23.11.2024, 12:00 Uhr
Matt Quinlan, Portfoliomanager bei der Franklin Equity Group, erläutert die entscheidende Rolle, die Dividenden bei der Steigerung der Gesamtrendite und bei der Verringerung der Gesamtvolatilität für Aktienanleger...
Biodiversität könnte das nächste grössere Thema für den Finanzsektor werden. Da gemäss den Experten der DWS das globale Wachstum des BIP durch mangelnde Massnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt gefährdet ist, kommt dabei vor allem Zentralbanken eine Schlüsselrolle zu.
65 Staatsoberhäupter zu einer Einigung zu bewegen, sei bemerkenswert. Und wenn es bei dieser Einigung um "sinnvolle Massnahmen" im Bereich der biologischen Vielfalt geht, ist das noch bemerkenswerter, kommentieren die Experten von DWS. Diese Woche veranstaltete die UNO einen virtuellen Biodiversitäts-Gipfel mit dem Ziel, eine neue Vereinbarung zu erreichen, wenn die UN-Konvention über biologische Vielfalt im Mai 2021 in China tagt.
Warme Worte zu diesem Thema gäbe es genug, aber vielleicht folgen diesmal echte Taten, zumal die Menschheit gemäss Konvention seit 1970 bereits 68% aller Säugetiere, Vögel, Fische und Reptilien ausgerottet habe. Dieser Verlust an biologischer Vielfalt werde durch den Klimawandel beschleunigt und verschärfe ihn noch, während die Zerstörung der Wälder und der Handel mit Wildtierarten Pandemien wie die jetzige wahrscheinlicher gemacht habe. Covid-19, Zika, Aids, Sars und Ebola stammen alle aus Tierpopulationen, deren natürliches Habitat durch menschliche Eingriffe stark gelitten habe.
Wie zuvor das Klima, könnte nun auch Biodiversität Bedeutung für Finanzinstitutionen erlangen: Das Versprechen der Staats- und Regierungschefs zielt darauf ab, die biologische Vielfalt in alle relevanten Politikbereiche und internationalen Vereinbarungen einzubeziehen. Dem Finanzsektor sollen national und international Anreize gegeben werden, den Wert der Natur und der biologischen Vielfalt zu berücksichtigen, Kapital zu mobilisieren und die Erhaltung, Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung der Natur bei Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen sowie beim Risikomanagement zu fördern.
Die DWS-Experten sind der Meinung, dass diese Ziele ohnehin Selbstläufer sein sollten, doch könnte es die Finanzindustrie zusätzlich motivieren, dass Biodiversität wachstumsfördernd wirken kann: Der WWF analysierte sechs "Ökosystemleistungen", die die Natur erbringt: Wasserversorgung für die Landwirtschaft, Holzversorgung, Meeresfischerei, Bestäubung von Nutzpflanzen, Schutz vor Überschwemmungen, Sturmfluten und Erosion sowie Kohlenstoffspeicherung.
Das aktuelle "Chart of the week" der DWS zeigt, dass das globale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) durch mangelnde Massnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt gefährdet ist. Bei "unverändertem Handeln" könnte es bis 2050 zu einem Rückgang des jährlichen BIP-Wachstums um 0,67% führen (das entspräche einem Rückgang von 10 Bio. Dollar). In einem "Globalen Erhaltungsszenario" könnte sich das BIP-Wachstum bis 2050 um 0,02% beschleunigen (Zuwachs von 11 Mrd. Dollar). Wobei diese Zahlen wahrscheinlich noch zu konservativ seien.
Wie wichtig Biodiversität für Regulierungsbehörden und Investoren ist, zeigen andere Zahlen: 69 Finanzregulatoren und Zentralbanken sind Mitglieder des "Network for Greening the Financial Sector" (NGFS). Die niederländische Zentralbank stellte fest, dass niederländische Institutionen 36% ihrer Portfolios in Unternehmen mit hoher oder sehr hoher Abhängigkeit von Ökosystemdienstleistungen investiert haben.
"Wir erwarten, dass diese Erkenntnis den Handlungsdruck erhöhen und noch mehr Zentralbanken dazu veranlassen wird, sich dem NGFS anzuschliessen", meint DWS. Aktuell befinden sich 39 Mitglieder des NGFS in Ländern mit hohem oder hohem mittlerem Einkommen, aber der WWF kommt zu dem Schluss, dass Länder mit niedrigem Einkommen am stärksten von BIP-Verlusten durch die Zerstörung der biologischen Vielfalt bedroht sind, aber auch am meisten davon profitieren können, wenn sie sich für den Naturschutz entscheiden. Ein Grossteil der Ressourcenausbeutung und der Zerstörung der biologischen Vielfalt gehe jedoch auf Länder mit höherem Einkommen, Unternehmen und Einzelpersonen zurück, die Produkte herstellen und kaufen.
"In den vergangenen fünf Jahren haben die Zentralbanken eine Schlüsselrolle bei der Verschärfung des Klimaschutzes gespielt. Diese Erfahrung muss für Zentralbanken, Aufsichtsbehörden, Finanzinstitutionen und die Realwirtschaft wiederholt und beschleunigt werden, wenn es um den Erhalt und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt geht", meint dazu Murray Birt, Senior ESG-Strategist der DWS.