23.12.2024, 14:23 Uhr
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Trotz hoher Inflation belässt die Europäische Zentralbank den Leitzins unverändert bei 0% und hält an den Anleihekäufen fest. Allerdings betont der EZB-Rat die Unsicherheit über die weitere Inflationsentwicklung jetzt stärker. Somit könnte die Diskussion über einen schnelleren Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik an Fahrt gewinnen.
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die auf seiner geldpolitischen Sitzung im vergangenen Dezember gefassten Beschlüsse an seiner Februar-Sitzung am Donnerstag bestätigt: Er hebt weder die Zinsen an, noch beabsichtigt er, die Anleihekäufe stärker zu reduzieren oder gar einzustellen. Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte bleibt bei 0%, der Einlagensatz für Banken bei minus 0,5%.
Der EZB-Rat unter der Führung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde teilte nach der Sitzung mit, dass im Krisen-Anleihekaufprogramm PEPP im ersten Quartal 2022 "geringere Nettoankäufe von Vermögenswerten» getätigt werden. Die Ankäufe sollen, wie bereits im Dezember beschlossen, Ende März 2022 eingestellt werden. Nettoankäufe im Rahmen des PEPP könnten, wenn erforderlich, wieder aufgenommen werden, um negativen Schocks im Zusammenhang mit der Pandemie entgegenzuwirken, so der EZB-Rat.
Auch die Anleihekäufe unter dem älteren Anleihekaufprogramm APP würden wie geplant fortgesetzt. Der Umfang der monatlichen Nettoankäufe wird sich im zweiten Quartal auf 40 Mrd. Euro und im dritten Quartal auf 30 Mrd Euro belaufen. Dies stehe im Einklang mit der im Dezember 2021 beschlossenen schrittweisen Reduzierung der Ankäufe von Vermögenswerten und stelle sicher, dass der geldpolitische Kurs weiterhin mit einer mittelfristigen Stabilisierung der Inflation beim Zielwert von 2% des EZB-Rats vereinbar sei.
Ab Oktober werde der EZB-Rat die Nettoankäufe von Vermögenswerten im Rahmen des APP in einem monatlichen Umfang von 20 Mrd. Euro so lange fortsetzen, wie dies für die Verstärkung der akkommodierenden Wirkung seiner Leitzinsen erforderlich sei. Der EZB-Rat geht davon aus, dass die Nettoankäufe beendet werden, kurz bevor er mit der Erhöhung der EZB-Leitzinsen beginnt. Darüber hinaus ist er bereit, alle seine Instrumente gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Zielwert von 2% stabilisiert.
Die Inflation in der Eurozone ist im Januar nicht – wie von vielen Experten erwartet – zurückgegangen. Im Gegenteil, sie ist sogar von 5% im Dezember auf 5,1% im Januar gestiegen. Infolgedessen wird die EZB auch ihre Prognosen für die Inflationsentwicklung hochsetzen müssen. Das soll aber erst zur März-Sitzung passieren. Aktuell erwartet die EZB für die kommenden beiden Jahre jeweils nur eine Inflation im Jahresdurchschnitt von 1,8%. An der Pressekonferenz sagte die EZB-Präsidentin, dass dies in erster Linie auf höhere Energiekosten zurückzuführen sei, die die Preise in vielen Sektoren in die Höhe treiben, sowie auf höhere Lebensmittelpreise. Zusammenfassend lasse sich sagen, dass sich die Wirtschaft des Euroraums weiter erhole, aber das Wachstum dürfte im ersten Quartal gedämpft bleiben. "Während die Inflationsaussichten ungewiss sind, dürfte die Inflation länger als bisher erwartet hoch bleiben, aber im Laufe dieses Jahres zurückgehen", sagte Lagarde.
Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa bei der DWS, kommentierte: "Im Dezember war EZB-Präsidentin Lagarde aufkeimenden Spekulationen um eine Zinserhöhung noch mit dem deutlichen Hinweis begegnet, dass eine Anhebung des Leitzinses im Jahr 2022 sehr unwahrscheinlich sei. Heute vermied es die oberste europäische Währungshüterin, sich erneut so stark festzulegen. Stattdessen betonte sie die Datenabhängigkeit und wies auf das EZB-Meeting im März hin, wenn neue Projektionen anstehen. Gleichzeitig sind die Inflationsrisiken deutlich gestiegen. Dies kann man getrost als Indikation dafür interpretieren, dass nun auch für die Eurozone angesichts anhaltend hoher Inflationsraten die Diskussion über einen schnelleren Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik an Fahrt gewinnt."
Nicht alle Anlageklassen werden auf die Zinserhöhung gleichermassen reagieren, meint Sébastien Galy, Senior Macro Strategist bei Nordea Asset Management: "In einem Umfeld, in dem die EZB langsam aufholt, was auf dem Swap-Markt bereits eingepreist wurde, werden europäische Aktien wahrscheinlich nicht die grossen Zinsschocks erleiden, die auf dem US-Aktienmarkt zu beobachten sind. Dies gilt umso mehr, da sie im Schnitt günstiger bewertet sind." Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des MSCI EU liegt bei 14,6, während das Verhältnis des US-Pendants bei 18,2 liegt. Die niedrigen Zinssätze dürften auch weiterhin die Grundlage für Innovationen und das Aufkommen grüner Technologien bilden. Der eigentliche Test für die Eurozone sei nicht eine eventuelle leichte Erhöhung der Zinssätze, sondern die Verringerung der EZB-Bilanz. Diese liege jedoch noch zu weit in der Zukunft, um ihre Folgen ohne weiteres vorhersagen zu können.
Die Bank of England hat am Donnerstag den Leitzins um einen Viertel Punkt auf 0,5% angehoben. Die Notenbank in London hatte im Dezember als erste der grossen Zentralbanken seit Beginn der Pandemie den Zins angehoben – und zwar von 0,1 auf 0,25%. Die Notenbank reagiert damit auf die rasanten Preisanstieg auf der Insel: Die Inflationsrate war im Dezember auf 5,4% gestiegen, den höchsten Stand seit fast drei Jahrzehnten. Ökonomen gehen davon, dass sie in den kommenden Monaten sogar über die Marke von 7% steigen und damit noch weiter über das Ziel der Notenbank von 2,0% hinausschiessen dürfte.