Der Euro auf der Intensivstation

09.12.2010, 17:48 Uhr

Das fehlende Vertrauen der Investoren sorgt für massiven Druck auf die Einheitswährung. Weitere Volatilität scheint beim Euro unausweichlich zu sein, da noch immer grosse Unsicherheit herrscht. Daher empfiehlt David Leduc, Chief Investment Officer von Standish, das Engagement bei jenen Volkswirtschaften zu limitieren, welche mit ihren Staatsverschuldungen zu kämpfen haben.



David Leduc
Chief Investment Officer von Standish

In seinem jüngsten Kommentar äussert sich David Leduc, CIO von Standish, der auf Fixed Income Investitionen spezialisierten Boutique von BNY Mellon Asset Management, zu den aktuellsten Tendenzen in der Eurokrise und deren Auswirkungen auf die Währung:

"Bis anhin reagierte die Europäische Politik auf die bisherige Krise eher reaktiv als proaktiv. Dies führte zu einem mangelnden Vertrauen bei den Investoren, was wiederum für Druck auf die Obligationen-Spreads und auf den Euro sorgte.

Mögliche Beschlüsse gibt es zahlreiche: So könnte die Europäische Zentralbank (EZB) eine Monetisierung der Staatsschulden veranlassen, es könnten Schritte zu einer stärkeren Finanzunion aller Euroraum-Mitglieder initiiert werden oder einzelne Länder könnten aus der EU ausscheiden. Es versteht sich von selbst, dass all diese Optionen beträchtliche politische Herausforderungen mit sich bringen würden. Wir glauben, dass die Auswirkungen auf den Euro negativ und der Ausblick für die Anleihenspreads sehr unsicher sind. Die volkswirtschaftlichen Kosten einer Aufspaltung des Euros wären enorm. Daher wird alles unternommen, um dies zu vermeiden. Dieser Prozess wird aber aller Voraussicht nach eine anhaltende Volatilität mit sich bringen.

Erkältungskrankheiten…

Im Euroraum bevorzugen wir weiterhin Italien, da es unter allen Randländern der Eurozone die gesündeste Wirtschaft ausweist. Die Krise hatte keinen direkten Einfluss auf den privaten Sektor, wie es in anderen Ländern zu beobachten war und das Bankensystem ist momentan noch gut kapitalisiert. Ausserdem ist Italien etwas konkurrenzfähiger als viele andere EU-Länder, da der Anteil seiner Exporte in Nicht-Euro-Wirtschaftsräume etwa vergleichbar mit jenem Deutschlands ist. Daher sehen wir die Ausbreitung der Spreads Italienischer Staatsanleihen gegenüber Deutschen Staatsanleihen als primär von der Börsenstimmung getriebenen Effekt. Im Gegensatz dazu ist die Zahlungsfähigkeit von Irland, Portugal, Griechenland und sogar Spanien mittlerweile in Frage gestellt. Wir sind daher froh, dass wir in diesen Ländern nur sehr limitierte Engagements haben.

Unsere Einschätzung für das Wachstum Deutschlands hingegen ist positiv. Die Binnennachfrage ist hoch und die Exporteinkommen bleiben robust. Allerdings hat dies eine inländische Inflation zur Folge, was historisch betrachtet für die deutsche Bevölkerung stets eine umstrittene Angelegenheit darstellte. Zukunftsgerichtet beurteilt und in Anbetracht des schlechten Gesundheitszustandes des Euroraums ist eine überdurchschnittliche Inflation seitens der deutschen Wirtschaft allerdings nötig, um die Leistungsbilanz der Region zugunsten eines Modells mit höheren Einsparungen für die Peripherie-Länder anzupassen. Dies sollte von einem grossangelegten Liquiditätsprogramm durch die EZB begleitet werden." (mak)

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