Bankiervereinigung will Finanzmarktstabilität sichern und kritisiert Negativzinsen

Herbert J. Scheidt, Präsident der SBVg und VR-Präsident der Bank Vontobel (Bild: zvg)
Herbert J. Scheidt, Präsident der SBVg und VR-Präsident der Bank Vontobel (Bild: zvg)

Die Schweiz ist auch in Zeiten des globalen Wandels und der Unsicherheit ein Hort der Stabilität. Diesen gelte es noch stärker zu schützen und auszubauen, so Herbert J. Scheidt, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), am diesjährigen Bankiertag. Nicht ins Bild passen für den Bankenverband die Negativzinsen der Nationalbank. Die Kritik ist deutlich.

12.09.2019, 14:45 Uhr

Autor: Hanspeter Frey

Es gelte den Blick dafür zu schärfen, was heute und in Zukunft einen sicheren und stabilen Finanzplatz ausmacht und welchen Beitrag welcher Akteur dazu leisten soll, sagte SBVg-Präsident Herbert J. Scheidt am Bankiertag 2019 im Zürich. Dieser stand unter dem Motto "Mit Weitblick vernetzen". Für die Bankiervereinigung bedeute das, verdeutlicht sie in einem zur Tagung veröffentlichten Communiqué, "gemeinsam mit Behörden, Politik und Branche überzeugende Lösungen zu finden."

Auf die Finanzmarktstabilität bezogen stellt der Branchenverband die Frage in den Raum, in welcher Form das Stabilitätsverständnis der Behörden und der Öffentlichkeit sowie die Ausübung des Stabilitätsmandats der Nationalbank angepasst werden müssten. Die Banken hätten seit der Finanzkrise ihre Liquiditäts- und Kapitalausstattung massiv verstärkt und damit ihren Beitrag zu Sicherheit und Stabilität geleistet. "Allerdings sind neue systemische Risiken entstanden, sodass eine reine Begrenzung auf Banken nicht mehr zeitgemäss ist», betont SBVg-Präsident Scheidt.

Herausforderung Cyberkriminalität

Erforderlich seien umfassende Abwehrdispositive zum Schutz vor Cyberrisiken. Cyberangriffe erfolgen unerwartet, lösen Netzwerkeffekte aus und haben damit potenziell systemische Wirkung. Die Branche habe die Bedeutung erkannt und zahlreiche Massnahmen in die Wege geleitet. Für ein umfassendes Abwehrdispositiv brauche es aber auch neue Wege in der Zusammenarbeit von Banken und Behörden. Dazu gehöre, dass die Nationalbank Cyberkriminalität als Teil ihres Stabilitätsmandates betrachtet.

Ein zukunftsweisendes Stabilitätsmandat müsse auch die Beurteilung auf neuer Technologie basierender Akteure miteinschliessen, sprich: Fintech.

Welchen Schaden die Negativzinsen verursachen

Zum Stabilitätsaspekt gehört für die Bankiervereinigung auch die Zins- respektive Negativzinspolitik. Das andauernde Negativzinsregime benachteilige die Schweizer Banken im internationalen Wettbewerb, kam am Bankiertag eine schon länger bestehende Sorge zur Sprache. Die Schweizer Banken zahlen jährlich über 2 Mrd. Fr. Negativzinsen. Dies entspricht rund 5% ihrer Bruttozinserträge. Die Banken in der Eurozone und in den USA werden hingegen subventioniert oder erhalten Zinserträge für ihre Einlagen bei der Zentralbank. Allein in den USA bekommen die Banken in diesem Jahr durch die Notenbank schätzungsweise 30 Mrd. $ an risikofreiem Zinsertrag, betont die SBVg.

Die Negativzinsen bewirkten massive strukturelle Schäden für die Schweizer Volkswirtschaft und Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger. Sie führten zur Blasenbildung und schädigten langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft, weil sie unrentable Unternehmen künstlich am Leben halten. Zudem gefährdeten Negativzinsen die Altersvorsorge der Bevölkerung. Je länger die Negativzinsen andauern und je höher der strukturelle Schaden für die Schweiz sei, desto dringlicher werde die Frage, ab wann bei den Negativzinsen Gegensteuer gegeben werden müsse.

Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit – Kritik an Stempel- und Verrechnungssteuer

Positive Worte fanden die SBVg-Verantwortlichen zum Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltige Investitionen sind im vergangenen Jahr um 83% auf den neuen Rekord von 717 Mrd. Fr. gestiegen. Der Anteil der Schweiz liegt klar über dem internationalen Schnitt. Laut CEO Jörg Gasser will die Vereinigung die Schweiz als führenden Hub für Sustainable Finance positionieren. Die Schweiz habe enormes Potential und Expertise in diesem Bereich. Es gelte attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, damit man dieses Potential nutzen könne.

Dazu brauche es die richtigen Anreize und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Anlagerestriktionen in der beruflichen Vorsorge sowie steuerliche Hürden sollen beseitigt werden. Im Zentrum stehen laut Gasser die Abschaffung der Stempelsteuer und die Reform der Verrechnungssteuer. Zudem benötigten die Banken für den Export ihrer Dienstleistungen und Expertise einen verbesserten Marktzugang.

Die Banken können einen wichtigen Beitrag leisten, indem die Nachhaltigkeit konsequent in den Beratungsprozess einfliesst. Die Bankiervereinigung ist hier aktiv. Geplant seien in der ersten Hälfte 2020 entsprechende Leitlinien für die Mitglieder, versprach Gasser.

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