Den USA droht ein Juristen- und Zahlenkrieg

Freiwillig, so scheint es, gibt Donald Trump seinen Amtssitz nicht auf. (Quelle: Shutterstock.com/turtix)
Freiwillig, so scheint es, gibt Donald Trump seinen Amtssitz nicht auf. (Quelle: Shutterstock.com/turtix)

Während die Auszählung der Wählerstimmen noch immer auf hohen Touren lief, kündigte (Noch-)Präsident Donald Trump bereits den Gang vor den Obersten Gerichtshof an. Juristischen Querelen sind garantiert. Bei einem Patt würde am Schluss der Kongress entscheiden.

05.11.2020, 10:27 Uhr

Redaktion: hf

Wohl noch lange wird die US-Präsidentenwahl für Schlagzeilen sorgen. Selbst wenn Joe Biden als offizieller Sieger feststeht, worauf zur Stunde fast alles hindeutet, macht sich Donald Trump auf, seinen Platz im Weissen Haus zu verteidigen. Den Gang vors Oberste Gericht hat er bereits angekündigt. Von den Urnen und Wahllokalen verlagert sich so der Kampf um die Präsidentschaft zu den Gerichten und ins Parlament. Wie Trump die Wahl anfechten kann und wie die Mechanismen aussehen, zeigt ein Überblick der Nachrichtenagentur Reuters.

In einigen über die Jahre von wechselnden Mehrheiten gekennzeichneten Bundesstaaten - den Swing States - war und ist der Wahlausgang knapp. Die Lage in Corona-Zeiten ist noch komplizierter als sonst schon, weil in manchen Staaten das Auszählen der Briefwahlstimmen hinzieht. Gerade ein knapper Wahlausgang könnte die Gerichte beschäftigen, die über die Zählung und Wertung von Stimmen entscheiden müssten. Aber auch bei einem eindeutigeren Resultat zeichnet sich ab, dass Trump sich nicht geschlagen gibt und den juristischen Weg einschlägt.

Trumps Trumpf beim Obersten Gericht

Letztlich könnte der Oberste Gerichtshof könnte eingeschaltet werden - so wie im Jahr 2000, als es um die Auszählung im Swing State Florida ging. Die Obersten Richter stoppten letztlich die Auszählung. Der Republikaner George W. Bush gewann mit nur gerade 537 Stimmen Vorsprung den Bundesstaat vor dem demokratischen Herausforderer Al Gore. Am Obersten Gericht hat Trump mit der jüngsten Ernennung von Amy Coney Barrett de facto eine klare Mehrheit konservativ ausgerichteter Top-Juristen geschaffen.

Der US-Präsident wird nicht direkt gewählt, sondern über ein Gremium von Wahlleuten - dem sogenannten Electoral College. Der Gewinner muss mindestens 270 Stimmen in diesem 538-köpfigen Gremium zustandebringe, das sich am 14. Dezember trifft. Danach kommen die beiden Häuser des US-Kongresses zusammen, um die Stimmen auszuzählen und den Sieger bekanntzugeben. Das ist normalerweise eine Formsache, doch diesmal könnte es anders sein. Die Gouverneure der Bundesstaaten müssen die Wahl-Ergebnisse ihrer Bundesstaaten bestätigen und dem Kongress melden.

Das letzte Wort hat der Kongress

In einigen Bundesstaaten könnte es wegen des schwelenden Streits über den Wahlausgang dazu kommen, dass die jeweiligen Parlamente andere Zahlen als der Gouverneur melden: Pennsylvania, Michigan, Wisconsin and North Carolina haben demokratische Gouverneure, die Republikaner stellen allerdings die Mehrheiten in den Parlamenten dieser Bundesstaaten. Rechtsexperten sind sich uneins, ob in diesem Fall die Zahlen des Gouverneurs ausschlaggebend sein sollten, oder der Kongress die Stimmen nicht berücksichtigen sollte. Letztlich könnten auch solche Streitfragen und sich daraus ergebende weitere Fragen und Schwierigkeiten vor dem Obersten Gericht landen.

Falls keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit im Wahlleute-Gremium bekommt, muss laut dem 12. Verfassungszusatz der Kongress die Wahl entscheiden. Das könnte bei einem Patt von 269 zu 269 Wahlleute-Stimmen der Fall sein. Dann obliegt es dem Repräsentantenhaus, den Präsidenten zu wählen. Der Senat bestimmt dann den Vizepräsidenten.

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