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Die globale Wirtschaft steht vor einem Paradigmenwechsel

Janus-Stratege Bill Gross.
Janus-Stratege Bill Gross.

Die Phase des starken globalen Kreditwachstums zur Finanzierung der Wirtschaft geht – zumindest in der jetzigen Form – zu Ende. Gleichzeitig signalisieren die stark gefallenen Kurse von Bankaktien ein sich gravierend verschlechterndes Umfeld für den Finanzsektor. Zu dieser Einschätzung kommt Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege von Janus Capital.

04.04.2016, 15:04 Uhr

Redaktion: sif

Janus-Stratege Bill Gross rät bei Anleiheinvestments zu kurzen Laufzeiten und empfiehlt, von Bankaktien die Finger zu lassen. "Die Sparer werden misstrauisch, weil der Schuldenberg immer höher wird. Dazu haben die Finanzaufseher Hürden aufgebaut, um das ungezügelte Kreditwachstum einzudämmen", so Gross. "Unterm Strich stehen der Ertrag sicherer Anlagen, egal ob Staats- oder Bankanleihen, und die extrem niedrigen Risikoprämien von Aktien in einem unangemessen Verhältnis zum Anlagerisiko – sowohl historisch als auch mathematisch gesehen." In diesem Zusammenhang weist der Janus-Stratege darauf hin, dass die negativen Zinsen mittlerweile 40% des Bondmarktes in der Eurozone beherrschen und sich nunmehr einem Virus gleich nach Japan ausdehnen, was die Investoren vor ein Rätsel stellt. "Warum soll jemand Geld verleihen, wenn er doch von vornherein weiss, dass er irgendwann in der Zukunft weniger davon zurückbekommt?", bringt Gross das aktuelle Paradoxon für Sparer auf den Punkt. "Einen solchen Zustand hätten sich vor einigen Jahren selbst die klügsten Ökonomen nicht vorstellen können. Doch jetzt loten die Notenbanken immer neuere Tiefen aus und schauen, ob sie die Zinssätze um weitere 10, 20 oder 50 Basispunkte nach unten schleusen können."

Negative Auswirkungen der Negativzinsen
Negative Zinsen aber drohen Banken auf Dauer unprofitabel zu machen, weil die Zinskurven weltweit abflachen und die Nettozinsmargen der Geldhäuser dadurch immer schmaler werden. "Der starke Einbruch von Bankaktien mag mit einer Reihe von Faktoren zu erklären sein – etwa den verschärften regulativen Anforderungen und den drohenden Pleiten im Energie- und Rohstoffsektor, aber die zukünftigen Nettoerträge von Banken werden bezogen auf das Aktienkapital denen von Versorgeraktien ähneln", so der Janus-Stratege. "Entweder Bank- beziehungsweise Finanztitel schreien danach gekauft zu werden oder sie sind ein dauerhaftes Opfer von Abschreibungen, schärferer Regulierung und sinkenden Margen." Ähnlich kritisch sieht Gross andere Geschäftsmodelle im Finanzsektor, etwa wenn langfristige Verpflichtungen dadurch unterlegt sind, dass mit Risikoanlagen zukünftige Erträge von 7 bis 8% erwirtschaftet werden. Zu diesen Unternehmen zählt der Janus-Experte Lebensversicherungen ebenso wie Pensionsfonds. "Diese Modelle sind selbst ein Risiko", ist Gross überzeugt. "Nicht notwendigerweise wegen der Gefahr einer Pleite, sondern wegen der zukünftig niedrigeren Profitabilität." Aufgrund der negativen Zinsen könnten diese Unternehmen nicht ausreichend hohe Kapitalerträge erwirtschaften, um ihre Verpflichtungen abzudecken.

Helikoptergeld ist mehr schlecht als recht
"Und das ist nicht das Ende", warnt Gross. Wenn es mit den negativen Zinsen nicht gelänge, ein akzeptables nominelles Wachstum in Gang zu bringen, dürfte das Friedman-Bernanke-Konzept installiert werden, bei dem – in einem übertragenen Sinn – gezielt Geld aus einem Helikopter geworfen wird, um damit den Konsum zu stimulieren. "Ich habe keine Ahnung, wie das einigermassen praktikabel umgesetzt werden soll, aber die Idee wird immer häufiger von Experten und Meinungsmachern aufgegriffen", beobachtet der Anlagestratege. "Kann das oder eine andere Alternative eine Möglichkeit sein, um das System zu retten? Wir sollten es herausfinden. Aber die Erfahrungen der vergangenen sieben Jahre sprechen dafür, dass das Ergebnis mehr schlecht als recht ausfällt. Und irgendwann könnte dem System einfach die Energie ausgehen."

Vor diesem Hintergrund fallen die Investmentempfehlungen von Gross eindeutig aus: Anleger sollten nicht zu Hochzinspapieren oder zu Bankaktien wegen ihres niedrigen Kurs-Buchwertverhältnissen greifen. "Das sind vergiftete Äpfel, denn diese Investments erscheinen nur wegen der niedrigen beziehungsweise negativen Zinsen so verlockend", mahnt Gross. Zudem sollten sich die Investoren des Momentums bewusst sein, dass die Kurse von Bundesanleihen und US-Staatsanleihen durch die negativen Zinsen bekommen haben. "Ein Anstieg der Renditen um 10 Basispunkte an einem Tag reicht aus, um den Jahresertrag einer dreißigjährigen Staatsanleihe mit einem Kupon von 2,5 % aufzuzehren", beschreibt der Janus-Experte das Zinsänderungsrisiko. Er empfiehlt daher zwei Dinge strategisch zu tun, um die negativen Zinsen auszuhebeln: "Halten Sie die Laufzeiten bei ihren Anleiheinvestments kurz und leihen Sie sich zu den günstigen Konditionen in moderatem Umfang zusätzliche Mittel. Damit können Sie Ihren Kapitaleinsatz hebeln, so dass Sie Renditen beziehungsweise erwartete Erträge von fünf bis sechs Prozent erzielen können."

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