffekte wird sicherlich der treibende Faktor für die M&A-Tätigkeit sein. Die kräftigen Cashflows werden ein zweistelliges Dividendenwachstum antreiben; insofern favorisieren wir High-Dividend-Strategien."

ING IMs Aktienteam hat seine Haltung zu Finanzaktien etwas revidiert und die Untergewichtung von 2 % auf 1 % reduziert. "Hierbei handelte es sich um einen taktischen Schritt, mit dem wir der vor allem in Europa ausgesprochen negativen Anlegerpositionierung und den leicht die Erwartungen übertreffenden Ergebnissen Rechnung tragen. Wir bleiben hier untergewichtet, da die Ungewissheit im Hinblick auf mögliche aufsichtsrechtliche Beschränkungen zusammen mit geringem bis negativem Kreditwachstum den Bankensektor belasten könnte. Hinzu kommen die möglichen negativen Folgen des gestiegenen Länderrisikos. Last but not least schafft eine geldpolitische Straffung kein günstiges Umfeld für zinsempfindliche Sektoren", so Patrick Moonen.

Ferner hat ING IM die Gewichtung des Bereichs Versorger zurückgefahren. Grund sind schwache Preis- und Gewinndynamik und ein Mangel an aussagekräftigen Performance-Faktoren. Überdies ist die Schuldenlast in diesem Sektor vergleichsweise hoch und es stehen enorme Kapitalinvestitionen an. Damit werden laut ING IM die Dividenden wohl nicht so stetig steigen, wie dies früher der Fall war.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ING IMs Multi-Asset-Portfolios bei Aktien unter- und bei Anleihenwerten übergewichtet sind. Dazu Eric Siegloff, Leiter der Strategy & Tactical Asset Allocation Group bei ING IM: "Der Unternehmenssektor profitiert weiter von günstigen Makrodaten (expansive Geldpolitik, Entspannung an den Kredit- und Finanzmärkten, Lagerzyklus). Faktoren wie Leitzinserhöhung in China, griechische Haushaltskrise und Pläne zur stärkeren Bankenkontrolle in den USA belasten zwar die Märkte, insgesamt bleibt die Dividendenentwicklung für Aktien aber im Vergleich zum Anleihenbereich – Staatsanleihen und High Yield – freundlich." (mak)

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