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Container-Schifffahrt: Kurskorrektur in Richtung Nachhaltigkeit

Nach mehreren Jahrzehnten hoher Wachstumsraten haben sich die Rahmenbedingungen der Container-Schifffahrt seit 2008 grundlegend verändert. Der Sektor leidet einerseits an erheblichen Überkapazitäten und andererseits an einer anhaltend gedämpften Nachfrage, was sich in tiefen Frachtraten niederschlägt. Das anspruchsvolle Marktumfeld bietet jedoch auch Chancen.

29.10.2015, 14:18 Uhr
Alternatives

Diejenigen Unternehmen, welche Kostenvorteile im Rahmen von globalen Allianzen erzielen und Effizienzverbesserungen beispielsweise über einen tieferen Energieverbrauch realisieren können, werden zu den Marktgewinnern gehören. Für Investoren heisst dies, jene Marine orientierten Transportdienstleistungsunternehmen zu identifizieren, welche die sich aus den Herausforderungen ergebenden Chancen frühzeitig erkannt haben und über ein integriertes nachhaltig ausgerichtetes Geschäftsmodell verfügen.

Die moderne Container-Schifffahrt geht auf die 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Ab Mitte der 60er-Jahre erlebte sie eine mehrere Jahrzehnte dauernde Phase starken Wachstums. So lag die Wachstumsrate bis 2008 im langfristigen Durchschnitt bei jährlich rund 9%. Der Hauptgrund dieses lange währenden Wachstums lag in der grösseren regionalen Arbeitsteilung bzw. Internationalisierung der Wertschöpfungskette. Diese vermehrte regionale Trennung von Produktion und Konsum, auch bekannt als Globalisierung, liess den Welthandel bis 2008 massiv stärker wachsen als das weltweite Bruttoinlandprodukt.

Im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise verzeichnete die Container-Schifffahrt 2009 erstmals in ihrer Geschichte einen Volumenrückgang von rund 10%. Zwar steigen die Container-Volumen seither wieder an, jedoch im Schnitt mit deutlich geringeren Wachstumsraten. Sie dürften über die nächsten Jahre bei höchstens 5% liegen.

Unter dem Eindruck der früheren hohen Wachstumsraten wurden von den grossen Reedereien zahlreiche neue und erheblich grössere Schiffe bei den Werften in Auftrag gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass zwischen der Auftragserteilung zum Bau eines neuen Schiffes und dessen Inbetriebnahme eine Zeitspanne von rund 3 Jahren liegen, kommt in naher Zukunft immer noch eine erhebliche Zahl neuer Schiffe zur Auslieferung. Da die Reedereien überdies trotz gedrückter Nachfrage nur zögerlich ihre alten in den Büchern abgeschriebenen Schiffe abwracken, bleiben die Überkapazitäten zumindest bis Anfang 2016 bestehen.

Das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage hat seit Anfang 2015 zu abermals massiv tieferen Frachtraten geführt, nachdem sich die Raten im Vorjahr vor allem im Verkehr mit den USA positiv entwickelt haben und im Verkehr zwischen Europa und Asien sowie im Verkehr innerhalb Asiens insgesamt zumindest relativ stabil verliefen. Ein wesentlicher Grund dieser Entwicklung liegt in den erheblich geringeren Exporten Chinas nach Europa einerseits und der konjunkturellen Abkühlung in China andererseits, was ein entsprechend rückläufiges Importvolumen zur Folge hatte.

Vor dem Hintergrund der erst für 2016 prognostizierten tieferen Zuwachsraten auf der Angebotsseite dürften sich dementsprechend höhere Frachtraten ebenfalls erst auf diesen Zeitpunkt abzeichnen und dies auch nur bei einer nachhaltigen Stabilisierung der chinesischen Volkswirtschaft. Verstärkte regionale Produktion bricht Globalisierungsdynamik die Spitze Während sich die Entwicklung der angebotenen Container-Kapazitäten aufgrund der bestehenden Bestellbücher der Werften verhältnismässig gut darstellen lässt, ist der weitere Verlauf auf der Nachfrageseite mit viel grösserer Unsicherheit behaftet.

Die Nachfrage nach Container-Transportleistungen wird in hohem Mass vom Verlauf des weltweiten Konjunkturzyklusses geprägt. Dabei kommt der wirtschaftlichen Entwicklung Asiens, vorab Chinas, der USA und Europas eine ausserordentliche Bedeutung zu. Den ausgesprochen hohen Container-Volumen auf den Handelsrouten Asien-Europa und Asien-Nordamerika stehen die viel geringeren Volumen der Routen Europa-Nordamerika, Nordamerika-Lateinamerika sowie Lateinamerika-Europa gegenüber.

Neben dem zyklischen Einfluss wirkt in jüngster Zeit zusehends ein struktureller Faktor auf das weltweite Container-Volumen. Während der zyklische Faktor das Volumen in beide Richtungen beeinflusst, muss der strukturelle Faktor als klar negativ für das zukünftige Container-Volumen beurteilt werden. Er lässt sich mit dem zunehmenden Trend zu einer regionalen Beschaffung (engl.: near-sourcing) von Halbfabrikaten und Produktionskomponenten für die Endproduktion und Montage einerseits sowie von Fertigprodukten für den Konsum andererseits umschreiben. Der wirtschaftliche Hintergrund hierzu liegt in den über die letzten Jahre überproportional gestiegenen Lohnkosten in China, welche das Reich der Mitte im internationalen Vergleich relativ betrachtet unattraktiver macht gegenüber manchen Schwellenländern, die viel näher bei den USA (z.B. Mexiko) oder Westeuropa (z.B. Rumänien) liegen. Grafik 5 zeigt den beschriebenen Sachverhalt der sich verschlechternden relativen Wettbewerbsfähigkeit von China im Vergleich zu Mexiko anhand der Entwicklung der bezahlten Stundenlöhne über die vergangenen 10 Jahre auf eindrückliche Weise.

Lesen Sie den gesamten Report von J. Safra Sarain hier

Quelle: J. Safra Sarain

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