19.11.2024, 11:51 Uhr
Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aus Deutschland hat gemäss Mitteilung Nordea Asset Management (NAM) mit einem Mandat in Höhe von 1,25 Milliarden Euro beauftragt. Dieses europäische...
Jeremy Anagnos, Portfoliomanager der Nordea Global Listed Infrastructure Strategie hält den Ausverkauf von Infrastrukturaktien seit dem Ausbruch des Coronavirus für überzogen. Abgesehen vom Transportsektor sind sie kaum von makroökonomischen Turbulenzen betroffen und weisen langfristiges Nachfrage- und Wachstumspotenzial auf, meint er im Interview.
Das Coronavirus stellt eine Bedrohung für die Märkte dar. Inwieweit wird Ihre Strategie durch derartige Ereignisse beeinflusst?
Jeremy Anagnos: Ohne Infrastrukturanlagen sind viele alltägliche Dinge undenkbar – zum Zähneputzen brauchen wir Wasser, für Licht brauchen wir Strom, zum Telefonieren brauchen wir ein Mobilfunknetz und zum Autofahren brauchen wir Strassen. Hinzu kommt, dass diese Anlagen eine lange Lebensdauer von, sagen wir, 30 bis 120 Jahren haben, in der Regel monopolistisch gehalten werden, häufig einer Regulierung unterliegen und sich die Erträge aus langfristigen Verträgen ergeben. Insgesamt sorgt dies für eine vergleichsweise wenig elastische Nachfrage. Makroökonomische Turbulenzen wirken sich in der Regel nicht nachhaltig auf das langfristige Cashflow-Profil von Infrastrukturanlagen aus.
Auf welche Branchen konzentrieren Sie sich bei der Auswahl der für die Strategie am besten geeigneten Portfoliopositionen?
Wir nehmen insbesondere jene Sektoren und Teilsegmente ins Visier, bei denen durch die Regulierung ein investitionsfreundliches Klima geschaffen wird und die sich durch stabile oder nach oben tendierende Fundamentaldaten sowie durch auf risikobereinigter Basis attraktive Bewertungen auszeichnen. Bei vielen der von uns aktuell favorisierten Anlagethemen handelt es sich um Fragen mit globaler Relevanz, zum Beispiel die Reduzierung von CO2-Emissionen, die Notwendigkeit von Investitionen in saubere Energie, das rasche Wachstum des weltweiten Datenverkehrs und die hohe Nachfrage nach Kommunikationsinfrastrukturen.
Beschränken Sie sich bei der Auswahl auf bestimmte Regionen oder Länder?
Die Sektorallokation hat sich auf lange Sicht als wichtige Triebfeder für die Wertentwicklung unserer Strategie erwiesen, trägt sie doch 20 Prozent zu der relativen Outperformance bei. Die Länderauswahl spielt hingegen eine weniger grosse Rolle, da nicht alle Länder die nötigen Voraussetzungen bieten, um das gewünschte Sektor-Exposure umsetzen zu können. Der Infrastrukturmarkt gliedert sich in vier Hauptsektoren (Transport, Versorgung, Kommunikation und Midstream) auf, die wiederum in eine Vielzahl an Teilsektoren unterteilt sind.
Was war in der letzten Zeit die grösste Veränderung in der Sektorallokation Ihres Fonds und welche Gründe gab es für diese Anpassung?
Im vergangenen Jahr haben wir unsere Allokation in Kommunikationsinfrastruktur und Versorger mit Ausrichtung auf erneuerbare Energien verstärkt. Im Zuge dessen ist auch unsere Gewichtung von US-Werten und Titeln aus einigen europäischen Ländern gestiegen. Das ehrgeizige globale Ziel der Klimaneutralität ab 2050 kann nur erreicht werden, wenn es der Welt gelingt, die Abhängigkeit von der kohlebasierten Stromerzeugung drastisch zu reduzieren. Versorger nehmen hierbei durch Investitionen in erneuerbare Energien, Akku-Speichertechnologie, intelligente Stromzähler, Übertragungsinfrastruktur und Mssnahmen zur Modernisierung des allgemeinen Stromnetzes eine Vorreiterrolle ein. Um diesen Investitionsbedarf zu decken, braucht es ein ganzes Jahrzehnt.
Kommunikationsunternehmen stellen die nötige Infrastruktur wie Strommasten, Glasfasernetze und Rechenzentren bereit und schaffen so die Voraussetzungen für rasches Wachstum bei der Übertragung, Verarbeitung und Speicherung von Daten. Die grössten Akteure im Bereich der Kommunikationsinfrastruktur finden sich in den USA. Wir investieren aber auch in Unternehmen aus Europa oder Asien.
Welchen Ländern oder Regionen sprechen Sie derzeit hohes Potenzial zu?
Bei Infrastrukturanlagen ist langfristiges Denken gefragt. Grund hierfür ist zum einen die lange Lebensdauer der Vermögenswerte. Ausserdem braucht die Infrastrukturentwicklung viele Jahre, und der Horizont für die Beurteilung der Wachstumsfaktoren beträgt nicht Monate, sondern eher Jahre. Wir sind zuversichtlich, dass unsere aktuellen Portfoliopositionen langfristiges Potenzial haben.
Planen Sie, dieses Jahr das Exposure in bestimmten Ländern oder Sektoren zu verringern?
Die Faktoren, die langfristig die Performance von Infrastrukturanlagen bestimmen, werden kaum von makroökonomischen Entwicklungen beeinflusst. Themen wie das Problem veralteter Infrastrukturen, die weltweite Reduzierung von Treibhausgasen und der zunehmende Datenverkehr sind und bleiben indes aktuell. Aus diesem Grund sind auch unsere Prognosen für in diesen Bereichen engagierte Unternehmen unverändert.
Einige Branchen reagieren sensibler auf kurzfristige Nachfragetrends als andere. Dies betrifft vor allem den Transport- und den Midstream-Sektor. Auf Ebene der Teilsektoren weisen Titel von Flughafenbetreibern und aus dem Personenzugverkehr unserer Ansicht nach die höchste Anfälligkeit auf. Midstream-Anlagen sind zwar nicht immun gegen makroökonomische Trends. Dank der langfristigen Verträge sind die Auswirkungen auf unsere Positionen meist jedoch nur stimmungsbedingt.
Wir haben unser Engagement in einigen der anfälligeren Sektoren reduziert. Grundsätzlich halten wir den im Februar zu konstatierenden Ausverkauf von Core-Infrastrukturanlagen mit langer Duration für überzogen, weisen diese Titel doch langfristiges Nachfrage- und Wachstumspotenzial auf. Vor dem Hintergrund rückläufiger Anleiherenditen liegt die Bewertung von Infrastrukturtiteln im Vergleich zu Anleihen aus dem Baa-Ratingsegment derzeit auf dem niedrigsten Niveau der letzten zehn Jahre. Dank der Grundmerkmale von Infrastrukturanlagen sind die Voraussetzungen für eine Outperformance bei anhaltender Verschlechterung der Konjunkturlage in den kommenden Monaten gut.