Abkehr vom "instabilen Mutterschiff"

Foto: tokamuwi, pixelio.de
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Nach der unerwarteten Aufhebung des Mindestkurses des Franken gegenüber des Euros durch die Schweizerische Nationalbank reagierten Märkte und Medien zunächst schockiert auf diesen überraschenden Schritt. Lesen Sie im folgenden erste Einschätzungen und Meinungen von Finanz- und Währungsexperten zum SNB-Entscheid.

16.01.2015, 14:53 Uhr

Redaktion: ist

Holger Fahrinkrug, Chefvolkswirt von Meriten (BNY Mellon), glaubt, der drastische Schritt der SNB sei von möglichen zukünftigen Handlungen der EZB motiviert gewesen.

“Wir glauben, dass die Aufhebung des Euro-Mindestkurses zum grössten Teil auf die erwartete Auflockerung der Geldpolitik durch die EZB zurückzuführen ist. Mit dieser ist wahrscheinlich bereits anfangs nächster Woche zu rechnen. Der Prozess könnte weiteren Druck auf den Franken ausüben und es der SNB noch schwerer machen, an festen Wechselkursen festzuhalten."

Fahrinkrug erwartet, dass der Wechselkurs zwischen Euro und Franken in nächster Zeit knapp über der Parität bleiben wird. Es sei jedoch mit grösserer Volatilität zu rechnen.

Voreilige Entscheidung
Trotz gewissem Verständnis für die Argumentation der SNB, stuft Jo Corbach, Währungsexperte bei Swiss & Global Asset Management, den Zeitpunkt der Aufhebung des Mindestkurses für verfrüht ein.

„Ein Zusammenhang mit den zu erwartenden zusätzlichen geldpolitischen Massnahmen der EZB liegt auf der Hand. Dies nicht zuletzt auch deshalb, als dass das von der SNB im Dezember eingeführte Instrument der Negativzinsen genau am 22. Januar in Kraft treten wird, exakt am Tag der EZB-Entscheidung. Hat die SNB einen begründeten Verdacht, dass die Massnahmen der EZB nächste Woche unerwartet expansiv ausfallen werden und der Druck auf die EURCHF Untergrenze auf ein unerträgliches Mass hätte zunehmen können? Ein negativer Zinssatz von 75bp ist ohne flankierende Massnahmen bezüglich Liquiditätshaltung sicher am oberen Rand des Möglichen. In welchem Ausmass er ausreicht, die Attraktivität des Schweizer Frankens für ausländische Investoren zu brechen, bleibt abzuwarten.“

Ein Schritt in die Unabhängigkeit
John Greenwood, der Chefökonom von Invesco, hält die Aufhebung des Mindestkurses und die Erhöhung des Negativzinses dagegen für einen vernünftigen Schritt.

„Eine kleine offene Wirtschaft hat ihre Unabhängigkeit von einem instabilen Mutterschiff bekräftigt. Auch für die Eurozone ist dies kein dramatisches Ereignis: Ungeachtet dessen, was in der Schweiz passiert, wird die EZB in der kommenden Woche ihre eigenen Pläne weiterverfolgen (zu erwarten ist eine symbolische quantitative Lockerung mit verzögerter Umsetzung). Und schliesslich bleibt festzuhalten: Auch wenn Schweizer Aktien auf CHF-Basis Wertverluste verzeichnet haben, sind sie auf US-Dollar-Basis weitgehend gestiegen.“

Wo glauben Sie wird der Euro-Franken-Kurs Mitte 2015 stehen? Nehmen Sie hier an der Fondstrends-Umfrage teil.

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