11.04.2025, 17:19 Uhr
«Es wird viel über den Niedergang des aktiven Investierens gesprochen, aber weit weniger über die Risiken und Defizite eines passiven Anlageansatzes. Die heutigen Märkte könnten den Weckruf liefern», schreibt...
«Die von der Trump-Administration verhängten Zölle haben die globale Wirtschaftslandschaft verunsichert. Das hat natürlich auch Folgen für die Kreditmärkte», schreibt Charudatta Shende, Head of Client Portfolio Management Fixed Income and Fixed Income Strategist bei Candriam.
Die Kreditmärkte haben in den letzten Wochen einen Wandel vollzogen, der in erster Linie auf den Anstieg der Staatsanleihenrenditen zurückzuführen ist. Insbesondere in der europäischen Kreditlandschaft gab es bemerkenswerte Entwicklungen, da die Zinssätze im Euroraum in die Höhe schnellten, was durch die erwarteten fiskalischen Anreize Deutschlands und die zunehmende Emission von Schuldtiteln begünstigt wurde. Durch diesen Anstieg hat sich der Carry auf europäische Kredite erhöht.
Die Ankündigung umfangreicher öffentlicher Ausgaben und die Unterstützung von Schlüsselsektoren haben die Erwartung eines grösseren Angebots an Staatsanleihen geweckt und die Renditen in die Höhe getrieben. Infolgedessen sind die Renditen von Unternehmensanleihen gestiegen und bieten den Anlegern attraktive Renditechancen. Bei einem Carry-Niveau von 3,4 Prozent für Euro-Investment-Grade-Anleihen (IG) und 5,5 Prozent für Euro-Hochzinsanleihen (HY) sind die Anleger laut Candriam zunehmend daran interessiert, sich diese Erträge zu sichern. Darüber hinaus stärke die Widerstandsfähigkeit der Kreditmärkte in dieser Phase der Renditeausweitung das Vertrauen der Anleger weiter. «Es bestehen jedoch nach wie vor Risiken, die sich aus der Volatilität der Märkte und der Unsicherheit auf den globalen Finanzmärkten ergeben», schreibt der Experte.
Trotz dieser Widerstandsfähigkeit der Kreditmärkte angesichts der höheren Renditen sei weiterhin Vorsicht geboten. Die derzeitige Stabilität sei grösstenteils auf günstige technische Marktbedingungen zurückzuführen, einschliesslich erheblicher Mittelzuflüsse im Bereich Investment-Grade und begrenzter Emissionen im High-Yield-Segment. Diese technischen Faktoren haben bei der Eindämmung der Spread-Volatilität eine entscheidende Rolle gespielt.
Diese Stabilität sei jedoch fragil. Ein Anstieg der Volatilität oder ein negativer Nachrichtenfluss könnte die Anleger veranlassen, sich aus den Kreditmärkten zurückzuziehen, was die Stabilität der Spreads in Frage stellen könnte. Ein weiterer wichtiger unterstützender Faktor war, dass die Fundamentaldaten der Unternehmen relativ stabil waren. Starke Bilanzen und niedrige Ausfallraten haben die Emittenten bis zu einem gewissen Grad vor makroökonomischen Schocks geschützt. Bislang haben die Kreditmärkte unter dem Strich positive Bewertungen erlebt, wobei eine zunehmende Anzahl von «Rising Stars» die Stärke der Emittenten widerspiegle. Mit der Entwicklung der wirtschaftlichen Bedingungen könnte diese Beständigkeit jedoch auf die Probe gestellt werden, insbesondere in Sektoren, die stärker von Konjunkturabschwüngen oder geopolitischen Risiken betroffen sind.
Die von der Trump-Administration verhängten Zölle haben die globale Wirtschaftslandschaft zusätzlich verunsichert. Sie haben direkte Auswirkungen auf die europäische und die globale Wirtschaft, insbesondere auf zyklische Sektoren wie den Einzelhandel und die Automobilindustrie. Abgesehen von den Wachstumsbedenken stellen die Zölle auch ein Inflationsrisiko dar, was sowohl die Federal Reserve (Fed) als auch die Europäische Zentralbank (EZB) dazu veranlasst hat, ihren politischen Kurs zu überdenken.
Die EZB hat vor kurzem eine weitere Zinssenkung vorgenommen, während sich die Fed dafür entschieden hat, die Geldpolitik beizubehalten. Bleibt die Inflation hartnäckig, könnten die Zinsen länger auf hohem Niveau bleiben, was die Ausfallrisiken für schwächere Kreditnehmer erhöhe und die Refinanzierungsprobleme für Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil verschärfen könnte. «In diesem Umfeld steigen die idiosynkratischen Risiken, insbesondere bei schwächeren Hochzinsanleihen und anfälligen Crossover-Anleihen.»
Ein vorsichtiger Investitionsansatz sei in einem solchen Umfeld unerlässlich. Schlüsselindikatoren wie Kapitalflüsse, die Rhetorik der Zentralbanken und zollbezogene Entwicklungen müssten genau beobachtet werden. Die Anleger sollten sich auf widerstandsfähige Sektoren und hochwertige Emittenten konzentrieren.
Innerhalb des Investment-Grade-Segments stellen Finanztitel für Candriam eine attraktive Gelegenheit dar, zumal sie von einer steileren Renditekurve profitieren dürften. «Wir bevorzugen nationale Champions – Institute mit starker Kapitalisierung, solider Eigenkapitalrendite und robusten Zinsdeckungsquoten. Im Bereich der nachrangigen Anleihen halten wir an einer langfristig positiven Einschätzung fest, wobei wir darauf achten, dass die Risikoprämien die damit verbundenen Risiken angemessen kompensieren. Darüber hinaus sind defensive Sektoren wie Versorger und Telekommunikation aufgrund ihrer stabilen Cashflows und starken Kreditprofile gut positioniert, um Marktschwankungen zu widerstehen. Umgekehrt erfordern konjunktursensitivere Branchen wie Industriewerte und zyklische Konsumgüter einen vorsichtigeren Ansatz», schreibt Shende.
Auf dem Markt für Hochzinsanleihen sei ebenfalls ein selektiver Ansatz von grösster Bedeutung. Die jüngste Ausweitung der Spreads bei US-Hybridanleihen habe zwar Chancen eröffnet, dennoch bleibe man zurückhaltend. Candriam bevorzugt Emittenten mit höherer Qualität und defensive Sektoren, wobei Branchen wie die Automobilindustrie und der Einzelhandel untergewichtet bleiben, da sie anfälliger für makroökonomischen Druck seien. Nicht konjunkturabhängige Branchen wie das Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter bieten laut dem Experten eine relative Stabilität innerhalb des High-Yield-Bereichs. Darüber hinaus hätten sich ausgewählte energiebezogene Kredite mit soliden Bilanzen und nachhaltigen Cashflows als widerstandsfähig erwiesen. Spekulativ eingestufte Emittenten mit schwachen Fundamentaldaten blieben jedoch gefährdet, insbesondere wenn sich die Refinanzierungsbedingungen verschlechtern.
Die jüngste Entwicklung der Kreditmärkte berge sowohl Chancen als auch Risiken. Während höhere Renditen das Carry-Potenzial erhöhen, erforderten makroökonomischer Gegenwind, anfällige technische Faktoren und branchenspezifische Schwachstellen ein vorsichtiges Vorgehen. Angesichts der Komplexität des derzeitigen Kreditumfelds sei ein aktives und selektives Management wichtiger denn je. Auf dem Markt scheine sich Selbstzufriedenheit breit zu machen, was die Notwendigkeit unterstreiche, zwischen widerstandsfähigen und anfälligen Segmenten zu unterscheiden.
Durch eine rigorose Risikobewertung und die Überwachung branchenspezifischer Dynamiken und Schlüsselindikatoren können Anleger mit grösserem Vertrauen und mehr Stabilität auf den Kreditmärkten navigieren. «Selektivität, aktives Management, Konzentration auf hochwertige Emittenten, Flexibilität des Portfolios und Reagieren auf Marktsignale werden es den Kreditinvestoren ermöglichen, potenzielle Herausforderungen zu meistern und gleichzeitig attraktive Anlagemöglichkeiten in diesem sich wandelnden Umfeld zu nutzen», so das Fazit.