Corona-Krise: Hochzinsanleihen – riskant, aber möglicherweise sehr lohnend

Ein Investment in Hochzinsanleihen ist zwar riskant, könnte sich aber lohnen. (Bild: Shutterstock.com/Tashatuvango)
Ein Investment in Hochzinsanleihen ist zwar riskant, könnte sich aber lohnen. (Bild: Shutterstock.com/Tashatuvango)

Der März war für den globalen Hochzinsmarkt der zweitschlechteste Monat seit 22 Jahren. Doch ein grosser Teil der schlechten Nachrichten sei in die Spreads bereits eingepreist, meint James Tomlins von M&G Investments. Folglich denkt er, dass Hochzinsanleihen derzeit günstig bewertet erscheinen und möglicherweise sehr lohnend sind.

24.04.2020, 16:38 Uhr

Redaktion: rem

Der globale Markt für Hochzinsanleihen ist im März um 12,7% eingebrochen. Nach einem schwachen Februar ergibt sich für das erste Quartal somit eine Rendite von -13,7%. Um dies in einen Zusammenhang zu bringen: Dies war der zweitschlechteste Monat und das zweitschlechteste Quartal seit 1998. Lediglich im Oktober 2008 und im vierten Quartal 2008 gab der Markt noch stärker nach.

Kann es noch schlimmer werden?

"Ja, aber wahrscheinlich nicht viel schlimmer", meint James Tomlins, M&G Investment Manager. Langfristig haben sich die Spreads ausgeweitet (nach der Lehman-Pleite erreichten sie ihren Höhepunkt bei über 2000 Basispunkten – siehe Grafik unten). Aktuell bewegen sie sich bei knapp unter 1000 Basispunkten. "Ich habe keine Ahnung, wann dieser besondere Marktzyklus seine Talsohle erreicht hat. Vielleicht war es vor ein paar Tagen, vielleicht ist es in ein paar Monaten", sagt er. Folgendes gebe ihm jedoch Hoffnung und Zuversicht, dass es vielleicht nicht noch schlimmer werde:

  • "Die politischen Reaktionen, die wir gesehen haben, erfolgten zeitnah und waren sehr umfassend, sowohl in Bezug auf die Unterstützung der Märkte als auch in Bezug auf die direkte finanzielle Unterstützung von Unternehmen und Einzelpersonen. Nur zur Erinnerung: Das letzte Mal, als die Spreads über 2000 Basispunkte erreichten, war, bevor die USA im Jahr 2008 das Troubled Asset Relief Program verabschiedeten.
  • Diese Krise hat eine eindeutige Ursache und sollte daher auch ein eindeutiges Ende haben. Sobald die Infektionsraten deutlich zurückgehen und das Leben wieder den Anschein von Normalität erhält, wird sich die Welt weiterdrehen. Natürlich wird es langfristige wirtschaftliche Auswirkungen geben, aber diese werden nicht ewig andauern. Angesichts der politischen Massnahmen glaube ich nicht, dass wir es mit einer existenziellen Krise für die Hochzinsmärkte zu tun haben."

Wird es mehr Ausfälle geben?

Definitiv werde es mehr Ausfälle geben, sagt Tomlins. Vor der Krise lagen die globalen Ausfallraten von Hochzinsanleihen im niedrigen einstelligen Bereich. Es bestehe kein Zweifel, dass es mehr Unternehmen geben wird, die ihre Schulden umstrukturieren und in einigen Fällen ganz scheitern und in Konkurs gehen werden. Er macht dazu zwei Anmerkungen:

  • "In einigen Sektoren wird es zu viel mehr Ausfällen kommen als in anderen. Angesichts der jüngsten Schritte der OPEC und des anschliessenden Ölpreisverfalls werden die Ausfallraten im Energiesektor sicherlich deutlich steigen. So hat Whiting Petroleum, ein Emittent von Hochzinsanleihen, kürzlich Insolvenzschutz nach Chapter 11 beantragt. Die Anleihen des Unternehmens notierten bei 5% des Nennwertes, was für die Anleihegläubiger einen Verlust von rund 95% bedeutete. Es wird noch weitere Ausfälle geben, und der Markt hat bereits damit begonnen, dies einzupreisen (dies wird in der Grafik für US-Hochzinsanleihen aus dem Energiesektor deutlich: ein Verlust von fast 50% vom Höchststand bis zum Tiefstand). Andere Sektoren, die besonders anfällig erscheinen, sind das Transportwesen, der Non-Food-Einzelhandel, die Automobilindustrie, die Grundstoffindustrie und zyklische Konsumgüter. Andererseits werden Lebensmitteleinzelhändler, Verpackungsunternehmen, TMT, Pharma- und Gesundheitsunternehmen (alles grosse Bereiche des Hochzinsmarktes) entweder nur relativ begrenzte Auswirkungen auf ihr Geschäft oder sogar einen Aufschwung erleben.
  • Zahlungsausfälle bedeuten nicht immer dauerhafte Kapitalvernichtung. Ein Unternehmen kann kurzfristig mit seinen Schulden in Verzug geraten, aber wenn die Anleihegläubiger daraufhin Beteiligungskapital erhalten und das Unternehmen ansonsten auf lange Sicht rentabel ist, dann kann das Aussitzen einer Umstrukturierung in dieser Situation oft die optimale Strategie sein, um Verluste wieder auszugleichen. Jetzt ist die Zeit, in der Expertenwissen über notleidende Kredite wirklich zählt."

Die Zahlungsausfälle werden also steigen. Aber was ist hinsichtlich der Ausfallraten eingepreist?

Ein grosser Teil der schlechten Nachrichten sei in die Spreads bereits eingepreist, so Tomlins. Aus der nachstehenden Grafik geht hervor, dass der Markt aktuell kumulative 5-Jahres-Ausfallraten von etwas mehr als 50% eingepreist hat (unter der Annahme einer 40%igen Erholung). Für Investoren, die schwerpunktmässig auf vorrangig besicherte Schuldtitel (z. B. vorrangige Darlehen und variabel verzinsliche Anleihen) setzen, ist die implizite 5-Jahres-Ausfallrate mit knapp 70% (unter der Annahme einer 60%igen Erholung) noch pessimistischer. "Wie wir weiter unten sehen können, lag der Spitzenwert der 5-Jahres-Ausfallraten historisch gesehen bei 31%. Ich würde behaupten, dass der Markt bereits ein sehr extremes und schmerzhaftes Szenario für Zahlungsausfälle eingepreist hat. Natürlich werden Anleihegläubiger Verluste erleiden, aber es fällt mir schwer, Verluste in dieser Grössenordnung zu sehen. Folglich denke ich, dass Hochzinsanleihen derzeit günstig bewertet erscheinen", sagt der M&G Investment Manager.

Welche Chancen bestehen für Anleger?

"Auf kurze Sicht vermutlich keine. Der Markt ist nach wie vor sehr volatil und ziemlich illiquide. Kurzfristig kann es durchaus mehr Verluste als Gewinne geben", beurteilt er die Chancen für Anleger. Mittel- bis langfristig (z. B. über einen Zeithorizont von etwa zwei Jahren) könnten die potenziellen Renditen jedoch durchaus erfreulich sein. Falls die Vergangenheit als Richtschnur dienen kann, zeigt die untenstehende Grafik die nachfolgenden Zwei-Jahres-Renditen auf dem globalen Hochzinsmarkt nach einem vierteljährlichen Rückgang von 4% oder mehr. In den letzten 20 Jahren wurde stets eine positive Rendite erwirtschaftet. Bei den letzten sechs Rückgängen lagen die Renditen in den folgenden zwei Jahren sogar bei über 20%. Dies sei auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, meint Tomlins: "Wenn der Spread am Markt beispielsweise 1000 Basispunkte beträgt und er sich in den nächsten zwei Jahren auf etwa 400 Basispunkte normalisiert – ein Niveau, das mit der jüngeren Geschichte übereinstimmt –, würde dies bei einer Spread-Duration von vier Jahren einen potenziellen Kapitalgewinn von 24% bedeuten. Alles in allem geht die ganze Sache sicherlich nicht ohne Risiko, Volatilität und Zahlungsausfälle über die Bühne, ist aber möglicherweise ziemlich lohnend."

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