Die Inflation kehrt in die Schweiz zurück

Bild: Hauptsitz St. Galler Kantonalbank
Bild: Hauptsitz St. Galler Kantonalbank

Nebst einer allmählichen Zinserhöhung und dem Wertverlust des Dollars wird die Schweiz 2017 erstmals seit sieben Jahren wieder die Teuerung beschäftigen, meint Thomas Stucki, Chief Investment Officer der St. Galler Kantonalbank.

01.12.2016, 14:19 Uhr

Redaktion: jaz

Die Frankenstärke liess Ende 2015 nichts Gutes für die Schweizer Wirtschaft erwarten. Der Ausblick war düster. Ein Jahr später stellt sich heraus: Ganz so zäh war es nicht. Die Devisenmarktinterventionen der SNB und der stabile Euro/Franken-Wechselkurs haben die Planungssicherheit der Schweizer Exportfirmen verbessert. Auch die Entwicklung des US-Dollars und die positive Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone waren günstige Faktoren. Das andauernde Rätselraten um die US-Leitzinserhöhungen beschäftigte aber das ganze Jahr. "Neu war, dass die Fed internationale Entwicklungen wie die Abwertung der Schwellenländerwährungen oder den Brexit-Entscheid bei ihren geldpolitischen Entscheiden berücksichtigte", sagt Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank. Anlässlich des Anlagetrends-Pressefrühstücks stellt er für 2017 folgende fünf Thesen auf:

These 1: Die Schweiz erlebt erstmals seit sieben Jahren wieder "Teuerung"
Ins Jahr 2016 startete die Schweizer Wirtschaft mit einer Inflationsrate von minus 1.4%. Zum Jahresende hat sich der negative Preisdruck nicht umgedreht, aber immerhin abgeflacht. Mit einem kleinen Minus von 0.2% hat sich die deflationäre Tendenz deutlich abgeschwächt. Im kommenden Jahr wird die Inflation wieder in den positiven Bereich und bis Ende 2017 auf +0.5% steigen. Steigende Rohwarenpreise und eine erstarkende Nachfrageseite sind die wesentlichen Preistreiber. So verlieren der Ölpreis und der Franken gemäss Stucki zwar an Einfluss, die Veränderung des Frankens hat in der Schweiz jedoch stets eine grössere Auswirkung auf die Inflation als die Veränderung der Ölpreise. Die SNB wird die geldpolitische Lage entspannter beurteilen. Weil die Inflationsrate weit vom SNB-Inflationsziel von 2% notiert, kann die SNB aber stark expansiv bleiben. Auch die Negativzinsen stehen aufgrund des nach wie vor starken Frankens nicht zur Diskussion. Diese werden die Anlegerinnen und Anleger auch durch das Börsenjahr 2017 begleiten.

These 2: Die Fed erhöht gemächlich die Zinsen, EZB und SNB bleiben expansiv
Die kurzen und die langen US-Zinsen werden im kommenden Jahr steigen. Laut Stucki wird die Fed im kommenden Jahr zwei Mal den Leitzins erhöhen, wobei dieser Ende 2017 zwischen 1.00%-1.25% liegen dürfte. Janet Yellen werde sich nicht von Trump beeinflussen lassen und weiterhin vorsichtig handeln und keine schnelle Zinserhöhung veranlassen. Diese Entwicklung wird die langfristigen Zinsen auch in der Schweiz und der Eurozone nach oben ziehen, wenn auch weniger stark als in den USA. Die kurzen Zinsen bleiben aber in beiden Regionen tief, die Zinskurve wird steiler. Die SNB wird sich bei ihren Zins-Entscheiden an der geldpolitischen Ausrichtung der EZB orientieren und diese bleibt aufgrund der aus ihrer Sicht zu tiefen Inflation und dem zu schwachen Wirtschaftswachstum in der Eurozone expansiv. Die Wertentwicklung des Frankens bleibt für die SNB von grösster Bedeutung. Weil die Deviseninterventionen die SNB-Bilanzsumme stark erhöht, wird die Nationalbank auch im kommenden Jahr auf die Negativzins-Karte setzen, um den Franken unattraktiv zu machen.

These 3: US-Dollar verliert an Wert, daran ändern auch steigende US-Zinsen nichts
Trotz dem fortschreitenden Fed-Zinserhöhungszyklus wird der US-Dollar unter Abgabedruck geraten. "Der Greenback kann zwar jeweils im Vorfeld einer möglichen US-Zinserhöhung zulegen. Aber mit jedem weiteren Zinsschritt wird sich dieser Effekt abschwächen. Darum wird der US-Dollar sich im Verlaufe der nächsten zwölf Monate abwerten", meint Thomas Stucki zur US-Dollar Entwicklung. Der Euro profitiert dagegen von der aufkommenden Diskussion über das Ende der ultra-expansiven Geldpolitik.

These 4: Guter Jahresstart für die Aktienmärkte, aber die Spielverderber sind in den Startlöchern
Der Nährboden für eine positive Entwicklung des Aktienmarktes ist vor allem zum Jahresbeginn gelegt. Zu Beginn des Jahres bleibt die Geldpolitik der Zentralbanken in ihren Grundzügen expansiv und das Zinsniveau tief. In den USA werden viele Infrastrukturprojekte aus der Taufe gehoben und die vorlaufenden Wirtschaftsindikatoren werden weiterhin eine expansive Konjunkturentwicklung signalisieren. Spätestens zur Jahresmitte kommen die Spielverderber wieder vermehrt zum Zug. "Dazu gehören die restriktiver werdende Geldpolitik in den USA und die Erwartung, dass auch in der Eurozone irgendwann die Geldpolitik wieder restriktiver werden muss. Die Abwertung des Yuan illustriert, dass Chinas Entwicklung ebenfalls von Unsicherheiten geprägt ist. Sie ist ein Belastungsfaktor für die Entwicklung der Aktienmärkte weltweit. Einen Bärenmarkt erwarten wir nicht, aber mehr Unruhe und zwischendurch wieder deutlich negative Marktphasen", meint Caroline Hilb Paraskevopoulos, Leiterin Anlagestrategie und Analyse der St. Galler Kantonalbank.

These 5: Weil die Zinsen steigen, kommt der Goldpreis unter Abgabedruck
Echte positive Treiber für den Goldpreis wird es 2017 nicht geben. Gemäss Stucki bleibt Gold nur eine Versicherung gegen schlechte Zeiten und hat daher zwar seine Berechtigung im Portfolio, sein Preis wird sich aber in den nächsten Monaten nicht stark erhöhen. Die steigenden Zinsen in den USA erhöhen zudem die Opportunitätskosten für das zinslose Gold, was die Anlage unattraktiver machen wird und den Goldpreis auch entsprechend belastet.

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