"Ungewohntes Anlageuniversum"

Alfonso Papa, CEO von ING Investment Management (Schweiz)
Alfonso Papa, CEO von ING Investment Management (Schweiz)

Fondstrends fragte Alfonso Papa, CEO von ING Investment Management (Schweiz), mit welchen langfristigen Trends vor allem Pensionskassen konfrontiert sind und welche Anlagen im gegenwärtigen Tiefzinsumfeld noch attraktive Renditen bieten.

15.07.2011, 16:23 Uhr

Redaktion: mak

Herr Papa, die "Jagd nach Rendite" ist das zentrale Thema bei ING Investment Management. Was ist der Hintergrund?
Alfonso Papa: Anleger und Asset Manager in entwickelten Volkswirtschaften haben über Jahrzehnte in einer Welt sinkender Zinssätze gelebt. Im aktuellen Umfeld äusserst niedriger Zinsen und gleichzeitig bescheidener Kursentwicklungen an den Aktien- und Anleihenmärkten, muss sich der Investor fragen, wo und wie genügend Rendite erwirtschaftet werden kann. Um zukünftige Verpflichtungen erfüllen zu können, müssen viele Anlagestrategien überdacht werden.

Wen betrifft das hauptsächlich?
Wir denken da nicht nur, aber besonders an Pensionskassen und andere institutionelle Anleger. Der Druck auf das Vorsorgesystem nimmt zu. Auf der einen Seite drückt der demographische Wandel in reifen Volkswirtschaften nicht unwesentlich auf das Wirtschaftswachstum. Zudem verändert die alternde Bevölkerung das Spar-, Konsum- und Investitionsverhalten nachhaltig. Auf der anderen Seite muss man sich vor Augen halten, dass die Staaten der industrialisierten Welt hoch verschuldet sind und sich über kurz oder lang auf einem rigorosen Sparkurs begeben müssen.

Was bedeutet das alles für den privaten Anleger?
Tritt der private Anleger in die "Ent-Sparphase" seines Lebenszyklus, ist er vermehrt auf einen stabilen Kapitalertrag angewiesen. Der demographische Wandel bedeutet für unsere Gesellschaft vor allem ein Fortschreiten des Alterungsprozesses. Dies führt üblicherweise zu einer Verschiebung der Gelder hin zu festverzinslichen Anlagen.

Gerade hier haben sich die Umstände aber massgeblich verändert.
Ja, das ist so: Die rekordtiefen Zinssätze, die hohe Verschuldung westlicher Staaten und die Verschiebungen der globalen Wirtschaftsmächte stellen die Investoren vor ein ungewohntes und unbekanntes Anlageuniversum.

Ungewohnt?
Ungewohnt deshalb, weil die Verhältnisse zwischen den beiden Welten "reife" und "aufstrebende" Regionen sich drastisch verändert haben: Anteile am globalen nominalen Bruttoinlandprodukt verschieben sich zu Gunsten der Schwellenländer und die Wachstumsdiskrepanz ist weiterhin auf historisch höchsten Niveaus. Zudem nimmt die Bonität der Emerging Markets absolut und relativ zur westlichen Welt weiter zu, sei es im öffentlichen wie privaten Bereich.

Was schliessen Sie daraus?
Viele Anleger sind mit Unternehmensanleihen und allenfalls High-Yield-Anleihen aus industrialisierten Regionen vertraut. Schwellenländer-Anleihen, also Emerging Markets Debt, sind dagegen ein ungewohntes und für viele Investoren unbekanntes Gebiet.

Wie kann der Anleger solche Anleihen in sein Portfolio holen?
Will man sich seriös in diesem Bereich engagieren, bleibt für die meisten Investoren nur der Weg über einen spezialisierten und erfahrenen Asset Manager. Aktiv verwaltete Anlagefonds drängen sich hier auf. Die Gründe für ein Engagement in Emerging Markets Debt sind kurz zusammengefasst: attraktive relative Renditen, Diversifikation, Wachstumsaussichten der Kapitalmärkte, verbesserte Bonität sowie die Untergewichtung in den Portfolios der meisten westlichen Anleger.

Wie sehen Sie die generelle Entwicklung an den Aktienmärkten?
Auch hier gilt es, zwischen wachstums- und ertragsträchtigen Märkten zu unterscheiden. Während die Aktienmärkte der Schwellenländer nach wie vor ein hohes Potenzial an Kapitalwachstum aufweisen, zeichnen sich entwickelte Märkte durch dividendenstarke Unternehmen aus. Das Dividendenwachstum hat aber bisher nicht mit der Erholung der Märkte nach dem Krisenjahr 2008 mithalten können. In den vergangenen vierzig Jahren war die Lücke zwischen Dividenden- und Gewinnwachstum noch nie so gross. Die hohen Barreserven – nach Schätzungen von Moody's Investors Service für US-amerikanische Unternehmen rund 1'000 Milliarden Dollar und für europäische Unternehmen 600 bis 700 Milliarden Euro – und die Nachfrage nach stabilem Einkommen sprechen für Dividendenstrategien.

Das heisst, einfach die Aktien mit den höchsten Dividendenzahlungen ins Portfolio nehmen?
Nein. Die Dividendenrendite ist ein wichtiger, aber nicht der einzige Indikator. Es geht nicht darum, Dividendenrenditen im Portfolio zu maximieren. Vielmehr sollte der Anleger nach Unternehmen suchen, die stabile Dividenden aus eigener Kraft bezahlen können. Wir sprechen also von Unternehmen, die stabile und ertragskräftige Geschäftsmodelle aufweisen. Allerdings: Kurzfristig orientierte Anleger könnten von Dividendenstrategien enttäuscht werden. Als Kernanlage bieten sie indes eine hervorragende Stabilität und Ertragskraft.

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