23.12.2024, 08:37 Uhr
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Alle Assetklassen werden von der Corona-Pandemie negativ beeinflusst. Der Green-Bond-Markt hat sich jedoch seit Anfang März noch schlechter entwickelt als der breite Markt konventioneller Anleihen. Das hänge mit den Klumpenrisiken des Green-Bond-Marktes zusammen, meint Marcio da Costa von Bantleon. Er empfiehlt deshalb grüne Anleihen einem bereits diversifizierten Portfolio beizumischen.
Die Coronavirus-Pandemie hat über alle Assetklassen hinweg zu Verwerfungen geführt. Nicht nur die Risikoprämien für Unternehmensanleihen stiegen – gemessen am ICE BofA Euro Corporate Index – um circa 1,5%-Punkte auf 2,3%, auch die Renditen 10-jähriger deutscher Bundesanleihen bewegten sich in einer beachtlichen Spanne zwischen -0,15% und -0,85%. In Euro denominierte Green Bonds verloren – gemessen am Barclays MSCI Euro Green Bond Index – seit Jahresbeginn 1,3% im Kurs. "Legt man die gleiche Laufzeit und Sektorallokation zugrunde, haben sich Green Bonds nahezu identisch wie konventionelle Anleihen entwickelt. Beide Anleihenarten verhalten sich in Marktphasen hoher Volatilität also ähnlich. Verkürzt man den Betrachtungszeitraum auf den Beginn der ersten wirtschaftlich relevanten Corona-Massnahmen in Europa Anfang März, so hat sich der Green-Bond-Markt mit -4.5% jedoch um circa 1%-Punkt schlechter entwickelt als der breite Markt konventioneller Anleihen", erklärt Marcio da Costa, Portfolio Manager bei Bantleon.
Die schlechtere Wertentwicklung lasse sich durch die Klumpenrisiken des Green-Bond-Marktes bei der Laufzeit-, Länder- und Sektordiversifikation erklären: Der 60%-Unternehmensanleihen-Anteil führte zu einer starken Partizipation an den steigenden Risikoprämien, was sich negativ auswirkte. Zudem trug der hohe Anteil an Unternehmensanleihen aus dem Finanzsektor (etwa 30%) negativ dazu bei, weil sich Finanzanleihen im Segment Unternehmensanleihen mit am schlechtesten entwickelten. Wie da Costa weiter ausführt, wirkt sich die überdurchschnittlich hohe Modified Duration des Green-Bond-Marktes gerade im März, während der Phase stark steigender Renditen, negativ auf die Entwicklung aus. Die Modified Duration liege je nach Index bei 7% bis 9% und damit bis zu 3%-Punkte höher als bei marktbreiten EUR-Anleihenindizes. "Einzig die geringe Quote an Peripherie-Anleihen innerhalb des Green-Bond-Marktes war ein relativer Vorteil, was sich allerdings mit der bevorstehenden Emission der für das zweite Halbjahr 2020 geplanten grünen italienischen Staatsanleihe relativieren sollte", so da Costa.
Die deutlich erschwerte Handelbarkeit im Unternehmensanleihenmarkt wirke sich kaum negativ auf die Neuemissionstätigkeit im laufenden Jahr aus. Zwar kam die Neuemissionstätigkeit den gesamten März über quasi zum Erliegen, das Gesamtvolumen und die Zahl der emittierten Green Bonds lag aber im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 21 Mrd. Euro und 32 neu emittierten EUR-Anleihen auf einem vergleichbaren Niveau. Insgesamt 15 neue Emittenten haben den Green-Bond-Markt im laufenden Jahr betreten. Die trotz der Coronavirus-Krise vergleichbar hohe Emissionstätigkeit lässt sich laut da Costa in Teilen durch vereinzelte grossvolumige Anleihenemissionen erklären.
So begab der chilenische Staat eine EUR-denominierte Anleihe im Umfang von 1.5 Mrd. Euro und der im Besitz des französischen Staates befindliche Emittent Société du Gran Paris begab noch vor dem Ausbruch der Pandemie in Europa einen Green Bond im Volumen von 2.5 Mrd. Euro. Die Erlöse dieser grünen Anleihe fliessen in den weiteren Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes in der französischen Metropole du Gran Paris. Gemeinsam machen die Emissionen rund 20% des im Jahr 2020 emittierten Green-Bond-Volumens aus und sorgten damit, trotz der coronabedingten Emissionspause, für ein gleichhohes Emissionsvolumen.
Marcio da Costa rechnet im weiteren Verlauf des Jahres mit zusätzlichen grünen Staatsanleihenemissionen. Der italienische Staat plant, im zweiten Halbjahr die erste grüne italienische Staatsanleihe zu begeben. Auch Deutschland möchte im zweiten Halbjahr mit der Emission grüner Anleihen verschiedener Laufzeiten beginnen. Letzteres sei für den Green-Bond-Markt ein erheblicher Fortschritt: "Während grüne Neuemissionen bisher auf Basis konventioneller Anleihen gepreist wurden, stellen die grünen deutschen Staatsanleihen einen möglichen grünen risikolosen Referenzzins für die Preisfindung dar. Damit könnte die Preisfindung grüner Anleihen künftig unabhängig vom Renditeniveau konventioneller Anleihen stattfinden", betont da Costa.
Die starken Marktverwerfungen im ersten Quartal hätten gezeigt, dass ein hohes Mass an Diversifikation weiterhin unabdingbar sei. Um die Klumpenrisiken im Bereich der Laufzeit-, Sektor- und Länderdiversifikation zu dämpfen, könnten einerseits konventionelle Anleihen mit gutem ESG-Rating ergänzt werden. Andererseits liessen sich auch Green Bonds mit geringer Marktkapitalisierung – unabhängig von ihrem Indexgewicht – mit einem höheren Anteil im Portfolio allokieren. So könnten kleinere Emittenten, die im Index eine untergeordnete Rolle spielen, durch eine höhere Gewichtung die Klumpenrisiken grösserer Emittenten ausgleichen, sagt der Portfolio Manager.
Die Aussichten für Green Bonds seien indes positiv. Durch die umfangreichen Unterstützungsmassnahmen der Zentralbanken und Staaten hätten gerade Unternehmensanleihen hoher Bonität ein enormes Erholungspotenzial. "Der Green-Bond-Markt sollte hiervon durch die hohe Unternehmensanleihen-Quote profitieren. Zusätzlich bleibt das Renditeniveau durch die längerfristige Ausrichtung der EZB-Geldpolitik gut unterstützt. Investoren dürften auch im weiteren Jahresverlauf zunehmend auf Green Bonds setzen", meint da Costa.