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Aktienbewertungen: Lässt sich schon eine Blase erkennen?

Laurence Taylor, Portfolio Specialist, Global Equity, bei T. Rowe Price.
Laurence Taylor, Portfolio Specialist, Global Equity, bei T. Rowe Price.

Ein anhaltender zyklischer Optimismus ohne echte zyklische Verbesserung hat das Potenzial, eine Blase an den Aktienmärkten zu schaffen, erklärt Laurence Taylor, Portfolio Specialist, Global Equity, bei T. Rowe Price.

22.02.2017, 08:41 Uhr

Redaktion: jog

Wahlversprechen und ihre Umsetzung nach der Wahl sind oft zwei Paar Stiefel eine Erfahrung, mit der sich der Aktienmarkt 2017 auseinandersetzen werden muss. Das ist auch in den USA der Fall, wo die Wahl Donald Trumps als US-Präsident weltweit zu Demonstrationen führte. Die US-amerikanischen Wähler haben dem Status quo den Rücken gekehrt und für Veränderung gestimmt, ob mit oder ohne klar definierten politischen Kurs.

In den Wochen nach dem Wahlsieg von Donald Trump hat der Aktienmarkt eine Veränderung der Fundamentaldaten schnell eingepreist dies jedoch vor allem im Hinblick auf mögliche positive, und weniger auf negative Entwicklungen. Optimismus war in den letzten Jahren eher dünn gesät. Die plötzliche Veränderung bedeutet aber, dass Anleger auf neue bewertungsbasierte Risiken achten sollten, da sich Fundamentaldaten für gewöhnlich langsamer ändern als die Marktmeinung.

Laurence Taylor von T. Rowe Price glaubt, dass Aspekte des Aufschwungs während der "Flitterwochen" Trumps auf erwarteten politischen Massnahmen basieren, deren Umsetzung schwieriger sein wird, als dies die Wahlversprechen glauben liessen, oder deren tatsächliche Wirkung geringer sein wird als erhofft. Angesichts der hohen Erwartungen müssen sich einige Titel auf ein raues Fahrtwasser gefasst machen. Zwar gab es Anfang 2017 eine Atempause beim Aufstieg des Themen- und Aktienkorbs Donald Trumps, ein anhaltender zyklischer Optimismus ohne echte zyklische Verbesserung hat jedoch das Potenzial, eine Blase an den Aktienmärkten zu schaffen. Die wichtigsten Fragen sind daher, ob Aktienbewertungen bereits eine Blase widerspiegeln und ob die breitere globale Wirtschaft eine bessere Realität schaffen kann, die den Erwartungen entsprechen wird.

Sicher ist, dass der Kampf zwischen Bullen und Bären hitziger wird, insbesondere im Hinblick auf Aktienbewertungen und dahingehend, ob sie Aufwärtspotenzial für Anleger bieten, oder doch nur Risiken.

Blase nach der "ewigen" Hausse?
Sehen wir jetzt also eine Blase bei den Aktienmarktbewertungen, da die zweitlängste Hausse der Geschichte eine weitere Adrenalinspritze erhalten hat? Zwar sind die Bewertungen nicht länger billig, der Experte von T. Rowe Price verweist jedoch darauf, dass sie die breiten Bewertungen keineswegs für überteuert halten. Tatsächlich liegen die globalen Bewertungen von Schwellenländern und Industrieländern in etwa auf dem Durchschnittsniveau der letzten 20 Jahre. Taylor verweist auch darauf, dass in diese Zeitspanne die Extremniveaus der Technologieblase von 1997 bis 2000 fallen (eine "echte" Blase, wenn man die Bewertungen von heute und damals vergleicht), welche den Durchschnitt nach oben verzerren.

Aktien und Bewertungen sind deutlich gestiegen, und insofern, als viele Märkte zu den zyklischen Höchstniveaus von 2007 notieren, könnte man dafürhalten, dass die Neubewertung fundiert ist. Wirtschaftliche Indikatoren haben sich von den Tiefstniveaus Anfang 2016 erholt und steigen seitdem dank einer überraschenden Aufwärtsbewegung der PMI-Komponenten für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor. So bewegen sich auch die Ertragsrevisionen weiterhin in die richtige Richtung. Dies war trotz des Pessimismus Anfang letzten Jahres unser Kernszenario und in vielerlei Hinsicht haben die Daten die Erwartungen von T. Rowe Price noch übertroffen. Während die Inflation nach oben tendiert, verbessert sich das wirtschaftliche Umfeld weiterhin, was für Aktienrenditen in der Regel ein gutes Zeichen darstellt. Die Herausforderung ist, dass wir seit nahezu zehn Jahren nicht mehr in "normalen Zeiten" leben.

Volatilität und ein unvermeidliches Nachgeben
Selbst wenn sich der wirtschaftliche Hintergrund durch langsame, aber stetige Besserung auszeichnet, wann ist der Punkt erreicht, an dem die Bewertungen zu weit gehen, insbesondere im Anschluss an die Rally nach der US-Wahl? Laurence Taylor erwartet zwar im Verlauf des Jahres 2017 Volatilität und ein unvermeidliches Nachgeben des Markts, jedoch ist es seines Erachtens noch zu früh, um nur auf Basis der vorherrschenden Bewertungen in Panik auszubrechen. Diese Aussicht basiert zum Teil auf Bewertungsdaten, die weiter gefasst sind als nur das Kurs-Gewinn-Verhältnis.

Es ist wichtig, die oben erwähnten Kurs-Gewinn-Verhältnisse sowohl vor dem historischen Hintergrund und als auch gegenüber realistischen Erwartungen zukünftiger Gewinne zu verstehen. Die relativ hohe Free-Cashflow-Rendite von Aktien unterstützt jedoch die Tatsache, dass Bewertungen immer noch relativ vernünftig sind, wenn nicht sogar günstig. Bilanzierungsbasierte Bewertungen bieten eine attraktivere Aussicht als nur gewinnbasierte Kennzahlen und sind auch durch ihre Implikation für zukünftige Kapitalrenditen an Aktionäre durch Dividenden und Aktienrückkäufe von Vorteil, die im Laufe der Zeit eine wichtige Einkommensquelle darstellen.

Jedem Bullenmarkt geht jedoch ein Bärenmarkt voraus, und man achtet hier darauf, dass auf dem freien Cashflow (FCF) beruhende Bewertungen nicht unattraktiv werden, falls Aktienpreise auf kurze Sicht schneller steigen als die FCF-Fundamentaldaten. Auch bleibt man bei T. Rowe Price im Hinblick auf eine Veränderung bei den Fundamentaldaten selbst wachsam, falls eine Kombination aus höheren Kreditaufnahmekosten, einem stabileren Zyklus von Unternehmensinvestitionen oder die Rückkehr der Lohninflation eventuelle Besserungen der Wirtschaftslage insgesamt zunichte macht. Es ist unvermeidlich, dass diese möglichen Veränderungen für bestimmte Titel riskant sein werden. Dies wird im nächsten Stadium des Zyklus gesteuert werden müssen. Anleger sollten somit berücksichtigen, dass die Preismacht für Unternehmen wichtig sein wird, um die Gewinnmargen zu behalten und die Unternehmensgewinne zu steigern, insbesondere bei einer zunehmenden Inflation.

Eine zusätzliche Dimension der Aktienbewertungsanalysen wäre, Durchschnittswerte ausser Acht zu lassen, die unter Umständen die Grenzen vieler verschiedener Umgebungen verwischen, und stattdessen Zeiträume genauer zu betrachten, die eher den aktuellen Ausblick widerspiegeln.

USA: Fiskalpolitische Anreize wahrscheinlich
Gegenwärtig sind die USA auf Basis des Kurs-Gewinn-Verhältnisses der teuerste Aktienmarkt der Schwellen- und Industrieländer. Da in beiden Kammern die Republikaner die Oberhand haben, sind fiskalpolitische Anreize durch Steuersenkungen wahrscheinlich, was das Wirtschaftswachstum etwas ankurbeln und die Inflation, die sich gegenwärtig im Bereich von 1% bis 1,5% bewegt, nach oben treiben dürfte. Doch selbst ohne Anreize tendiert die Inflation angesichts eines stärkeren Lohnwachstumszyklus und einer Erholung der Ölpreise gegenüber dem Vorjahr nach oben.

Die langfristige Entwicklung in den USA, dass eine moderate Inflation zwischen 1% und 4% traditionell mit höheren US-Aktienbewertungen assoziiert ist höher als in Zeiten, zu denen die Inflation entweder sehr hoch oder sehr niedrig war und auch höher als die heutige KGV-Kennzahl. Warum? Weil solche Zeiten im Allgemeinen mit einer guten wirtschaftlichen Performance assoziiert sind und Verbesserungen der Fundamentaldaten von Aktien und der Anlegerstimmung die Bewertungen stützen, solange die guten Zeiten anhalten zumindest auf kurze Sicht. Vielleicht wiederholt sich die Geschichte nicht, jedoch macht dieses Umfeld angesichts unserer Einstellung gegenüber globalen Aktien Sinn.

Der Schlüssel zum Erfolg in ausgereiften Hausse-Perioden liegt darin, der Versuchung zu widerstehen, zu früh zu pessimistisch zu sein, solange die Verbesserungsphase real ist und die Bewertungen nicht unrealistisch hoch sind. Die Experten von T. Rowe Price erkennen genug Verbesserung, um was positive Renditen während des Aktienzyklus betrifft weiterhin zuversichtlich zu sein, selbst vom gegenwärtigen Bewertungsstandpunkt aus.

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