04.10.2024, 15:09 Uhr
Während aktive ETFs in den USA weiterhin ein Riesenerfolg sind, ist ihr Anteil in Europa mit etwas mehr als 2% des gesamten ETF-Volumens von knapp zwei Billionen Euro noch überschaubar. Doch das Segment wächst...
Selbst wenn der Zinsgipfel erreicht scheint, dürften die Leitzinsen noch eine Weile auf hohem Niveau stagnieren. Anleiheinvestoren sollten sich deshalb auf Titel mittlerer Ratingklassen fokussieren, empfiehlt Investmentchef Laurent Gorgemans von Nordea Asset Management.
Nachdem die grossen Notenbanken lange Zeit die Beschlüsse der geldpolitischen Sitzungen im Voraus signalisiert haben, sind sie inzwischen in einen datengetriebenen Modus übergegangen. Selbst wenn der Zinsgipfel nah zu sein scheine, seien weitere Zinsschritte nach oben nicht völlig vom Tisch, sagt Laurent Gorgemans, Global Head of Investment Management von Nordea Asset Management (NAM). Lediglich Zinssenkungen seien vorerst ausgeschlossen.
Auch wenn der Inflationsdruck deutlich zurückgegangen ist, könnte sich der Weg zum 2-Prozent-Ziel der Notenbanken lang und holprig sein. Gorgemans erwartet daher nicht , dass die Zinsen bereits Anfang 2024 gesenkt werden.
Zudem hätten die Finanzmärkte in letzter Zeit begonnen, sich mit dem Gedanken längerfristig höherer Zinsen zu befassen. Das spiegle sich im Anstieg der langfristigen Renditen wider, die in den USA sogar ein 16-Jahreshoch erreicht haben.
«Natürlich werden die langfristigen Renditen nicht nur von den Aussichten der Zentralbanken bestimmt. Sowohl die Fed als auch die EZB bauen ihre Anleihebestände ab, während die Staatsdefizite hoch bleiben. Das bedeutet, dass private Anleger viel mehr Anleihen kaufen müssen als lange Zeit zuvor», erklärt Gorgemans.
Auch die Wachstumserwartungen haben die Anleiherenditen nach oben getrieben, zumal das Risiko einer Rezession in den USA inzwischen als weniger wahrscheinlich gilt als zuvor. Insbesondere in den USA könnten die Anleiherenditen für mehrere Jahre über 4 Prozent liegen, während eine Rückkehr zu den lange Zeit extrem niedrigen Renditen im Euroraum ebenfalls nicht in Sicht sei, sagt der Investmentchef von Nordea AM.
Die Gesamtinflation ist in fast allen westlichen Ländern deutlich zurückgegangen. Dies ist jedoch vor allem auf den Rückgang der Energiepreise und die Stabilisierung der Nahrungsmittelpreise zurückzuführen. Gleichzeitig ist der Rückgang der Kerninflation wesentlich moderater ausgefallen, in vielen Ländern bewegt auch sie sich immer noch deutlich über den Zielvorgaben der Zentralbanken.
Gorgemans rechnet mit einem weiteren Rückgang der Gesamtinflation. Ein Grund dafür sei die Energie. Es sei wenig wahrscheinlich, dass der Ölpreis in naher Zukunft die Inflation wesentlich befeuern werde. «Auch wenn es gewisse Angebotsbeschränkungen gibt, die einen Aufwärtsdruck auf den Ölpreis ausüben könnten, gehen wir davon aus, dass die schwachen globalen Wachstumsaussichten dies ausgleichen werden», so Gorgemans.
In Europa würden die vollen Gasspeicher und die langfristigen Wettervorhersagen, die einen milden Winter prognostizieren, für einen Seitwärtstrend der Energiepreise sorgen.
Auch die schwache globale Nachfrage dämpfe die Inflation. Zusammen mit den stabilen Energiepreisen führe das dazu, dass der Druck auf die Erzeugerpreise moderat bleibe.
Aufwärtsdruck auf die Inflation könnte vom US-Arbeitsmarkt kommen, der nur bescheidene Anzeichen einer Abkühlung zeigt. In vielen Ländern des Euroraums wurden zudem historisch hohe Lohnerhöhungen vereinbart. Weil Gorgemans jedoch mit einer anhaltenden Nachfrageschwäche rechnet, geht er davon aus, dass nur wenige Unternehmen die steigenden Lohnkosten in vollem Umfang weitergeben können, so dass der jüngste Anstieg der Gewinnspannen ins Gegenteil umkehre.
Die neuesten Einkaufsmanagerindizes deuten darauf hin, dass das Wachstum nun auch im europäischen Dienstleistungssektor an Schwung verliert. Das könnte den Weg hin zu geringeren Lohnsteigerungen und einer niedrigeren Inflation ebnen.
«Aufgrund des zentralisierten Lohnverhandlungssystems wird sich dieser Prozess jedoch nur langsam vollziehen und die EZB wird Geduld aufbringen müssen, um die Geldpolitik nicht zu sehr zu straffen, wenn es darum geht, die hartnäckig hohe Inflation zu bekämpfen», sagt Gorgemans.
Nach dem drastischen Ausverkauf im vergangenen Jahr und angesichts der Anzeichen auf eine vielerorts nachlassende Inflation sei davon auszugehen, dass sich die Zinsen in den kommenden Monaten auf einem Plateau einpendeln Auch die EZB stehe kurz vor dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus. Die Zinsen könnten jedoch noch eine Weile stagnieren.
«Das führt zu einer bittersüssen Situation an den Kreditmärkten: Unternehmensanleihen bieten Rekordrenditen in allen Ratingkategorien und können so die hohe Inflation etwas ausgleichen», betont Gorgemans, während die hohen Zinsen in den kommenden Quartalen eine Rezession in Europa auslösen könnten.
Vor diesem Hintergrund seien Anlagelösungen gefragt, die ein attraktives Renditeniveau von über 3 bis 4 Prozent bieten und gleichzeitig gut gerüstet sind, um eine mögliche Konjunkturabschwächung oder eine Verschlechterung der Kreditstimmung zu überstehen.
Genau das würden die mittleren Ratingklassen (BBB, BB, B) im Vergleich zum breiteren Kredituniversum offerieren. Da sich diese Anleihen an der Grenze zwischen den Investment-Grade- und High-Yield-Segmenten befinden, werde das Cross-Credit-Segment immer attraktiver. «Es bietet eine Mischung aus Durations- und Spread-Risiko und ermöglicht ein ausgewogenes Risikoprofil bei gleichzeitig attraktiven Renditen.»
Darüber hinaus handelt es sich um ein Anlagesegment, in dem die Streuung in jüngster Zeit enorm zugenommen hat – nicht zuletzt aufgrund der hohen Anzahl von Ratingänderungen in den letzten Jahren. Das mache einen aktiven Ansatz notwendig, betont Anlagechef Gorgemans.