2011: Wiedergeburt der Aktie

06.12.2010, 10:59 Uhr

2010 war ein ereignisreiches und volatiles Jahr. Für 2011 erwartet

Dexia Asset Management ein besseres Aktienumfeld – weil die Unternehmen in

guter Verfassung sind und die Zentralbanken keine Scheu vor unorthodoxen

Massnahmen hatten. Die Hilfe der Geldpolitik ist aber nicht frei von Risiken.





Frédéric Buzaré,
Global Head of Fundamental Equity Management bei Dexia Asset Management

2010 gab es für viele

Aktienanleger nur schwarz oder weiss. Die unterschiedliche Entwicklung der

Industrieländer und der Emerging Markets war ein wichtiges Thema, und nicht

wenige Investoren waren zwischen Deflations- und Inflationsängsten hin- und

hergerissen. Für Frédéric Buzaré, Global Head of Fundamental Equity Management

bei Dexia Asset Management ist klar: "In

der Rückschau wird 2010 als Jahr des Übergangs erscheinen. 2011 wird vermutlich

ausgeglichener sein. Die noch immer extremen Sektorkorrelationen dürften wieder

zurückgehen. Im Mittelpunkt wird dann wieder die Einzeltitelauswahl stehen. Die

Vorliebe der Anleger für Wachstumswerte, die Substanzwerte deutlich hinter sich

gelassen haben, wird zwar anhalten, aber die Investoren werden wählerischer. Ausserdem gehen wir davon aus, dass das moderate

Wirtschaftswachstum und die expansive Geldpolitik erneut für ein sehr gutes

Aktienumfeld sorgen werden. Wir rechnen nicht mit einer Deflation japanischer

Prägung, weil es in den USA anders als in Japan gelungen ist, die

Inflationserwartungen zu stabilisieren – ja, vielleicht steigen sie sogar. Die

Realzinsen sind jetzt negativ. Inflationserwartungen und Bewertungskennziffern

sind eng korreliert: In der Vergangenheit war eine Inflationsrate von 2 bis 4

Prozent günstig für Aktien. Die Unternehmen bleiben sehr diszipliniert. Sie

haben viel Liquidität und sind auch im Abschwung profitabel geblieben. Die

Kombination aus negativen Realzinsen und moderatem Wachstum dürfte die

Aktienmärkte daher auch 2011 stützen."

Aktien werden weiter an Bedeutung gewinnen

Sowohl institutionelle Investoren

als auch Privatanleger scheinen das Vertrauen in Aktien verloren zu haben. Sie

waren von den niedrigen Renditen enttäuscht und durch die beiden grossen Krisen

2002 und 2008 verunsichert. Heute ist der amerikanische Aktienmarkt nur doppelt

so gross wie der amerikanische Rentenmarkt, vor zehn Jahren war er noch sechs

Mal so gross. Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen und Privathaushalte

haben ihr Aktienengagement deutlich zurückgefahren. Die Divergenz zwischen dem

Zustand der Unternehmen und dem Verhalten der Investoren könnte aber kaum

markanter sein: Die Unternehmen sind in hervorragender Verfassung, verfügen

über enorme Liquiditätsreserven und haben nur wenig Schulden. Die Anleger

hingegen sind risikoscheu und bevorzugen trotz der niedrigen Renditen

Staatsanleihen. Frédéric

Buzaré: "Die

Eigenkapitalfinanzierung war niemals teurer als heute und die

Fremdkapitalzinsen waren niemals niedriger. Dank ihrer hohen Bilanzqualität

können Unternehmen ihre Kapitalstruktur umstellen und erheblichen Shareholder

Value schaffen, indem sie Aktien zurückkaufen oder die Dividenden anheben.

Ausserdem wird es in vielen Sektoren eine weitere Konsolidierung geben. Wir

rechnen mit zahlreichen Fusionen und Übernahmen, weil die gesündesten

Unternehmen auf Einkaufstour gehen und das billige Fremdkapital nutzen, um mit

Übernahmen Mehrwert zu schaffen."

Rallye nach langer Phase mit niedrigen Realzinsen

Hinzu kommt, dass die

Aktienmärkte sehr vernünftig bewertet sind. Gemessen am KGV sind Aktien in

Europa heute etwa so teuer wie 2003, obwohl von einem deutlich niedrigeren

Wachstum ausgegangen wird. Die Bewertungen müssen steigen, damit die Kurse

zulegen können. Frédéric

Buzaré: "Wir

glauben, dass die Bewertungskennziffern auf ihrem Tiefpunkt angelangt sind.

Wichtiger als die niedrigen Nominalzinsen sind die negativen Realzinsen. Sie

werden die Bewertungskennziffern steigen lassen. Die Aktienmärkte haben also

vor allem wegen der zurzeit sehr niedrigen Bewertungen Aufwärtspotenzial. Wenn

sich die Konjunktur erholt, ist ihr Anstieg der Hauptgrund für Kursgewinne.

Eine längere Phase mit niedrigeren Realzinsen hat bislang stets zu einer Rallye

geführt."

Kurzfristige Korrekturen als Kaufgelegenheiten nutzen

Natürlich gibt es auch Risiken.

In den USA ist die Geldpolitik sehr wichtig für die Marktentwicklung. Sie kann

daher auch zu Verwerfungen und Ungleichgewichten führen. Erstens wurden der

US-Dollar und das Pfund gegenüber dem Euro und den Emerging-Market-Währungen

abgewertet. Zweitens hat die gute Entwicklung der Emerging Markets viel mit der

expansiven Geldpolitik in den USA zu tun. Drittens lässt die reichlich

vorhandene Liquidität die Rohstoffpreise steigen, was wiederum zu höheren

Inflationserwartungen führt. Hohe Rohstoffpreise könnten ausserdem, ähnlich wie

2008, der Konjunktur schaden. Viertens mag die Inflation im Westen zwar niedrig

sein, doch legt die Teuerung in den Emerging Markets merklich zu. Es wäre gut,

wenn dies bald zu Ende wäre, weil sonst die Geldpolitik gestrafft werden

könnte. Und fünftens sind die Risiken von Staatsanleihen, insbesondere aus den

europäischen Peripherieländern, keinesfalls zurückgegangen. Man sollte sie

sorgfältig beobachten. Frédéric Buzaré meint dazu: "Aufgrund dieser Ungleichgewichte und

der derzeitigen Konjunkturrisiken rechnen wir weiterhin mit volatilen

Aktienmärkten. Es kann daher zu kurzfristigen Korrekturen kommen, welche wir

aber als gute Kaufgelegenheiten betrachten."

Vieles spricht für Wachstumsaktien

An den Finanzmärkten findet ein

Paradigmenwechsel statt. Die Unterschiede zwischen Industrieländern und

Emerging Markets werden jeden Tag grösser. Ausserdem sollte man wachsam sein,

da sich aufgrund der unorthodoxen Geldpolitik neue Preisblasen bilden können. Asien

hat eine grosse Zukunft vor sich, was aber nicht ausschliesst, dass die

asiatischen Aktienmärkte kurzfristig überkauft sein können. Hinzu kommt, dass

Europa zwar Probleme haben mag, doch waren die europäischen Unternehmen niemals

stärker als heute – und jene, die international tätig sind, werden auch in

Zukunft erfolgreich sein. An den Megatrends, über die wir schon seit einiger

Zeit sprechen, hat sich nichts geändert. Dies gilt insbesondere für die

Verlagerung des Wirtschaftswachstums nach Osten, die Rohstoffknappheit und die

Arbeitsmarkt-Ungleichgewichte in Europa.

In diesem Umfeld setzt Dexa Asset Management auf

folgende Investmentthemen:

  • Emerging Markets: Sie sind aus der Krise deutlich gestärkt hervorgegangen und dürften eine grosse Zukunft vor sich haben. Kurzfristig raten wir allerdings zur Vorsicht. Viel hängt von der amerikanischen Geldpolitik ab.
  • Rohstoffvorkommen: Die weltweite Ölnachfrage dürfte 2011 einen neuen Höchststand erreichen, insbesondere aufgrund der wachsenden Nachfrage Chinas. Die Emerging Markets werden sich weiter um eine Sicherung ihrer Energieversorgung bemühen.
  • Wachstumsaktien: Sie verbuchten hohe Gewinne, weil das niedrige Wirtschaftswachstum und die unklaren Gewinnaussichten anderer Aktien das Interesse der Anleger an Wachstumsaktien geweckt haben. Wir glauben, dass günstig bewertete Wachstumswerte, wie sie der GARP-Ansatz ("Growth At a Reasonable Price") auswählt, eine grosse Zukunft haben. In den Neunzigern, also in Japans verlorenem Jahrzehnt, und während der grossen Depression in den dreissiger Jahren entwickelten sich solche Aktien recht gut. Wir glauben, dass GARP-Werte auch 2011 Gewinne verbuchen werden, da sie noch immer das beste Risiko-Ertrags-Profil haben. Es gibt nur wenige Marktsegmente mit eindeutig nachhaltigem Wachstum. Dies rechtfertigt einen Bewertungsaufschlag.
  • Dividenden (und insbesondere steigende Dividenden): Unternehmen mit einer nachhaltigen Dividendenpolitik sind aufgrund der niedrigen Anleiherenditen attraktiv. Die Unternehmensbilanzen waren niemals besser als heute. Die Unternehmen können ihren Aktionären daher hohe Dividenden zahlen – noch besser ist es aber, in Unternehmen zu investieren, die ihre Dividenden bereits früher Jahr für Jahr angehoben haben. Seit September 2009 ist dies eine sehr erfolgreiche Strategie. Wir rechnen damit, dass dies so bleibt.
  • Fusionen und Übernahmen: Der Markt ist bereit für eine neue Fusions- und Übernahmewelle. Die Differenz zwischen Cashflow-Renditen und Fremdkapitalzinsen ist erheblich. Bevorzugt werden Übernahmen, die Mehrwert schaffen.

Frédéric Buzaré meint: "2011

haben die Aktienmärkte viel Aufwärtspotenzial. Sie dürften aber volatil

bleiben, so dass der richtige Investitionszeitpunkt und die Einzeltitelauswahl

entscheidend sein werden. Auch 2011 wird viel für Wachstumsaktien sprechen.

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Man kann auf innovative

westeuropäische Unternehmen setzen, auf international diversifizierte Blue

Chips oder auf die Emerging Markets."

Abschliessend die von Dexia Asset Management bevorzugten europäischen Aktien:

Innovative Unternehmen

  • Givaudan: Schweizer Parfümhersteller, attraktiver Nischenanbieter
  • UBM: international führender Medienkonzern mit starker Wettbewerbsposition
  • Danone: internationaler französischer Konzern mit wertvollen Marken
  • Fresenius: internationaler Healthcare-Konzern, aktiv am langfristig wachsenden Dialysemarkt
  • BG: ein Weltmarktführer für Erdgas

Internationale Unternehmen

  • BMW: Automobilhersteller im Premiumsegment mit grosser Familienbeteiligung
  • Vodafone: Mobilfunk- und Datenübertragungsanbieter, auch in den Emerging Markets aktiv
  • BBVA: Finanzkonzern mit guter Kapitalausstattung und starker Position in vielversprechenden Märkten
  • Novo Nordisk: der unbestrittene Marktführer für Insulintherapien

Dividendenwachstum

  • Philips: nach der Restrukturierung jetzt effizient und auf weiteres Wachstum vorbereitet
  • Royal Dutch Shell: enormer Cashflow, zum Nutzen der Aktionäre
  • GlaxoSmithKline: nur wenig auslaufende Patente, steigende Erträge der Aktionäre
  • Saint Gobain: starke Position in vielversprechenden und nachhaltigen Marktsegmenten, beispielsweise Isolierung
  • Infineon: ein Marktführer bei Speichermedien sowie im Energiemanagement und bei Mikrocontrollern
  • Orkla: stark diversifizierter norwegischer Konzern mit Markenartikeln in den Bereichen Konsumgüter, Chemie, Grundstoffe und Finanzen

(cl)

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